Arzneimittel und Therapie

Integrininhibitor Cilengitide beim Glioblastom

Cilengitide (vorgesehener Handelsname Impetreve®) ist ein Integrininhibitor, der jetzt zur Erst-Linien-Therapie von Glioblastom-Patienten in Kombination mit einer Standardtherapie in einer Phase-III-Studie getestet wird.

Das Glioblastoma multiforme (Gliom) ist ein bösartiger Hirntumor, der seinen Ausgang in den Zellen des zerebralen Stützgewebes nimmt. Von 100.000 Personen entwickeln in Europa jedes Jahr zwei bis drei ein Glioblastom. In den Vereinigten Staaten wird von jährlich etwa drei Neuerkrankungen pro 100.000 Personen berichtet.

90% der Hirntumore bei Erwachsenen über 45 Jahre sind Glioblastome, von denen wiederum 70% hochgradig maligne, also lebensbedrohlich, invasiv und schnellwachsend sind.

Das Glioblastom ist die aggressivste Art eines primären Hirntumors. Es hat bei Erwachsenen mit einer Zwei-Jahres-Überlebensrate von 27% unter einer Standardtherapie (Strahlentherapie plus Temozolomid) eine schlechte Prognose. Die durchschnittliche Überlebenszeit von Glioblastom-Patienten beträgt ab Diagnosestellung rund zwölf Monate.

Hemmung der Integrine auf Krebszellen

Cilengitide ist der erste Wirkstoff einer neuen Gruppe von experimentellen Krebstherapien, den sogenannten Integrininhibitoren, der in Phase III der klinischen Entwicklung getestet wird. Integrine sind Rezeptoren auf der Zelloberfläche, die bei vielen Krebsarten fehlerhaft reguliert werden. Die fehlende Regulation führt zu einem gesteigerten Tumorwachstum, Überleben und invasivem Wachstum. Integrine sind für den Prozess der Angiogenese (Wachstum der Blutgefäße) von entscheidender Bedeutung – ein Prozess, der essenziell für den Tumor ist, da die neuen gebildeten Blutgefäße den Tumor versorgen und es ihm ermöglichen, über eine bestimmte Größe hinaus zu wachsen.

Cilengitide beinhaltet eine RGD-Aminosäuresequenz. Diese Sequenz, bestehend aus den drei Aminosäuren Arginin (R), Glycin (G) und Asparaginsäure (D), vermittelt die Bindung an die Integrine. Cilengitide hemmt die Integrine αvβ3 und αvβ5 und hemmt wahrscheinlich das Tumorwachstum über zwei Wege: den direkten, zielgerichteten Angriff auf die Tumorzellen und über das Aushungern des Tumors durch die Angiogenesehemmung.

Integrine


Diese Zelloberflächenproteine wurden nach ihrer Eigenschaft bezeichnet, extrinsische Signale in Veränderungen des Zytoskeletts zu integrieren. Eine gestörte Regulation dieser Rezeptoren bei vielen Tumorarten führt zu einem gesteigerten Zellwachstum, Überleben und invasivem Wachstum. Integrine spielen daher eine wichtige Rolle in der Tumorprogression, besonders beim Überleben der Tumorzelle, der Angiogenese des Tumors und der Metastasierung.


Foto: Sebastian Kaulitzki – Fotolia.com
Bösartiger Hirntumor Da Glioblastome ein stark infiltrativesWachstum zeigen und bei Diagnose oft schon das gesamteGehirn mit Tumorzellen durchsetzt ist, besteht häufignur die Möglichkeit einer operativen Tumormassenreduktionmit anschließender Bestrahlung und Chemotherapie. Cilengitidehemmt die Integrine und damit das Tumorwachstum überzwei Wege: den direkten, zielgerichteten Angriff auf die Zellenund über eine Angiogenesehemmung.

Phase-III-Studie begonnen

Jetzt ist die Patientenrekrutierung der zulassungsrelevanten klinischen Phase-III-Studie CENTRIC (Cilengitide in Kombination mit Temozolomid und Strahlentherapie bei neu diagnostiziertem Gliblastom) nach Angaben der Firma Merck abgeschlossen. In der Studie sollen Wirksamkeit und Sicherheit des neuen Integrininhibitors Cilengitide in Kombination mit einer Standardtherapie (Strahlentherapie plus Temozolomid, gefolgt von einer Temozolomid-Erhaltungstherapie) im Vergleich zur alleinigen Standardtherapie bei Patienten mit einem neu diagnostizierten Glioblastom untersucht werden. Mehr als 500 Patienten wurden erfolgreich für diese weltweite Studie rekrutiert, deren primärer Endpunkt das Gesamtüberleben ist.

Außerdem wird Cilengitide derzeit in Phase-I- und -II-Studien zur Behandlung des nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinoms und bei Plattenepithelkarzinomen des Kopfes und des Halses untersucht.


Quelle
Presseinformation der Merck KGaA, Darmstadt, 9. Juni 2011.
hel



DAZ 2011, Nr. 24, S. 43

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