Bionorica

Hoher Marktanteil in Cannabistherapie angestrebt

Düsseldorf - 03.03.2017, 16:45 Uhr

Guter Dinge: Prof. Dr. Michael A. Popp, Vorstandsvorsitzender der Bionorica SE. (Foto: Unternehmen)

Guter Dinge: Prof. Dr. Michael A. Popp, Vorstandsvorsitzender der Bionorica SE. (Foto: Unternehmen)


Das neue Cannabis-Gesetz spielt Bionorica, dem Oberpfälzer Hersteller pflanzlicher Arzneimittel, in die Hände. Mit seinen Produkten Dronabinol und Cannabisextrakt will das Unternehmen in Deutschland die Marktführerschaft in diesem Segment übernehmen. Ernsthafte Wettbewerber sieht das Management hierzulande nicht. 

Jahrelang hatte Bionorica mit Dronabinol, einem Mittel der Cannaboid-Therapie, keinen Gewinn gemacht. Das könnte sich nun ändern, wie die beiden Vorstände Michael Popp und Uwe Baumann am Freitag auf der Jahrespressekonferenz des Unternehmens in Düsseldorf deutlich machten. Denn mit Verabschiedung und Einführung des sogenannten Cannabis-Gesetzes verfügt das Familienunternehmen aus Neumarkt in der Oberpfalz mit Dronabinol und Cannabisextrakt über zwei Produkte, die eine Erstattungszusage haben und künftig von Ärzten zur Behandlung schwerkranker Schmerzpatienten verschrieben werden können.

Wie viele Patienten das sein werden, gleicht nach den Worten Baumanns allerdings einem „Blick in die Glaskugel“. Laut Schätzungen würden derzeit rund solcher 820.000 Patienten in Deutschland nicht ausreichend therapiert. Bionorica gehe davon aus, dass letztlich etwa 40.000 Patienten Cannabis-Produkte verschrieben bekommen könnten. „Davon wollen wir mit unseren Produkten 50 bis 60 Prozent abdecken“, so Baumann und verweist darauf, dass Dronabinol in vielen Anwendungsbeieten die höchste Evidenz unter den Cannabis-Wirkstoffen gezeigt habe.

Das ist allerdings eine konservative Kalkulation, wie Vorstandschef Popp zu bedenken gibt. Denn ernsthafte Wettbewerber macht das Bionorica-Management hierzulande nicht aus. Hinzu komme, dass nach seiner Erkenntnis die Ärzte den betroffenen Schwerstkranken in vielen Fällen eben diese  beiden Bionorica-Produkte verschreiben dürften. Und schließlich dürften die Krankenkassen nur noch in begründeten Einzelfällen eine Therapie mit Cannabis-Mitteln ablehnen. 

Ein Joint im Krankenbett?

Ein Joint Eine große Unbekannte ist für das Bionorica-Management jedoch, in welchem Umfang künftig Cannabisblüten verschrieben werden, für die es ebenfalls eine Erstattungszusage gibt. Popp und Baumann lehnen deren Einsatz vehement ab: „Es ist grotesk, wenn – überspitzt gesagt – künftig ein Krebspatient auf der Krankenstation einen vom Arzt verschriebenen Joint raucht“, so Popp. Zum einen sei die Qualität der Blüten nicht mit der eines pharmazeutischen Präparates vergleichbar. So gebe es beispielsweise nicht GMP-geprüfte Cannabisblüten aus Kanada. Dass solche Produkte nun wie ein Arzneimittel behandelt werden, hält Popp für einen „Skandal“.

Zum anderen könnten die Blüten nur schlecht dosiert werden, die Konzentration und Wirkung seien schwankend. Beim Rauchen oder Inhalieren sei die Wirkung anfangs meist hoch, lasse dann aber rasch wieder nach, so Baumann. Bionorica habe sich daher bewusst dagegen entschieden, Cannabisblüten in das Sortiment aufzunehmen.

Das neue Gesetz zur Erstattung der Cannabis-Produkte durch die Krankenkassen könnte dem Unternehmen auch im internationalen Geschäft mit diesen Präparaten zu Wachstum verhelfen. „Deutschland und Österreich sind der erste Schritt“, so Popp. „Wir sehen aber in vielen anderen Ländern Interesse an diesen Produkten.“ Konkrete Angaben zu künftigen Umsätzen machte das Management angesichts der schwer einzuschätzenden Kalkulationsgrundlage nicht.

Umsatz rauf, Gewinn runter

Klar ist hingegen, dass das seit mittlerweile mehr als 80 Jahren bestehende Unternehmen, welches unter anderem pflanzliche Arzneimittel für Atemwegserkrankungen und Frauengesundheit entwickelt und produziert, seinen Umsatz im vergangenen Jahr um 2,8 Prozent auf knapp 254 Millionen Euro gesteigert hat. 100 Millionen Euro davon erwirtschaftete das Unternehmen in Deutschland, weitere 69 Millionen Euro in Russland. Insgesamt beliefert Bionorica Kunden in über 50 Ländern. Trotz wirtschaftlich schwieriger Rahmenbedingungen und währungsbedingter Einbußen gelang es dem Unternehmen, die Position in Ländern wie Russland, Polen und der Ukraine auszubauen. Allerdings, so Popp, habe man dafür Einbußen beim Umsatz und Deckungsbeiträgen in Kauf genommen.

Diese Entwicklung wie auch erhebliche Investitionen in Forschung und Entwicklung schlugen sich letztlich auch im Ergebnis nieder: Der Gewinn ist im vergangenen Jahr gegenüber 2015 um rund ein Drittel zurückgegangen. 



Thorsten Schüller, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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