AMVSG

Barmer droht Zyto-Apotheken mit Last-Minute-Retax

Berlin - 19.04.2017, 17:15 Uhr

Die Zyto-Verträge zwischen Krankenkassen und Apotheken werden in Kürze nicht mehr exklusiv sein. (Foto: VZA)

Die Zyto-Verträge zwischen Krankenkassen und Apotheken werden in Kürze nicht mehr exklusiv sein. (Foto: VZA)


Klare Ansage an die Krankenkassen

Nun dürfte Annette Widmann-Mauz (CDU), Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium, für einen Dämpfer bei den Kassen gesorgt haben. Anlass für ihre Ausführungen zu den AMVSG-Regelungen zur Versorgung mit Zytostatika gab ihr ein Schreiben des Bundestagsabgeordneten Tino Sorge (CDU), der zu diesen Bestimmungen noch Nachfragen hatte. In ihrer Antwort erklärt Widmann-Mauz ausdrücklich, dass der Wegfall der Exklusivität ab Inkrafttreten des AMVSG gilt. Dies habe „zur Folge, dass die Apothekenwahlfreiheit der Versicherten, die bereits in § 31 Absatz 1 Satz 5 SGB V vorgegeben ist und die ggf. in enger Abstimmung mit der behandelnden Onkologin oder dem behandelnden Onkologen wahrgenommen wird, bei der Versorgung mit Zytostatika gewährleistet bleibt“. Ärzte könnten also weiterhin im Sinne einer guten Versorgung der betroffenen Patienten mit Apotheken kooperieren. Sodann stellt auch Widmann-Mauz nochmals fest, dass die laufenden Verträge drei Monate nach Inkrafttreten des AMVSG unwirksam werden. 

Weiter schreibt die Staatssekretärin: „Das freie Apothekenwahlrecht der Versicherten und der Wegfall der Versorgungsexklusivität einzelner Vertragsapotheken gilt auch für solche Verträge, die in Kenntnis der bereits im Gesetzentwurf vorgesehenen Streichung von § 129 Absatz 5 Satz 3 SGB V kurzfristig noch vor Inkrafttreten des AMVSG geschlossen wurden und wegen der o. g. Regelung zur Unwirksamkeit nur für eine kurze Übergangszeit gelten sollen. Insoweit ist auch keine Umgehung der kommenden gesetzlichen Regelungen durch kurzfristige Vertragsabschlüsse realisierbar“.

Ersatzkassen drohen mit Nullretax

Das ist eine klare Ansage. Doch die Barmer zeigt sich hiervon unbeeindruckt: Die Verträge für die drei Ersatzkassen seien vor Inkrafttreten der Änderungen durch das AMVSG rechtswirksam geschlossen worden und könnten somit innerhalb der Zeitspanne der gesetzlich geregelten Übergangsfrist umgesetzt werden – und zwar exklusiv, erklärte sie auf Nachfrage gegenüber DAZ.online. Die Kasse verweist dazu auf die bereits erwähnte zunächst im AMVSG vorgesehene Änderung des § 31 Abs. 1 SGB V, wonach das Apothekenwahlrecht der Versicherten auch in der Zytostatikaversorgung Anwendung finden sollte. Darauf habe der Gesetzgeber verzichtet. Es gelte daher weiterhin die höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 25.11.2015, Az. B 3 KR 16/15 R), nach der der Vergütungsanspruch eines Apothekers für Zytostatikazubereitungen bei Exklusivliefervertrag der Krankenkasse mit einer anderen Apotheke entfällt. Hierbei habe das Bundessozialgericht auch das oben Apothekenwahlrecht gemäß § 31 Abs. 1 SGB V entsprechend gewürdigt. Das heißt im Klartext: Apotheken, die ab Inkrafttreten der Barmer/TK/KKH-Verträge zum 1. Mai 2017 in exklusiv vergebenen Losgebieten ohne exklusiven Versorgungsvertrag onkologische Zubereitungen beliefern, müssen damit rechnen, dass ihre abgerechneten Rezepte im Wege der Vollabsetzung beanstandet werden. Jedenfalls so lange die Verträge innerhalb der Übergangsfrist bestandskräftig sind. 

AOK Plus: Jede Zyto-Apotheke darf versorgen

Die AOK Plus antwortete auf Nachfrage, wie sie nun weiter mit ihren Verträgen umgehe, dass sie die Auswirkungen der Regelungen des AMVSG derzeit noch prüfe. Die Ergebnisse dieser Prüfung stünden noch aus, sagte eine Sprecherin. Ebenso wenig konnte sie sagen, wie viele Apotheken schon jetzt an den Open-House-Verträgen beteiligt sind. Die Sprecherin betonte jedoch, die AOK Plus habe „schon ausweislich ihrer Open-House-Ausschreibung akzeptiert, dass keine Exklusivität besteht”. Insofern habe schon bislang und auch künftig jede Zyto-Apotheke Versicherte der AOK Plus versorgen können.  



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


Diesen Artikel teilen:


Das könnte Sie auch interessieren

Zyto-Versorgung nach dem AMVSG

Stroppe: Kein Raum für Retaxationen

Aufsicht will Kassen auch nach Inkrafttreten des AMVSG gewähren lassen

Zyto-Verträge bleiben Zankapfel

Aufhebung der Zyto-Ausschreibungen

CDU-Politiker warnt Kassen vor Zyto-Retax

Aufrufe des BMG verhallen – maßgeblich ist die Auslegung des Gesetzeswortlauts

Zyto-Verträge: Gericht bestätigt Kassen

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.