Apothekenbetriebsordnung

Bemerkenswerte Kalkulationen

Berlin - 21.10.2011, 16:25 Uhr


Der Referentenentwurf zur neuen Apothekenbetriebsordnung enthält in seiner Begründung teilweise detaillierte Betrachtungen über die erwarteten Kosten und Einsparungen für die Apotheken. Das spricht für das Bewusstsein der Verordnungsgeber, dass eine solche Neuregelung erhebliche wirtschaftliche Konsequenzen auslöst. Doch...

Diese Anreize lösen wahrscheinlich viel größere Effekte aus als beispielsweise die Einsparung von einigen Laborgegenständen.

Wenn Filialapotheken zu Zweigapotheken degradiert werden, würden ganz neue Anreize entstehen, bestehende Apotheken in Filialapotheken umzuwandeln. Apotheken an der Rentabilitätsschwelle könnten als Filialen gerade noch rentabel sein. Bisherige inoffizielle Filialverbünde – Hauptapotheken von Familienangehörigen mit jeweils einer Apotheke – könnten zu echten Filialverbünden werden. Vermutlich würde der Anteil der Filialen an der Gesamtzahl der Apotheken deutlich steigen. Das würde zu Einsparungen führen, es würde aber auch die Versorgung mit Rezepturarzneimitteln gefährden, wenn ein großer Teil der Apotheken nur noch Apotheken „light“ wären.

Eine umgekehrte Überlegung gilt für die Annahme, dass nur etwa fünf Prozent der Apotheken mit Herstellung künftig Defekturen anfertigen würden. Bei häufig wiederkehrenden Verordnungen ist die Anfertigung von halbfertigen Ansätzen eine wesentliche Voraussetzung für wirtschaftlich sinnvolles und zugleich qualitätsorientiertes Arbeiten. Das dürften künftig nur noch Defektur-Apotheken. Der Ansatz von fünf Prozent erscheint daher niedrig gewählt, dementsprechend niedrig werden damit auch die erwarteten Kosten geschätzt. Sollten tatsächlich nur noch fünf Prozent der Apotheken Defekturen herstellen, würden viele Apotheken auch bei häufig wiederkehrenden Rezepturen zur Einzelherstellung übergehen. Dies wäre für die Qualität ein klarer Rückschritt und würde die Kosten dieser Einzelherstellungen wiederum erhöhen.

Beide Beispiele machen klar, wie schwierig Vorhersagen über die quantitativen Folgen der geplanten Neuregelung sind. Prognoserechnungen sollten daher mit Vorsicht kalkuliert werden.


Dr. Thomas Müller-Bohn


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