Arzneimittelkommission

Unerwünschte Wirkungen melden – so geht’s

Stuttgart - 05.12.2017, 15:40 Uhr

Apotheker melden auch Qualitätsmängel. (Foto: Kenishirotie / stock.adobe.com)                                  

Apotheker melden auch Qualitätsmängel. (Foto: Kenishirotie / stock.adobe.com)                                  


Viele Arzneimittelrisiken fördern Zulassungsstudien nicht zutage, sondern treten erst auf, wenn die Präparate bereits auf dem Markt sind. Das wichtigste Instrument diese aufzudecken, sind Spontanberichte zu Verdachtsfällen unerwünschter Arzneimittelwirkungen (UAW), die unter anderem von Apothekern kommen. Die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker erklärt in ihren aktuellen Mitteilungen noch einmal, wie es in der Praxis funktioniert, eine unerwünschte Wirkung zu melden.  

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW) können unterschiedlichste Ursachen haben. So können Überdosierungen, Fehlgebrauch, Missbrauch oder Off-label-Use dahinterstecken. Sie können durch Medikationsfehler und somit unbeabsichtigt oder durch Interaktion, berufliche Exposition, Minderwirkung, Qualitätsmängel und Fälschungen bedingt sein. Viele der potenziellen Risiken kristallisieren sich erst im Laufe der Zeit heraus. Zum Zeitpunkt der Zulassungen kennt man sie nicht. Um solche Risiken aufzudecken und hieraus Maßnahmen zum Schutz der Patienten abzuleiten, gibt es Meldesysteme. Informationen aus Berichten von Apothekern seien wichtig und ergänzten diejenigen anderer Heilberufe und auch der Patienten, heißt es seitens der Arzneimittelkommission (AMK), bei der ebenfalls Verdachtsfälle zu UAW gemeldet werden können. Doch wüssten Sie, wie man das macht?

Auch Bekanntes melden

Grundsätzlich sollten Apotheker der AMK alles melden, was sie für relevant erachten – auch wenn die jeweilige Nebenwirkung bereits bekannt ist. Denn tritt eine solche Nebenwirkung gehäuft auf, beeinflusst das unter anderem das Nutzen/Risiko-Verhältnis des Arzneimittels. Dasselbe gilt für UAW, die unerwartet schwer verlaufen. Die AMK weist in diesem Zusammenhang auch darauf hin, dass bei der Meldung einer UAW weder die Kausalität nachgewiesen sein muss noch eine Erklärung notwendig ist, denn bei vielen Beobachtungen seien die zugrundeliegenden Mechanismen nicht bekannt. 

Um das Verfahren zu erleichtern, gibt es für Apotheken zwei verschiedene Meldeformulare, die die AMK bereitstellt. Diese unterstützen den meldenden Apotheker, damit am Ende alle notwendigen Informationen vorhanden sind.

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Welche Angaben müssen sein?

Lediglich vier Angaben sind notwendig, damit eine Meldung gültig und somit verwertbar ist.

Nämlich:

1. ein identifizierbarer Patient,
2. ein identifizierbarer Melder,
3. ein verdächtigtes Arzneimittel,
4. eine vermutete UAW.

Weitere Angaben sind vorteilhaft, aber nicht obligatorisch. Vor allem Angaben, die dafür sprechen, dass das verdächtigte Arzneimittel tatsächlich der Auslöser der UAW sein könnte, sind hilfreich. 

Auch noch hilfreich

Zum Beispiel, ob zwischen der Arzneimittelanwendung und der beobachteten UAW ein zeitlicher Zusammenhang besteht (Challenge), ob sich die UAW nach dem Absetzen des Arzneimittels besserte (Dechallenge) und ob die UAW gegebenenfalls nach dem Wiederansetzen erneut auftrat (Rechallenge). Da Grunderkrankungen sowie eine Begleit- und Dauermedikation (zum Beispiel durch Interaktion), Symptome oder Anzeichen von UAW hervorrufen können, rät die AMK, auch hierzu Angaben zu machen.

Zudem sollten die Apotheker sich die Telefonnummer oder die Anschrift des Patienten notieren, falls im Nachhinein noch Fragen auftauchen. 

8891 Spontanberichte im Jahr 2016

Auch das Weiterleiten des Berichtes an die Bundesoberbehörden BfArM und PEI erübrigt sich für den Meldenden, wenn die UAW an die AMK gemeldet wird. Die AMK ergreift alle notwendigen Maßnahmen. Sie steht zudem unterstützend zur Seite und bedankt sich in diesem Zusammenhang auch bei den Apothekern für ihren Einsatz. 8891 Spontanberichte zu Qualitätsmängeln und unerwünschten Wirkungen gingen im Jahr 2016 bei der Arzneimittelkommission der deutschen Apotheker ein. Betrachtet man die Zahlen seit 1993, ist das der bisherige Höchststand. Der Großteil der Meldungen betrifft Qualitätsmängel (6251), gefolgt von unerwünschten Wirkungen.

Neben Pharmaunternehmen, Apothekern und Ärzten sind auch Patienten angehalten, UAW zu melden. Erst vor Kurzem forderten die europäischen Arzneimittelbehörden in einer gemeinsamen Kampagne diese dazu auf, verstärkt Verdachtsfälle von Nebenwirkungen anzuzeigen. Dabei soll der Fokus auf unerwünschten Wirkungen durch rezeptfreie Arzneimitteln liegen.



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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