DAZ.online-Wahlcheck (Teil 4)

Was sagen die Parteien zu den pharmazeutischen Dienstleistungen?

Berlin - 21.09.2017, 07:00 Uhr

Mehr Kompetenzen für Apotheker? Was sagen die Parteien dazu? (Foto: goodluz / stock.adobe.com)

Mehr Kompetenzen für Apotheker? Was sagen die Parteien dazu? (Foto: goodluz / stock.adobe.com)


Seit Jahren haben die Apotheker eine weitere politische Baustelle: Wie in vielen anderen europäischen Ländern sollen auch Pharmazeuten hierzulande pharmazeutische Dienstleistungen vergütet erbringen dürfen. Noch gibt es dafür aber keine gesetzlichen Grundlagen. Ändert sich das bald? Teil 4 des DAZ.online-Wahlchecks zur Bundestagswahl.

CDU/CSU:

Präventionsangebote, elektronischer Medikationsplan, Medikationsmanagement, Blutdruckmessen, Impfberatung - die Liste der Leistungen, die Apotheker in anderen europäischen Ländern vergütet anbieten dürfen, ist lang. Hierzulande gibt es diese Dienstleistungen maximal in Pilotprojekten, oftmals ohne Vergütung für die Pharmazeuten. Nach Wunsch der ABDA soll sich das ändern. Die Standesvertretung fordert eine stärkere Einbindung der Apotheker in den Medikationsplan, ein umfassendes Medikationsmanagement von Ärzten und Apothekern sowie Präventionsleistungen in der Apotheke.

Aber wie kommen diese Forderungen in der Politik an? Hat die ABDA die Chance, einen Teil ihrer Forderungen in der nächsten Legislaturperiode umzusetzen? Die Befragung der Parteien zeigt: Die Politik steht dieser Entwicklung sehr offen gegenüber.

CDU und CSU wollen im Interesse der Patientinnen und Patienten ein noch stärker aufeinander abgestimmtes und auf sie persönlich zugeschnittenes Versorgungssystem entwickeln. Durch eine bessere Vernetzung aller an der Versorgung Beteiligten werden wir dafür sorgen, dass aus vielen guten medizinischen und pflegerischen Einzelleistungen stets auch eine gute Mannschaftsleistung wird. Gerade die Versorgung älterer, chronisch- und mehrfach kranker Patienten, schwer erkrankter Kinder und psychisch Kranker erfordert dies. In diesem Zusammenhang werden wir auch überprüfen, ob die Kompetenz der Apotheker für das Medikationsmanagement noch besser genutzt werden kann. Das Ziel, die Sicherheit der Patienten zu erhöhen, die mehrere Arzneimittel einnehmen, können wir nur erreichen, wenn ein vollständiger Medikationsplan vorliegt.

Der Anspruch auf einen Medikationsplan in Papierform ist natürlich nur der erste Schritt in Richtung auf eine verbesserte Versorgungsqualität durch ein umfassendes Medikationsmanagement. Dazu gehört zunächst eine Bestandsaufnahme über alle Medikamente, die Patientinnen und Patienten auf Dauer einnehmen, einschließlich der Selbstmedikation. Auf dieser Grundlage muss die Arzneimitteltherapiesicherheit überprüft werden. Selbstverständlich muss dies in Zukunft elektronisch im Rahmen der Telematikinfrastruktur und unter Beteiligung von Arzt und Apotheker geschehen.

Eine der wichtigsten Zukunftsaufgaben in der Gesundheitsversorgung wird darin bestehen, die flächendeckende Versorgung überall in Deutschland sicherzustellen, auch dort, wo viele Menschen weggezogen sind und eine öffentliche Infrastruktur nur noch schwer aufrechterhalten werden kann. In solchen dünnbesiedelten Regionen werden wir alle Möglichkeiten nutzen müssen, um die Menschen vernünftig versorgen zu können. Das betrifft nicht nur die Gesundheitsversorgung, sondern auch andere Bereiche. In diesem Zusammenhang werden auch traditionelle Rollen- und Aufgabenzuschreibungen infrage gestellt werden müssen. Viel wichtiger wird es sein, die Kompetenzen, die noch vor Ort verfügbar sind, im Interesse der Menschen zu nutzen. Dabei kann es dann durchaus sein, dass Ärzte und Apotheken über neue Formen der Zusammenarbeit nachdenken. Vielleicht können Apotheken Arzneimittel bei der Folgeversorgung bekannter Patienten ohne ärztliche Verordnung herausgeben, und vielleicht können Ärzte im Notdienst oder bei Hausbesuchen die wichtigsten Arzneimittel dabeihaben und an die Patientinnen und Patienten abgeben, so dass sie nicht auch noch zur nächsten Notdienstapotheke müssen. Hier sollten die Bedürfnisse der Menschen im Vordergrund stehen.

Die Linken und die Grünen

Nach Ansicht der LINKEN ist der Medikationsplan in der Apotheke am besten aufgehoben. Denn nur die (Haus-)Apotheke weiß über die gesamte Medikation der Patientinnen und Patienten inkl. Selbstmedikation Bescheid. DIE LINKE begrüßt neue pharmazeutische Aufgaben für Apotheken. Je nach Aufwand muss dann auch über neue Vergütungsmodelle nachgedacht werden.

Diese Forderung der Apotheker ist berechtigt. Es war ein großer Fehler der großen Koalition, dass das E-Health-Gesetz so auf Ärzte zugeschnitten wurde. Aus unserer Sicht müssen auch andere Gesundheitsberufe stärker in die Digitalisierung involviert werden. Konkret müssen Apothekerinnen und Apotheker zügig in die Erstellung und Pflege des Medikationsplanes einbezogen werden. Auch das elektronische Rezept ist überfällig. Bei den pharmazeutischen Leistungen setzen wir uns für eine Stärkung vor allem der Beratungsleistungen ein.

FDP und AfD

Für uns Freie Demokraten muss die Arzneimittelauswahl beim Arzt liegen. Es ist aber gut, wenn der Apotheker einen Überblick darüber hat, welche Medikamente der Patient bekommt. Das gilt besonders mit Blick auf die OTC-Arzneimittel des Versicherten, von denen der Arzt oft nichts weiß. Im Sinne der Patientinnen und Patienten sollten Arzt und Apotheker so gut wie möglich zusammenarbeiten. Einem erweiterten Dienstleistungsangebot in Apotheken auf freiwilliger Basis stehen wir positiv gegenüber.

Die AfD hat auf mehrere Nachfragen der Deutschen Apotheker Zeitung nicht geantwortet.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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