Klinische Studie

Mit Parvoviren gegen Hirntumore

Heidelberg - 10.11.2011, 10:34 Uhr


Ende Oktober startete in der Neurochirurgischen Universitätsklinik Heidelberg eine klinische Studie der Phase I/IIa, in der erstmals die Sicherheit einer Parvovirus-Therapie zur Behandlung von Krebserkrankungen erprobt wird. Das teilte jetzt das Deutsche Krebsforschungszentrum mit.

Parvoviren gehören mit ihren nur 20 Millionstel Millimetern Durchmesser zu den kleinsten unter den bekannten Viren. Sie vermehren sich ausschließlich in teilenden Zellen und rufen beim Menschen keine ernsthaften Krankheitssymptome hervor. Sie bauen außerdem ihr Erbgut nicht in das Genom der infizierten Zellen ein, so dass kein Risiko besteht, wachstumsfördernde Gene zu aktivieren.

Die Heidelberger Forscher verwendeten Viren des Stamms H1, die normalerweise Nagetiere befallen, aber auch für menschliche Zellen infektiös sind. Sie erforschten zunächst die zellbiologischen Grundlagen des krebsabtötenden Effekts. Anschließend zeigten sie, dass sich fortgeschrittene Glioblastome bei Versuchstieren nach einer Behandlung mit Parvoviren vollständig zurückbildeten und die Tiere signifikant länger lebten als unbehandelte Artgenossen.

Damit könnte eine Krebsbehandlung mit Parvoviren wirksam sein, beispielsweise bei Menschen, die am Glioblastom erkrankt sind, einem extrem bösartigen Hirntumor. Die Entwicklung des innovativen Behandlungsverfahrens bis zur klinischen Anwendung wurde in Zusammenarbeit mit der Firma Oryx GmbH & Co KG ermöglicht. Oryx koordinierte zusammen mit industriellen Partnern die großtechnische Herstellung und die anschließende pharmakologische und toxikologische Prüfung der therapeutischen Viren sowie das Zulassungsverfahren mit dem Paul-Ehrlich-Institut. Die Zulassung der klinischen Studie erfolgte im Sommer 2011 – es ist das erste Mal, dass in Europa Hirntumoren mit Viren behandelt werden dürfen.

  


Dr. Bettina Hellwig