14 Monate auf Bewährung

Seniorin verstarb nach tragischem Fehler eines Apothekers

Stuttgart - 29.09.2016, 10:35 Uhr

Laut Amtsgericht Minden verstarb die Patientin, weil ein Apotheker ihr versehentlich das falsche Arzneimittel abgab.  (Foto: Alfonso de Tomás / Fotolia; Montage: jh / DAZ)

Laut Amtsgericht Minden verstarb die Patientin, weil ein Apotheker ihr versehentlich das falsche Arzneimittel abgab.  (Foto: Alfonso de Tomás / Fotolia; Montage: jh / DAZ)


Hohe Strafe für den Apotheker

„Ich möchte mich noch einmal entschuldigen“, sagte der Apotheker am Tag der Urteilsverkündung laut „Westfalen-Blatt“. „Es ist schwer nachvollziehbar, wie so etwas passieren konnte.“ Doch auch „einschneidende berufliche Konsequenzen“, die der Apotheker zu erwarten habe, und fehlende Vorstrafen ließen die Richter nicht umstimmen.

„Zu seinen Lasten musste die Schwere des von ihm begangenen Fehlers als besonders gravierend in Bezug auf die Pflichten bei seiner Berufsausübung bedacht werden“, erklärten die Richter. Sie hielten eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten für angemessen aber auch ausreichend, „um in geeigneter Weise auf den Angeklagten einzuwirken, ihm das Unrecht seiner Tat vor Augen zu führen und ihn künftig zu einer straffreien Lebensweise anzuhalten“, wie sie im Urteil schrieben. Darüber hinaus muss der Apotheker eine Geldstrafe von 6500 Euro an den Kinderhospizdienst in Minden-Lübbecke zahlen.

Der Apotheker hat Rechtsmittel eingelegt

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Der Apotheker hat zwischenzeitlich Rechtsmittel eingelegt, wollte Anfang August gegenüber DAZ.online ansonsten aber keine Stellung nehmen. „Es verwundert, dass die Staatsanwaltschaft etwas fordert, und das Gericht geht weit über die Forderungen hinaus“, erklärte sein Anwalt damals auf Nachfrage.

Wenn ein rechtskräftiges Urteil vorliegt, werden sich sowohl die zuständige Bezirksregierung als auch die Apothekerkammer Westfalen-Lippe mit dem Verfahren beschäftigen. Die Bezirksregierung prüft, welche berufsrechtlichen Folgen der Irrtum und das Urteil für den Apotheker haben werden. Im schlimmsten Fall droht ihm der Entzug der Approbation durch die Bezirksregierung. Falls diese nicht erfolgt, könnte ihm das Berufsgericht beispielsweise einen Verweis erteilen.

Kaum vorstellbar ist, dass das Berufsgericht als schärfstmögliche Konsequenz die Berufsunwürdigkeit des Apothekers feststellt, welche wiederum die Aberkennung der Approbation zur Folge hätte. In den vergangenen fünf Jahren habe es keinen ähnlichen Fall im Kammerbezirk gegeben, erklärte der Sprecher der Kammer gegenüber DAZ.online.



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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4 Kommentare

Rabattverträge

von Matthias am 29.09.2016 um 20:29 Uhr

" „da es in der Vergangenheit bereits häufiger zur Verschreibung von Generika gekommen war“. Sie hätten darauf vertrauen dürfen, dass das richtige Arzneimittel abgegeben wird. "
Mit anderen Worten: würde es die Rabattverträge nicht geben wäre der Patientin/Familie mit hoher Wahrscheinlichkeit aufgefallen, dass das falsche Medikament geliefert worden sei. Somit trägt nicht nur der Kollege eine Mitschuld an dem Tod der Patientin (und solche Fehler können jedem passieren), sondern auch die Krankenkassen mit ihren Rabattverträgen. Aber wie viele Menschen aufgrund der Rabattverträge krank werden, im Krankenhaus behandelt werden müssen oder gar sterben interessiert scheinbar sowieso nicht...

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Pech

von Frank ebert am 29.09.2016 um 15:43 Uhr

Das Gegenteil von gut ist gutgemeint.

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Apothekerhorror

von Peter Bauer am 29.09.2016 um 12:10 Uhr

Das ist für mich und wahrscheinlich für die meisten Kollegen der absolut schlimmste Vorstellung ,was dem Kollegen da passiert ist.Wie schnell wird man besondes im normalen Apothekenalltag abgelenkt,durch z.B.Kunden ,die ununterbrochen auf einen einreden oder Fragen stellen.
Und schon ist es passiert:man hat danebengegriffen.Und dann der absolute Albtraum einer dadurch verursachten Todesfolge.Meine Güte da hat das berufliche Schicksal aber den ganzvollen Eimer voll S...... über ihm ausgeschüttet.
Selbstverständlich ist das für die Angehörigen äusserst bedauerlich und schmerzhaft und deren Reaktionen sind mehr als verständlich .Was ich aber überhaupt nicht verstehen kann ist den Richter mit seinen anscheinend ganz schlauen Sprüchen in der Begründung.Es stellt sich aus dem Bericht so dar ,als meine der Richter der Kollege hätte vorsätzlich gehandelt.Stellt sich so aber aus dem Geschehensverlauf nicht so dar .Werden Richter aufgrund von Fehlurteilen,bei denen unter Umständen Unschuldige für viele Lebensjahre wegsperrt werden auch zur Rechenschaft gezogen und dann Ihres Amtes enthoben????Wieviel Menschen wurden eigentlich nach Fehlurteilen schon in den Tod getrieben-gibt es da Statistiken?Der Richter sollte doch mal von seinem hohen Roß steigen.Berufsunwürdig und Approbationsverlust wäre der absolute Hohn für etwas das jedem von uns passieren kann.Wir sind keine Roboter ,sondern Menschen ,und die sind nach wie vor fehlbar.

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AW: ja, aber..

von Dr. Stephan Hahn am 06.10.2016 um 9:06 Uhr

Schon richtig, wir sind alle nur Menschen und daher machen wir Fehler. Leider haben diese hier zu einem Todesfall geführt und man muss sich fragen, ob der Kollege, den ich aufrichtig bedauere ob seines Unglückes, jemals unbefangen weiterarbeiten kann. Ich hätte da so meine Schwierigkeiten. Denn die Verantwortung für unsere Fehler müssen wir tragen. Dafür haben wir eine Approbation von Staats wegen. Daran müssen wir uns auch messen lassen. Wer diese Verantwortung nicht tragen mag, sollte einen anderen Beruf ergreifen.

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