Mikroorganismen

Wie Bakterien sich gegen fremde Erreger wehren

Würzburg - 05.04.2011, 09:35 Uhr


Wissenschaftler im schwedischen Umea haben jetzt in Zusammenarbeit mit Kollegen der Universität Würzburg einen neuen Weg gefunden, der zur Aktivierung des Gen-Protein-Komplexes CRISPR/Cas bei Bakterien führt.

Der Gen-Protein-Komplex CRISPR/Cas, der als Immunsystem fremde Gene unschädlich macht, gehört bei Bakterien und Archaeen zu den Abwehrmechanismen gegen feindliche Angriffe. Das System ist auch als prokaryotische RNA-Interferenz bekannt und besteht aus Proteinen und kurzen RNA-Molekülen (crRNAs), die feindliche Gene blockieren.

Mikroorganismen sind ständigen Angriffen durch Viren oder Plasmiden anderer Bakterien ausgesetzt. Diese fremden Gene können das Genom des Wirts zur Selbstzerstörung umprogrammieren oder ihm neue Eigenschaften zur Antibiotika-Resistenz verleihen. Um sich gegen eine Infektion zu schützen, entwickelten Mikroorganismen ein ausgeklügeltes Abwehrsystem.

CRISPRs ist die Abkürzung für die englische Bezeichnung Clustered Regularly Interspaced Short Palindromic Repeats. Dies sind Genabschnitte für ein Protein (Cas) und zusätzlich so genannten Spacern, Abschnitten, die spezifisch fremde Gene erkennen und deren Zerstörung bestimmen. Zwischen diesen kodierenden Gensequenzen befinden sich wiederholende gleiche Genabschnitte. Wenn Bakterien und Archaeen Virus- oder Plasmid-Angriffen ausgesetzt sind, werden kurze Stücke von der feindlichen DNA injiziert und in den CRISPR-Genkomplex eingebaut. Diese Veränderung des Genoms führt zur Umprogrammierung der mikrobiellen Wirtszelle, die die eingebauten Genabschnitte als immunologisches Gedächtnis nutzt und der Zelle Immunität gegen künftige Infektionen mit den gleichen Genen verleiht. Im nachfolgenden Prozess, der crRNA-Reifung, bildet die Wirtszelle RNA-Moleküle, die mit dem CRISPR-Komplex korrespondieren. Diese RNA-Moleküle werden in spezifische Sequenzen gespalten. Im letzten Schritt der Immunreaktion, dem so genannten Stilllegen der fremden Gene, erkennen diese kurzen crRNA-Stückchen das Fremdgenom wieder und führen es der zellulären Abbaumaschine zur Zerstörung zu.

Bisherige Forschung ging davon aus, dass bei allen Reaktionen des mikrobiellen Immunsystems die Beteiligung von Cas-Protein ausreicht.

Die neusten Forschungsergebnisse zeigen jetzt, dass zusätzliche Faktoren im Wirtsgenom für die Aktivierung des CRISPR-Mechanismus benötigt werden, die an RNA-Interferenz bei höheren Organismen erinnern. Ein wichtiger Teil der Aktivierung des mikrobiellen Immunsystems ist die Reifung der crRNAs. Wissenschaftler im schwedischen Umea haben jetzt in Zusammenarbeit mit Kollegen der Universität Würzburg einen neuen Weg gefunden, der zur Aktivierung der crRNAs führt. Die Forscher haben die CRISPR/Cas-Immunreaktion in einem Modellorganismus, Streptococcus pyogenes, einem humanpathogenen Bakterium untersucht. Dabei entdeckten sie einen neuen Reaktionsweg zur Aktivierung von CRISPR, bei dem drei neue Faktoren an der Reifung der crRNA beteiligt sind: kurze RNA-Stücke (small RNA), ein Protein des Wirts, Endoribonuklease III genannt, und ein bisher unbekanntes Protein Csn1. Das Zusammenspiel dieser Faktoren führt zu einem besonders exakten Abwehrmechanismus. Die Forscher haben außerdem gezeigt, dass der bakterielle Mechanismus zur Reifung von crRNA unter Beteiligung von Endoribonuklease III während der Evolution zu Eukaryonten konserviert blieb. Dies zeigt, dass das CRISPR/Cas System in vielen Varianten in unterschiedlichen Organismen vorkommen kann.

Literatur: Deltcheva, E., et al.: Nature 2011; Online-Vorabpublikation 31. März 2011, doi:10.1038/nature09886


Dr. Bettina Hellwig


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