Chronisch entzündliche Darmerkrankungen

Störungen der Caspase-8

Erlangen - 28.09.2011, 10:00 Uhr


Wissenschaftler aus Erlangen haben jetzt die molekularen Mechanismen erforscht, die zu chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (CED) wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa führen. Sie stellten fest, dass das Fehlen eines bestimmten Enzyms, der Caspase-8, verstärkt zu einem Absterben von Zellen im Darm führt.

Durch diesen übermäßigen Zelltod entstehen Lücken in der Epithelschicht – einer Zellschicht, die die Darmwand eigentlich vor dem Eindringen von schädlichen Bakterien schützen soll. Eine Entzündung der Darmschleimhaut ist die Folge.

Am experimentellen Modell und an betroffenen Patienten haben die Forscher die Rolle untersucht, die das Enzym Caspase-8 bei der Entstehung entzündlicher Darmerkrankungen spielt. Caspase-8 steuert die Apoptose, eine Art „Selbstmordprogramm“, das die Zellzahl im Darm regelt und gleichzeitig gewährleistet, dass alternde Zellen ohne Schädigung des umliegenden Gewebes zugrunde gehen. Ist in den Epithelzellen Caspase-8 nicht ausreichend vorhanden oder die Funktion des Proteins gestört, müsste das dazu führen, dass die Zellen im Darm länger leben – so die Ausgangsüberlegung. Doch zur Überraschung der Forscher erwies sich diese Überlegung als unzutreffend. Im Gegenteil: Epithelzellen, denen Caspase-8 fehlte, waren besonders anfällig für den Zelltod.

Besonders betroffen waren die sogenannten Panethzellen, spezialisierte Epithelzellen, die Stoffe produzieren, mit denen sie Bakterien auf Distanz halten oder sogar abtöten können. Fehlen diese Zellen, so können Bakterien in die Darmwand eindringen und Entzündungsreaktionen wie bei Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen auslösen.

Die absterbenden Darmzellen zeigten dabei völlig andere Eigenschaften als Zellen, die aufgrund von Apoptose sterben. Die Zellen in den Experimenten starben an Nekroptose, einer erst kürzlich entdeckten Form von Zelltod, die nun erstmals im Darm von Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen nachgewiesen werden konnte.

Literatur: Günther, C., et al.: Nature 2011, Online-Vorabveröffentlichung DOI: 10.1038/nature10400.


Dr. Bettina Hellwig