Krankenversicherung

Wie würde die Bürgerversicherung der SPD funktionieren?

Berlin - 08.12.2017, 15:52 Uhr

(Foto: Zerbor / fotolia)

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Auswirkungen auf die Versorgung

Wer trotz Bürgerversicherung privat versichert bleibt, müsste dann also womöglich mit explodierenden Beiträgen rechnen. Wie diesen Menschen geholfen werden kann, ist auch im SPD-Konzept unklar. Spannend wäre, was aus den mehr als 230 Milliarden Euro an Altersrückstellungen wird, die die PKV angesammelt hat. Hier käme es wohl auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts an, ob die zur Bürgerversicherung Wechselnden ihren Anteil mitnehmen könnten.

Wie würde sich die Bürgerversicherung in der Versorgung auswirken? Die SPD verspricht ein „Ende der Zwei-Klassen-Medizin“, denn mit höheren Arzthonoraren für Privatversicherte will sie Schluss machen. Das soll auch dem Ärztemangel dort entgegenwirken, wo es wenig Wohlhabende und Privatversicherte gibt. Ärztepräsident Montgomery hält entgegen: „Käme die Bürgerversicherung, gäbe es sofort einen riesigen Markt für zusätzliche Gesundheitsleistungen und zusätzliche Versicherungen.“ Das wäre erst recht Zwei-Klassen-Medizin. Vor allem fürchten die Ärzte, dass ihr Honorar sinkt. Doch würde es wohl nicht zuletzt anders verteilt. Aus dem Topf der gesetzlichen Kassen könnten die Ärzte auch mehr bekommen, wenn sie sich weniger über die Privatversicherten quersubventionieren können.

Der Kieler Gesundheitsökonom Thomas Drabinski rechnet wegen der geänderten Ausgabenstruktur mit einem Anstieg der Beiträge bei den gesetzlichen Kassen um rund 1,5 Prozent durch die Bürgerversicherung. Experten der Krankenkassen meinen aber: Für die heute gesetzlich Versicherten würde sich an den Beiträgen zunächst wenig ändern. Lauterbach rechnet mit niedrigeren Beiträgen – der ständige Kostenanstieg im Gesundheitswesen würde durch die vielen Gutverdiener, die neu in der Bürgerversicherung wären, erst einmal ausgeglichen. Geschultert werden sollen die Beiträge – anders als heute – zu gleichen Teilen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

Wie sich eine Bürgerversicherung im Detail auswirken würde, liegt an der Ausgestaltung. Würden entgegen den Erwartungen der SPD zum Beispiel nur Privatversicherte wechseln, die besonders viel zahlen müssen, könnte es für die gesetzlichen Kassen teurer werden. Eine Bürgerversicherung würde über kurz oder lang aber die Sonderstellung Deutschlands in der EU beenden. Für die anderen Gesundheitssysteme gelten einheitliche Finanzierungsregeln.



dpa-AFX / DAZ.online
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4 Kommentare

50 bis 70 Prozent Beihilfeleistung?

von Sporile am 29.12.2017 um 6:23 Uhr

Das ist faktisch falsch. Beamte sind zu 30 bis 50 Prozent privat versichert. Die restlichen Kosten werden über ein Beihilfesystem abgerechnet, dass sich an den Leistungen für normal versicherte Bürger orientiert. Das bedeutet, dass Beamte wie alle anderen auch NICHT alle Kosten erstattet bekommen. Beitrag ist nur mal so zur Sachlichkeit. Ich freue mich schon auf eine faire Bürgerversicherung,da so Bund, Land und Kommunen dann wie normale Arbeitgeber einen Arbeitnehmeranteil tragen werden. Aber dass dabei 60 Milliarden gespart werden ist einfach nur dumm zu glauben, es sei denn man geht davon aus, dass Beamte ihre Beiträge zu 100 Prozent selber tragen. Und das wäre keine faire Bürgerversicherung für alle und spaltet die Gesellschaft genau wie bisher...

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60 Milliarden gespart?

von Andreas Grünebaum am 09.12.2017 um 15:46 Uhr

"Laut Bertelsmann-Stiftung aber würden Bund und Länder bis 2030 mit einem Großteil der Beamten in der gesetzlichen Versicherung rund 60 Milliarden Euro sparen. Im Gespräch ist ein bundesweiter Arbeitgeberzuschuss statt Beihilfe."

Wenn man hinschaut erkennt man, dass nicht 60 Milliarden "gespart", sondern einfach nur umverteilt würden. Ganz im Sinne der Gerechtigkeitsfanatiker der Wahlverliererpartei SPD.

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SSRI ausverkauft!!! Brauchen`Thekers gerade selber!

von Thorsten Dunckel am 09.12.2017 um 9:59 Uhr

60 Mrd Einsparungen!!! Und uns will man den Hals `rumdrehen wegen 1Mrd. Nicht zu fassen.
Wenn die Bürgerversicherung kommt reicht konsequenterweise auch eine Bürgerkrankenversicherung!
Noch einmal Milliarden bei den Verwaltungskosten eingespart.
Die Mehrwertsteuer auf europäisches Mass bei RX, noch einmal Milliarden eingespart.
Ich entnehme den Leaks des nicht vorliegenden Gutachtens zwei Werte. 1,1 Mrd zu viel bei Packungslogistik und 3 Mrd zu wenig für das Gesamtsystem wie es heute immer noch gut funktioniert.
Das ist doch ein Wert mit dem unsere Standesschweiger arbeiten können. 3Mrd fordern und sich in der Mitte treffen. Damit wären, nicht alle, aber doch eine Reihe der "Schmidt´schen Buden" gerettet.
MAN IHR BERLINER STANDESPAPPNASEN!!! KOMMT RUNTER VON EUREM WOLKENKUCKUKSHEIM UND ARBEITET!!! Sonst könnt Ihr aus Eurem Standestempel auch gleich ein Jugendhotel machen!!!

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ich bin mir sicher...

von Karl Friedrich Müller am 09.12.2017 um 9:46 Uhr

das Politiker aus einer vielleicht gut gemeinten Bürgerversicherung ein Konstrukt machen, dass nicht funktioniert,
wenn denn dann alle Konzerninteressen und Lobbyistenwünsche erfüllt sind.
Auf der Streck bleibt, wie immer, der Bürger, dem wahrscheinlich schlicht die Gesundheitsversorgung geraubt wird.

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