G-BA: Ticagrelor hat Zusatznutzen

Erste Erstattungsbetrag-Verhandlungen können starten

Berlin - 15.12.2011, 14:44 Uhr


Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat heute das erste Verfahren einer frühen Nutzenbewertung für Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen abgeschlossen. Den Anfang machte Ticagrelor zu Behandlung des akuten Koronarsyndroms (Brilique® von AstraZeneca).

Der von den Trägern des G-BA und der Patientenvertretung einvernehmlich gefasste Beschluss stellt für Ticagrelor einen beträchtlichen Zusatznutzen für bestimmte Personengruppen fest: Patienten mit instabiler Angina pectoris (IA) und solche mit Myokardinfarkt ohne ST-Strecken-Hebung (NSTEMI, ST-Strecke ist ein Kurvenabschnitt des Elektrokardiogramms). Für sie erwies sich die Therapie mit Ticagrelor als besser als die  Vergleichstherapie mit Clopidogrel plus ASS.

Keinen Zusatznutzen stellte der G-BA dagegen für Patienten mit Myokardinfarkt mit ST-Strecken-Hebung und perkutaner Koronarintervention (herzkathetergestützte Behandlung eingeengter oder verschlossener Herzkranzgefäße) fest – dabei zog er als Vergleichstherapie Prasugrel plus ASS heran. Doch auch hier gibt es Patientengruppen, für die der G-BA Anhaltspunkte einen nicht quantifizierbaren Zusatznutzen sieht. Dies sind zum einen Patienten über 75 Jahre, die nach einer individuellen Nutzen-Risiko-Abwägung nicht für die Behandlung mit Prasugrel plus ASS in Frage kommen. Zum anderen solche, deren Krankheitsgeschichte einen ischämischen Schlaganfall oder eine transitorische ischämische Attacke (Durchblutungsstörung des Gehirns, die neurologische Ausfallserscheinungen hervorruft) aufweist.

Für zwei weitere Patientengruppen, für die Ticagrelor zugelassen ist, hat der G-BA ebenfalls keinen Zusatznutzen festgestellt: Dies sind Patienten mit Myokardinfarkt mit ST-Strecken-Hebung, die mit der Vergleichstherapie Clopidogrel plus ASS behandelt wurden sowie solche, die zusätzlich eine aortokoronarer Bypass-Operation hatten und ausschließlich ASS erhielten.

Der Beschluss wurde auf Basis der Nutzenbewertung des IQWiG vorbereitet. Er berücksichtigt zudem die Ergebnisse des schriftlichen und mündlichen Stellungnahmeverfahrens. Das Ausmaß des Zusatznutzens hat der G-BA entsprechend der in der Verfahrensordnung festgelegten Kriterien bewertet. Der nächste Schritt wird sein, dass der GKV-Spitzenverband auf der Grundlage des G-BA-Beschlusses mit dem pharmazeutischen Unternehmen AstraZeneca die Preisverhandlung führt. Im kommenden Jahr wird es dann richtig losgehen mit der frühen Nutzenbewertung und den Verhandlungen über die Erstattungsbeträge. Derzeit befinden sich rund 20 weitere neue Wirkstoffe im entsprechenden Verfahren.

Dr. Rainer Hess, unparteiischer Vorsitzender im G-BA und Vorsitzender des Unterausschusses Arzneimittel zeigte sich zufrieden mit dem Beschluss: „Der G-BA hat mit Abschluss dieser ersten frühen Nutzenbewertung bewiesen, dass er in der Lage ist, dieses neue komplexe Verfahren sach- und zeitgerecht durchzuführen und dabei auch für dessen durchgängige Transparenz zu sorgen“.

Der Beschluss des G-BA wird dem Bundesministerium für Gesundheit zur Prüfung vorgelegt und tritt nach erfolgter Nichtbeanstandung nach der Bekanntmachung im Bundesanzeiger in Kraft.


Kirsten Sucker-Sket