Lieferengpässe

„Skandalöser Missstand“

Stuttgart - 03.03.2014, 17:07 Uhr


In den USA müssen bereits regelmäßig Chemotherapien verschoben oder in ihrer Zusammensetzung verändert werden. Und auch in Europa fehlen häufig lebenswichtige Medikamente und müssen mit viel Aufwand beschafft werden. Der Grund hierfür sind Lieferengpässe. In der aktuellen Ausgabe des Spiegels spricht Onkologe und Arzneimittelkommissions-Mitglied Günther Wiedemann von einem skandalösen Missstand.

Die Zahlen sprechen für sich: 96% der 80 Krankenhausapotheker aus 20 europäischen Ländern, die Wiedemann für seine Studie befragte, haben schon einmal erleben müssen, dass Zytostatika nicht lieferbar waren. 36% gaben sogar an, dass dies ständig der Fall sei. Bisher konnten die Medikamente zwar immer noch irgendwie – im Notfall eben, so Wiedemann, in Indien – beschafft und die Therapien durchgeführt werden.

Aber die wahre Situation, sagte der Onkologe im Spiegel-Interview, kenne man überhaupt nicht. Denn die Angaben zu Lieferengpässen auf der Website des BfArM basieren lediglich auf freiwilligen Angaben der Hersteller. Betroffen sind laut Wiedemann vor allem Wirkstoffe, deren Patentschutz abgelaufen ist und für die sich daher die Produktion kaum mehr lohnt. Stattdessen würden neuere, um ein Vielfaches teurere Substanzen produziert, die aber meist einen geringeren Nutzen haben als die etablierten. Dies sei ein skandalöser Missstand.

Mehr zum Thema Lieferengpässe:

Nicht lieferbar! Bestandsaufnahme und Analyse zu einem drängenden Problem - in DAZ 45/2013

Lieferengpässe: Linksfraktion lässt nicht locker

Versorgungsschwierigkeiten: Apotheker im Dialog mit der Politik


Julia Borsch


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