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Freude: ARMINS Herz schlägt. Frust: Apothekers Alltag live. Freude: Schmidts Interview über Apothekers Können. Frust: Friedenspflicht bei Retax nur bis Ende September – und dann? Auch diese Woche zeigte: Die Apotheke ist kein Ponyhof, wir sind nicht bei Wünsch-dir-Was und der Apothekerberuf könnte so schön sein. Trotz allem: Ohne Apotheker geht’s nicht – und das ist gut so. Ach, mein liebes Tagebuch, wie schön ist das denn?
10. August 2015
Man mag es eigentlich nicht mehr lesen: Friedenspflicht bei der XY-Krankenkasse, wieder hat sich eine YZ-Krankenkasse der Friedenspflicht angeschlossen usw. – wenn der Vorname und die Telefonnummer des Arztes fehlen, wird nicht retaxiert. Und das Schärfste: Die Friedenspflichten, denen sich die Krankenkassen so großzügig anschließen, sind nur bis Ende September befristet. Hach, wie schräg ist das denn, mein liebes Tagebuch! Mal ehrlich, viel lieber würden wir lesen, was dann in der ersten Oktoberwoche passiert, wenn irgendein schrulliger Doktor vergessen hat, seinen Vornamen aufs Rezept zu schreiben. Es wird Zeit, dass endgültig klare, verbindliche und vor allem unbürokratische Regeln zwischen Krankenkassen-Spitzenverband und Apothekenverband ausgehandelt werden: Retaxationen bei banalen Formfehlern sollten längst der Vergangenheit angehören.
Europäische Überwachungsbehörden haben wieder Mängel bei indischen und chinesischen Wirkstoffherstellern festgestellt. Sicher nicht zum letzten Mal. Arzneimittelwirkstoffe aus Indien und China – mein liebes Tagebuch, wie fühlt sich das an, nur mal so vom Bauchgefühl her? Mal Hand aufs Herz: Würden wir lieber eine Tablette schlucken, deren Wirkstoff aus einem deutschen Produktionsbetrieb kommt oder eine, deren Wirkstoff in einem Fermenter in Xiang Dian Xing oder in einem anderen chinesischen Dorfbetrieb auskristallisiert ist? Irgendwie fehlt das Vertrauen angesichts der sich häufenden Meldungen über Missstände in diesen Betrieben. Schon klar, nicht bei denjenigen, die die Produktion in Auftrag geben und den Wirkstoff dort einkaufen: ist ja schön billig, billig und daher genau richtig für Rabattarzneimittel. Und die Zukunftsaussichten: Werden wir mit diesem Restrisiko leben müssen vor dem Hintergrund der Kassenlage der Kassen?
Wenn der Deutsche Apothekerverband jetzt mit zwei weiteren Privatkassen einen Vertrag über die Direktabrechnung von Privatrezepten geschlossen hat, dann ist das löblich. Manchen Privatpatienten fällt es schwer, in der Apotheke ihre teuren Arzneimittelrechnungen zu begleichen, mehrere tausend Euro vorzustrecken und ihr Bankkonto ins Minus zu setzen. Solche Vereinbarungen ermöglichen es Apotheken, diese Privatrezepte direkt mit den beteiligten Privatkassen abzurechnen. Mein liebes Tagebuch, da Arzneimittel immer teurer werden, müsste es eigentlich generell mit allen Privatkassen solche Vereinbarungen geben.
11. August 2015
Mein liebes Tagebuch, der war gut: der Bericht eines Kollegen über den kleinen normalen Wahnsinn eines Apothekenalltags. Am Schluss fragt er: Sind wir die Deppen der Nation? Was ihn zu dieser Frage treibt, sind vor allem die nervige und schwierige Kommunikation mit Ärzten, die glauben, Apotheker als Underdog behandeln zu müssen, es sind überzogene bürokratische Vorschriften und die Retaxmisere wegen Formfehlern. Ein bisschen viel weniger Bürokratie, keine wilden Retaxationen mehr und eine Kommunikation mit Ärzten auf Augenhöhe – und der Apothekerberuf könnte so schön sein...
12. August 2015
Ja, mein liebes Tagebuch, was hat sich der Bundesgerichtshof (BGH) wohl dabei gedacht, als er im Zusammenhang mit dem Verblistern im Frühjahr urteilte: Aus Fertigarzneimitteln entnommene Teilmengen, soweit deren Darreichungsform, Zusammensetzung und Stärke unverändert bleiben, sind von der Preisbindung ausgenommen. Das bedeutet doch im Klartext, dass eine Apotheke oder ein Verblisterer mit Pharmaherstellern eigene, sprich niedrigere Preise für die beim Verblistern eingesetzten Arzneimittel aushandeln kann. Eine Apotheke kann demnach Teilmengen von Arzneimitteln abgeben, ohne an die Arzneimittelpreisverordnung gebunden zu sein. Hmm, mein liebes Tagebuch, und „das Schönste“ an diesem Urteil: Die Richter des BGH glauben nicht, dass es hier eine ernst zu nehmende Missbrauchsgefahr gebe, also dass Blister hergestellt würden mit dem Ziel, Preisvorschriften zu umgehen. Wer’s glaubt wird selig, gell?
13. August 2015
Ein bisschen Zeit ist noch: In vier Jahren wird die EU-Fälschungsrichtlinie greifen. Dann müssen verschreibungspflichtige Arzneimittel besondere Sicherheitsmerkmale tragen, die eine Fälschung verhindern sollen. Die Europäische Kommission hat den lang erwarteten Entwurf zur Konkretisierung der Fälschungsrichtlinie veröffentlicht, der voraussichtlich im September beschlossen wird, im ersten Quartal 2016 in Kraft tritt und Anfang 2019 angewendet werden muss. Mein liebes Tagebuch, keine Panik, Deutschland dürfte mit seinem Projekt Securpharm, das die Technik zur Verifizierung von Arzneimitteln über den 2D-Matrix-Code bereits übt, auf dem richtigen Weg sein. Vielleicht gibt es in vier Jahren auch in den letzten Winkeln Deutschlands ein schnelles Internet – denn ohne wird das Überprüfen des gescannten Sicherheitscodes nicht zügig laufen.
14. August 2015
Wieder ein Schrittchen weiter, Freude über Freude, mein liebes Tagebuch: „Das Herz von ARMIN schlägt“ – freute sich auch der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung, Dr. Klaus Heckemann. Wie? Wir dachten eigentlich, der junge ARMIN springt schon munter durch die Gegend. Na ja, nicht ganz, denn: Der zentrale Server, über den Ärzte und Apotheker miteinander Informationen zum Medikationsplan austauschen (ARMINS Herz), ist erst jetzt zertifiziert in Betrieb gegangen. Mit der Zertifizierung ist sichergestellt, dass Datenschutz und Datensicherheit gewährleistet sind. Ärzte und Apotheker können über diesen Server die Medikationspläne der Patienten, die beim ARMIN-Projekt eingeschrieben sind, einsehen und aktualisieren. Dazu muss man wissen: Ein zentraler Server, auf den Ärzte und Apotheker zugreifen können ... – was so einfach und locker dahergesagt ist, bedeutet eine enorme technische Anstrengung von Seiten der Ärzte- und Apothekerverbände. Eingebunden werden müssen die vielen unterschiedlichen Praxisverwaltungssysteme der Ärzte und die EDV-Systeme der Apotheken, die beide über das KVSafenet Zugang zum Server bekommen müssen. Da sieht man mal, wie kompliziert das alles ist. Auch wenn nun bei der konkreten Anbindung noch das eine oder andere Problemchen auftauchen wird: Der Anfang ist gemacht. Mein liebes Tagebuch, ein dickes Like für die Beteiligten auf Apotheker- und Ärzteseite: Ist schon gut, dass sie trotz aller Schwierigkeiten und Querelen so hartnäckig an diesem Projekt festgehalten haben. Wenn wir wissen wollen, ob und wie die Zusammenarbeit zwischen den Heilberufen in Richtung Medikationsplan und -management funktioniert, dann führt an unserem lieben ARMIN wohl kein Weg vorbei.
Friedemann Schmidt, unser ABDA-Präsident, erklärt im Online-Interview mit dem Kölner Stadtanzeiger, dass das Potenzial der Apotheker nicht ausgeschöpft wird („wir können mehr, als nur Medikamente über den Tisch zu reichen“) und dass es nicht bei der fixen Pauschale von 8,35 Euro bleiben kann, die nicht regelmäßig überprüft wird („es kann doch nicht sein, dass wir vom wirtschaftlichen Wachstum völlig abgekoppelt sind“). Schmidt spricht sich dafür aus, nach neuen Vergütungsmechanismen zu suchen, wenn Apotheken auch künftig die Versorgung in der Fläche sicherstellen sollen. Mein liebes Tagebuch, Recht hat er, keine Kritik am Interview. Nur: Man wünscht sich solche Äußerungen nicht nur im Kölner Stadtanzeiger, sondern auch mal im Spiegel und im Stern. Vielleicht ließe sich damit dann größeren Kreisen deutlich machen, was Apotheken eigentlich können, was sie wollen – und dass sie schon lange keine Goldgruben mehr sind. Und, mein liebes Tagebuch, als Tipp fürs nächste Interview: Bei der Pauschale sollte Schmidt noch hinzufügen, dass aufgrund des Kassenzwangsrabatts eigentlich nur 6,58 Euro beim Apotheker ankommen. Beschreibt unsere Situation einfach ein bisschen besser, oder?
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