Novellierung der Apothekenbetriebsordnung

Neue Hürden für die Defektur

Berlin - 25.10.2011, 16:33 Uhr


Die Defektur wird im jüngsten Entwurf für die neue Apothekenbetriebsordnung zu einer besonderen Aufgabe, die nicht mehr zwingend zum Repertoire der „normalen“ Vollapotheke gehören soll.

Es wird offenbar kein System verlangt, das die Apotheke umfassend beschreibt. Mehr Aufwand dürften dagegen die neuen Anforderungen bereiten, die jede einzelne Defektur betreffen: Herstellungsvorschrift, Prüfvorschrift und die Prüfung des Endproduktes sollen verpflichtend werden.

In der Herstellungsvorschrift müssen mindestens folgende Aspekte beschrieben werden: Ausgangsstoffe und Ausrüstungsgegenstände, technische und organisatorische Maßnahmen zur Vermeidung von Kreuzkontaminationen und Verwechslungen, die einzelnen Arbeitsschritte der Herstellung einschließlich Inprozesskontrollen, die Kennzeichnung einschließlich Herstellungsdatum und Verfalldatum, die Lagerungsbedingungen und Vorsichtsmaßnahmen sowie die Freigabe. Die Herstellung muss „zum Zeitpunkt des Vorganges“ protokolliert werden, sodass eine Waage mit Protokolldrucker erforderlich sein dürfte.

Außerdem soll die Ausnahmeregelung entfallen, nach der bisher auf eine Prüfung des Endproduktes verzichtet werden kann. Für die neue Prüfung des Endproduktes wird eine Prüfvorschrift mit Angaben zur Probennahme, zur Prüfmethode und zur Art der Prüfungen verlangt. Zusätzliche Anforderungen für die Defektur ergeben sich aus den deutlich erweiterten Regeln für die Kennzeichnung. Demnach müssen Defekturen, die als Fertigarzneimittel abgegeben werden, nach allen Vorschriften des Arzneimittelgesetzes gekennzeichnet werden. Auch eine Packungsbeilage wird zur Pflicht. Nur die Angaben in Blindenschrift können entfallen.

Der Verordnungsgeber erwartet, dass nur etwa fünf Prozent der Vollapotheken künftig Defekturen herstellen werden, heißt es in der Begründung zum Verordnungsentwurf. Angesichts der Arbeitserleichterung bei der Herstellung von häufig verordneten Rezepturen als Halbfertigware ist diese Annahme überraschend. Da größere Ansätze für nachweislich häufig verordnete Rezepturen auch unter Qualitätsaspekten Vorteile bieten, ist zu hoffen, dass weitaus mehr Apotheker sich für die Defektur entscheiden.

Die wirtschaftlichen Anreize der Herstellung sprechen ebenfalls dafür. Denn die Defektur eröffnet gute Chancen, die wirtschaftlichen Nachteile der Herstellungstätigkeit zu vermindern, sofern der neue regulatorische Aufwand diese Vorteile nicht aufzehrt. Andererseits dürfte die Herstellungstätigkeit in den künftigen Nur-Rezeptur-Apotheken durch den Wegfall der Defektur zu einer noch größeren Unterdeckung als bisher führen.


Dr. Thomas Müller-Bohn


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