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Neuartige Nanotransporter
Jenaer Pharmazeuten entwickeln Navigationssystem für Arzneimittel
Wie gelingt es, Arzneistoffe punktgenau einzusetzen und dadurch Dosis und Nebenwirkungen reduzieren zu können? Diese Fragen will eine Forschergruppe aus Jena in den kommenden vier Jahren beantworten und entwickelt dafür neuartige Nanotransporter, die Wirkstoffe direkt zum Einsatzort bringen sollen. Auch Pharmazeuten sind an dem Forschungsprojekt beteiligt, das mit rund zehn Millionen Euro gefördert wird.
Eine Forschergruppe aus Jena hat es sich zur Aufgabe gemacht, Wirksamkeit und Verträglichkeit von Arzneistoffen mithilfe von neuartigen Nanotransportern zu verbessern. Dafür erhalten die Wissenschaftler unter der Leitung von Professor Ulrich Schubert rund zehn Millionen Euro Fördergelder von der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Ziel des Projektes ist die Erstellung maßgeschneiderter Nanopartikel, mit denen systemische Nebenwirkungen von Arzneistoffen gesenkt werden können und die Wirkung der Arzneimittel verbessert wird.
Dahinter steht die Idee des sogenannten Drug Targetings, einem Forschungsgebiet, das bereits seit den 1970er-Jahren existiert und das den zielgerichteten Einsatz von Wirkstoffen am Einsatzort untersucht. Die Forschergruppe aus Jena entwickelt diesen Ansatz nun weiter und erstellt dank modernster Formulierungsmethoden eine großangelegte Datenbank für Nanopartikel. Diese sogenannten Partikelbibliotheken, in denen Tausende unterschiedliche Strukturen archiviert werden, sollen helfen, für jeden Wirkstoff die geeigneten Nanopartikel zu finden.
Der Schwerpunkt des Forschungsprojektes aus Jena liegt im Bereich der Infektionskrankheiten und multiresistenter Keime. „Wir wollen die Selektivität für Wirkstoffe erhöhen und damit Dosis und Nebenwirkung reduzieren“, so Schubert gegenüber DAZ.online. Perspektivisch sei dieser Ansatz aber nicht nur für Reserve-Antibiotika oder Zytostatika vorstellbar, sondern auch für gängige Wirkstoffe. Selbst für Stoffe wie Ibuprofen könnte dann die Dosis bei gleichbleibender Wirksamkeit reduziert werden.
Neue Erkenntnisse über die Wirkweise von Arzneimitteln
In mehreren Phasen sollen in den kommenden vier Jahren Transportmechanismen erforscht und neue Nanosysteme entwickelt werden. „Wir wollen fundamentale Erkenntnisse über die Wirkweise gewinnen“, sagte Schubert. Neu ist beim Ansatz der Jenaer Gruppe der Einsatz von Synthese- und Formulierungsrobotern, die die Struktureigenschaften der Nanopartikel systematisch variieren, um optimale Transportpartikel zu erzeugen. „Ziel ist es, durch strukturelle Modifikation ein Optimum an Aufnahme und ein Minimum an Toxizität zu erreichen“, so Prof. Schubert.
An der Forschungsgruppe sind auch Wissenschaftler des pharmazeutischen Instituts der Uni Jena beteiligt. Und das bedeutet nach Aussage von Schubert eine „enorme Stärkung“ der Pharmazeuten in Jena. Und dies habe auch politische Strahlkraft. Denn es zeige, dass Pharmazeuten nicht nur für die Arbeit in der Apotheke dringend gebraucht würden, sondern auch in der Spitzenforschung eine wichtige Rolle spielten.
Bis die ersten nanobasierten Arzneimittel aus Jena in der Apotheke verkauft werden, wird es allerdings noch etwas dauern. Das Projekt beschränkt sich zunächst auf Grundlagenforschung. Und doch können die Forscher um Prof. Schubert bereits erste Erfolge vorweisen. Ein Transportmechanismus, der bei einer seltenen Krankheit zum Einsatz kommt, wurde isoliert und wird nun in einer Firma weiterentwickelt.
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