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Dermatologie

Trotz Psoriasis sicher durch die Schwangerschaft

Leitlinien bieten Orientierung für die Therapie

Eine Schuppenflechte stellt grundsätzlich kein Hindernis in der Familienplanung dar. Wird der Kinderwunsch konkret, treten jedoch oft Fragen auf. Wie wirkt sich die Hauterkrankung auf den Embryo aus? Muss die Therapie umgestellt werden? Welche Wirkstoffe sind dann erlaubt, welche kontraindiziert? Anhaltspunkte für die Behandlung schwangerer Psoriasis-Patientinnen geben die Psoriasis-Leitlinie, ein Behandlungspfad zur topischen Therapie sowie ein Algorithmus zu geeigneten Systemtherapeutika. Daneben bietet auch die Datenbank Embryotox der Charité Berlin Orientierung. | Von Ines Winterhagen

Die Psoriasis ist eine immunvermittelte entzündliche Hautkrankheit, die häufig mit Komorbiditäten wie Diabetes mellitus und Depressionen einhergeht und zudem das kardiovaskuläre Risiko erhöht. Die ersten Symptome einer Psoriasis treten meist zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr auf – also genau zum Zeitpunkt der Familienplanung. Grundsätzlich spricht eine Schuppenflechte nicht gegen eine Schwangerschaft. Allerdings ist dann die Frage nach der Verträglichkeit der notwendigen Arzneimittel relevant, nicht nur der systemischen, sondern auch der topischen.Oft wird eine Anpassung der Therapie erforderlich, allein unter dem Gesichtspunkt, dass sich die Psoriasis bei rund einem Viertel der schwangeren Patientinnen deutlich verschlechtert [1]. Klar ist auch: Die Schuppenflechte ist weit mehr als ein rein dermatologisches Problem. Vielmehr liegt eine systemische Entzündung vor, die sich auch auf die Gelenke und weitere Organe erstrecken und somit zu zahlreichen Begleiterkrankungen führen kann. Ins Gewicht fallen vor allem metabolische Stoffwechselstörungen, die ebenfalls zu behandeln sind, um Komplikationen in der Schwangerschaft zu vermeiden [2]. Generell ist die effektive Kontrolle der chronisch entzündlichen Erkrankung wichtig. Denn Patientinnen mit gesteigerter Krankheitsaktivität haben ein erhöhtes Risiko für spontane Aborte, Frühgeburten sowie ein geringes Geburtsgewicht des Kindes [3, 4]. Insbesondere bei stark ausgeprägter Schuppenflechte mit Gelenkbeteiligung ist ein Fortsetzen der Systemtherapie anzuraten. Verständlicherweise zeigen sich Psoriasis-Patientinnen darüber besorgt, dass die erforderlichen Medikamente ihrem Ungeborenen schaden könnten. Hier sind Aufklärung und eine optimale interdisziplinäre Zusammenarbeit gefragt [5].

Therapieplanung vor einer Schwangerschaft

Bereits bei Kinderwunsch sollte sich die Patientin mit ihrem behandelnden Hautarzt austauschen. Idealerweise spricht der Dermatologe selbst Frauen im gebärfähigen Alter auf ihre Familienplanung an, vor allem bei schweren Psoriasis-Formen und daraus resultierender systemischer Therapie. Wichtig ist das aus folgendem Grund: Fast die Hälfte aller Schwangerschaften tritt ungeplant ein und wird üblicherweise erst in der sechsten bis achten Schwangerschafts­woche bemerkt. Doch das erste Trimenon birgt das höchste Risiko für medikamenteninduzierte teratogene Schäden. Je nach Schweregrad muss die bisherige Therapie bereits vor der Schwangerschaft umgestellt werden [5]. Denn einige systemische Wirkstoffe sind dann kontraindiziert, aber auch bei den topischen Medikamenten ist Vorsicht geboten. Anhaltspunkte für die Behandlung schwangerer Psoriasis-Patientinnen geben die S3-Leitlinie zur Therapie der Psoriasis vulgaris, der Behandlungspfad „Topische Therapie bei Psoriasis“, der von der nationalen Versorgungskonferenz Psoriasis bestätigt wurde, sowie ein Algorithmus zur Systemtherapie, der von zwei klinisch erfahrenen Ärzten erstellt wurde [6, 7, 8]. Orientierungshilfen liefern – zumindest eingeschränkt – auch die Datenbank Embryotox der Berliner Charité – zur Bewertung der Sicherheit von Medikamenten während Empfängnis, Schwangerschaft und Stillzeit sowie die Fachinformationen der Hersteller [9, 10].

Topische Steroide: auf Menge und Dauer achten

Für die lokale Behandlung mit Corticosteroid-Präparaten besteht die größte Anwendungserfahrung und sie werden von der aktuellen Leitlinie primär empfohlen. Geeignet sind vor allem doppelt veresterte Steroide, die rasch in der Haut abgebaut werden und damit ein geringes Risiko für systemische Nebenwirkungen haben. Dazu zählen unter anderem Methylprednisolonaceponat (z. B. Advantan®), Prednicarbat (z. B. Dermatop®) und Mometasonfuroat (z. B. Ecural®) [11]. Ihr topischer Einsatz ist in der Schwangerschaft als sicher zu bewerten – vorausgesetzt, es wird auf die Steroidmenge und die Therapiedauer geachtet. Die europäische S2k-Leitlinie zum Gebrauch von topischen Corticosteroiden in der Schwanger­schaft rät zu schwach bis mittelstark wirksamen Substanzen. Wirkstoffe mit höherer Potenz sollten nur als Therapie der zweiten Wahl und nur für kurze Zeit eingesetzt werden. Grund dieser Einschränkungen ist eine mögliche intrauterine Wachstumsretardierung des Kindes [12]. Eine aktuelle Beobachtungsstudie zu äußerlich angewendeten Corticosteroiden bei über 60.000 Schwangeren gab hier weitestgehend Entwarnung. Die Studie zeigte keine Assoziation zwischen der Anwendung topischer Corticosteroide und der Geburt von Kindern mit Wachstumsverzögerungen oder geringem Geburtsgewicht. Vollständig ausschließen lässt sich ein Risiko bei Anwendung hoher Dosierungen (sehr) potenter Vertreter dieser Wirkstoffklasse jedoch nicht. [13]

Weitere topische Arzneimittel

Die Datenlage für andere topische Therapien während der Schwangerschaft ist begrenzt. Calcineurin-Inhibitoren (Off-Label-Use), wie Tacrolimus (z. B. Protopic®), oder Vitamin-D-Derivate, wie Calcipotriol (z. B. Daivonex®), dürfen nach strenger Nutzen-Risiko-Bewertung eingesetzt werden. Gleiches gilt für Dithranol, das aber maximal im stationären Bereich eine Rolle spielt. Nicht empfohlen werden hingegen Salicylat-haltige Externa, Präparate mit Steinkohlenteer sowie topische Retinoide – hier sind entweder teratogene Schäden bekannt oder es gibt keine Sicherheitsdaten (siehe Tab. 1). Neben den äußerlich anzuwendenden Arzneimitteln bietet sich bei milder Psoriasis in der Schwangerschaft auch eine UV-B-Photo-Therapie an, während eine Behandlung mit Psoralen und UV-A- Licht (PUVA-Therapie) aufgrund möglicher teratogener Effekte kontraindiziert ist. [7, 14].

Tab. 1: Topische Therapieoptionen bei Psoriasis in der Schwangerschaft [nach 5, 6, 9, 14, 21]. Fachinformationen können von diesen Empfehlungen abweichen.
Substanz
(Fertigarzneimittel)
Beratungsleitfaden
AWMF-Leitlinie
(Stand 2021)
Embryotox-Datenbank
(Stand 01.02.2022)
Methylprednisolon
(z. B. Advantan®)
Bei größerer Fläche möglichst kurze Anwendungsdauer, keine längere Behandlung
Corticoide sind nicht teratogen.
Eine lokale Behandlung darf nach einer individuellen Risiko-Nutzen-Abwägung in allen Phasen der Schwangerschaft durchgeführt werden. Die Dosis richtet sich nach der Indikation und Schwere der mütterlichen Erkrankung.
Betamethason
(z. B. Soderm®)
So kurz und kleinflächig wie möglich anwenden, bei Langzeitbehandlung kann es zu intrauteriner Wachstumsretardierung des Kindes kommen
Topisch angewandte Corticoide entsprechender Wirkstoffstärke können bei großflächiger und langandauernder Anwendung das Wachstum des Fötus reduzieren.
Nach einer lokalen Anwendung ist von keinem erhöhten Risiko auszugehen.
Mometason
(z. B. Ecural®)
bei lang anhaltender Applikation systemische Wirkung
Topisch angewandte Corticoide entsprechender Wirkstoffstärke können bei großflächiger und lang andauernder Anwendung das Wachstum des Fötus reduzieren.
Wenn die dermale Therapie mit Mometason Vorteile gegenüber besser untersuchten topischen Glucocorticoiden bietet, kann sie sowohl bei Planung als auch während der Schwangerschaft durchgeführt werden.
Tacrolimus
(z. B. Protopic®), Pimecrolimus
(Elidel®)
begrenzt einsetzbar; kleinflächige Anwendung, bei fehlenden Alternativen möglich
Für Calcineurin-Inhibitoren gibt es keine Hinweise auf eine teratogene Wirkung. Die Anwendung in der Schwangerschaft und Stillzeit wird aber aufgrund fehlender Erfahrungen nicht empfohlen. Nicht absolut kontraindiziert.
keine Angaben
Calcipotriol
(z. B. Daivonex®)
begrenzt einsetzbar; sorg­fältige Nutzen-Risiko-Ab­wägung, kleinflächige Anwendung möglich; kein Hinweis auf Teratogenität in tierexperimentellen Studien, keine Erfahrung beim Menschen
Vitamin D3-Derivate sind im Tierversuch nicht teratogen oder embryotoxisch. Da beim Menschen keine Erfahrungen vorliegen, sollte sicherheitshalber keine Anwendung stattfinden. Nicht absolut kontraindiziert.
keine Angaben
Dithranol
(aktuell kein dt. FAM im Handel mit Indikation Psoriasis)
keine Sicherheitsdaten, begrenzt einsetzbar nach Nutzen-Risiko-Bewertung
Die Zubereitungen sollen während der Schwangerschaft nicht großflächig, auf nicht mehr als 30% der Körperoberfläche und nur nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung angewendet werden, da keine Erkenntnisse über die Sicherheit für das ungeborene Kind vorliegen.
keine Angaben
Topische Retinoide
(aktuell kein dt. FAM mit Tazaroten im Handel)
Kontraindikation! Bekanntes teratogenes Potenzial
Absolute Kontraindikation! In Studien zur topischen Anwendung wurden während der Embryonalentwicklung Skelettveränderungen sowie vermindertes Gewicht der Nachkommen bei der Geburt festgestellt.
Die lokale Anwendung von Retinoiden ist während der Schwangerschaft kontraindiziert.
Steinkohlenteer
(z. B. Tarmed)
Kontraindikation! assoziiert mit spontanen Aborten, kongenitalen Malformationen
absolute Kontraindikation!
keine Angaben
Salicylhaltige Externa
(z. B. Psorimed®)
Kontraindikation! Resorptionsgefahr!
keine Angaben
keine Angaben

Systemische Therapie

Für Patientinnen mit mittelschwerer oder schwerer Psoriasis, also einem Psoriasis Area and Severity Index > 10, reichen topische Präparate nicht aus (siehe Kasten: Psoriasis Area and Severity Index). In diesen Fällen ist eine systemische Behandlung erforderlich (siehe Tab. 2). Einige klassische Systemtherapeutika dürfen Schwangeren jedoch nicht verabreicht werden. Hierzu zählen Methotrexat, Acitretin, Apremilast sowie Fumarate [6].

Psoriasis Area and Severity Index

Der Psoriasis Area and Severity Index (PASI) ist ein eta­bliertes Instrument, um den Schweregrad (Ausmaß und Ausprägung) der Hautsymptome von Psoriasis-Patienten zu erfassen. Dazu gehören Erythem, Hautdicke der Plaques und Schuppung. Eine leichte Psoriasis liegt bei einem PASI ≤ 10 und eine mittelschwere bis schwere Psoriasis bei einem PASI > 10. Das minimale Therapieziel nach Induktionstherapie ist eine Verbesserung des Hautbildes um 75%, was man auch als PASI 75-Antwort oder -Reduktion bezeichnet. In der aktuellen Leitlinie wird berichtet, dass durch neue Antikörper-Therapien bei vielen Patienten mehr Lebensqualität und eine Verbesserung um ≥ 90% erreicht werden kann. Dadurch wird als neues Ziel über einen absoluten PASI ≤ 3 diskutiert [6, 22].

Acitretin (z. B. Neotigason®) und sein Metabolit Etretinat sind teratogen und damit in der Schwangerschaft absolut kontraindiziert. Da sie sich in das Fettgewebe einlagern, muss eine Frau im gebärfähigen Alter bis drei Jahre nach Beendigung der Acitretin-Therapie auf eine wirksame Empfängnisverhütung achten. Ebenso ist der Phosphodiesterase-4-Hemmer Apremilast (Otezla®) in der Schwangerschaft kontraindiziert. Zwar zeigte sich in Tierversuchen keine Zunahme von Missbildungen, jedoch eine höhere Abortrate und ein verringertes Geburtsgewicht. Auch für Fumarsäureester, wie Dimethylfumarat und Salze von Ethylhydrogenfumarat (Fumaderm®), ergab sich in Tierversuchen kein Hinweis auf Teratogenität, allerdings schließt die schlechte Datenlage die Anwendung in der Schwangerschaft aus. Bei Patientinnen im gebärfähigen Alter mit Durchfall während der Fumarat-Behandlung kann die Wirkung oraler Kontrazeptiva reduziert sein. Zusätzliche Barriere-Methoden zur Empfängnisverhütung werden daher angeraten [6, 8].

Anders als für die genannten Substanzen sieht es für Ciclosporin (z. B. Sandimmun®, Ciclosporin-1A-Pharma®) aus. Dieses darf in der Schwangerschaft bei Psoriasis mit systemischem Therapiebedarf verordnet werden – in niedrigen Dosierungen und unter engmaschiger Kontrolle. Obwohl der Wirkstoff die Plazenta passiert, sind keine teratogenen Effekte bekannt. Doch steigert Ciclosporin in höheren Konzentrationen das Risiko für Frühgeburten, niedriges Geburtsgewicht und intrauterine Wachstumsretardierung sowie Hypertonie und Präeklampsie bei der Mutter. Aufgrund therapeutischer Alternativen mit einem besseren Sicherheitsprofil wird Ciclosporin daher nicht mehr – wie in bisherigen Versionen der Leitlinie – als bevorzugte Therapie­option für Psoriasis-Patientinnen mit Kinderwunsch oder während der Schwangerschaft gesehen [6].

Tab. 2: Aktuell zugelassene Systemtherapeutika zur Behandlung von schwangeren Patientinnen mit mittelschwer bis schwer ausgeprägter Psoriasis und ihre Bewertung in der AWMF-Leitlinie und der Embryotox-Datenbank nach [5, 6, 21]
Wirkstoff
Wirkstoffgruppe
AWMF-Leitlinie
(Stand 2021)
Embryotox-Datenbank
(Stand 01.02.2022)
Adalimumab
(z. B. Humira®, Hulio®)
TNF-α-Blocker
Die Anwendung sollte möglichst auf das erste Trimenon begrenzt werden.
Eine vor der Schwangerschaft begonnene Adalimumab-Therapie darf auch in der Schwangerschaft fortgesetzt werden, wenn dies erforderlich ist. Ob es sinnvoll oder vertretbar ist, Adalimumab in der späteren Schwangerschaft, z. B. nach der 20. oder 30. Schwangerschaftswoche abzusetzen, ist eine individuelle Risiko-Nutzen-Abwägung, bei der die Krankheits­aktivität eine wesentliche Rolle spielen sollte.
Certolizumab
(Cimzia®)
TNF-α-Blocker
Therapie der ersten Wahl während der gesamten Schwangerschaft, wenn eine Behandlung mit einem Biologikum erforderlich ist.
Bei Planung einer Schwangerschaft sollten zunächst besser untersuchte Immunsuppressiva, zu denen auch die TNF-α Inhibitoren Adalimumab, Etanercept und Infliximab gehören, in Betracht gezogen werden. Eine gut auf Adalimumab, Etanercept oder Infliximab eingestellte Patientin sollte nicht auf Certolizumab umgestellt werden. Wenn in der Schwangerschaft eine TNF-α-Therapie erstmals neu begonnen wird, ist Certolizumab wegen des niedrigen plazentaren Übergangs als erstes in Erwägung zu ziehen. Eine vor der Schwangerschaft gut auf Certolizumab eingestellte Patientin darf damit weiterbehandelt werden.
Ciclosporin
(z. B. Sandimmun®, Ciclosporin-1A-Pharma®)
Calcineurin-Inhibitor
Kann erwogen werden, ist jedoch keine präferierte Therapieoption mehr.
Ciclosporin darf bei entsprechender Indikation verordnet werden. Eine stabil auf Ciclosporin eingestellte Patientin sollte nicht umgestellt werden.
Etanercept
(z. B. Enbrel®, Benepali®)
TNF-α-Blocker
Die Anwendung sollte möglichst auf das erste Trimenon begrenzt werden.
Nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung und Prüfung anderer sicherer Alternativen darf es in der gesamten Schwangerschaft eingesetzt werden. In der späteren Schwangerschaft sollte der diaplazentare Transfer, auch wenn er vergleichsweise gering ist, mit bedacht werden.
Infliximab
(z. B. Remicade®, Remsima®)
TNF-α-Blocker
Die Anwendung sollte möglichst auf das erste Trimenon begrenzt werden.
Nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung und Prüfung anderer sicherer Alternativen darf es auch in der Schwangerschaft eingesetzt werden. Die Therapie in der späteren Schwangerschaft, insbesondere nach der 30. Woche, sollte wohl begründeten Indikationen vorbehalten sein.

Methotrexat sofort absetzen

Der Folsäureantagonist Methotrexat (z. B. Lantarel®) wirkt beim Menschen teratogen. Unter Methotrexat wurden häufiger Spontanaborte beobachtet und bei Neugeborenen statistisch signifikant mehr Fehlbildungen gefunden. Um eine Schwangerschaft zu vermeiden, sollten Frauen im gebärfähigen Alter daher unter einer Methotrexat-Therapie eine effektive Kontrazeption – am besten mit zwei verschiedenen Methoden der Empfängnisverhütung – durchführen. Vor einer geplanten Schwangerschaft müssen sowohl Frauen als auch Männer Methotrexat rechtzeitig absetzen: Die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) empfiehlt neuerdings vorsorglich einen Zeitraum von sechs Monaten. Die Praxis der Leitliniengruppe weicht davon zugunsten einer kürzeren Spanne von drei Monaten ab [6].

Unterschiedliche Empfehlungen für Biologika

Tumornekrosefaktor(TNF)-α-Blocker können in der Schwangerschaft, bevorzugt im ersten Trimenon, eingesetzt werden. Bisher ergaben die Studien mit Schwangeren unter TNF-α-Therapie keine eindeutigen Hinweise auf eine medikamentenspezifische Schädigung des Fötus im Hinblick auf angeborene Fehlbildungen, Frühgeburten oder neonatale Infektionen. Besonders für die Anwendung von Adalimumab (z. B. Humira®, Hulio®) in der Schwangerschaft sind gute Sicherheitsdaten in mehr als 2000 Fällen dokumentiert [15]. Im ersten Trimenon der Schwangerschaft diffundieren Biologika aufgrund ihrer Molekülgröße nicht passiv durch die Plazenta. Ab Beginn des zweiten Trimenons startet dagegen ein aktiver Transport, indem alle derzeit für Psoriasis zugelassenen biologischen Wirkstoffe mit ihrem Antikörper-Fc-Segment an neonatale Fc-Rezeptoren binden. Eine Ausnahme bildet der TNF-α-Blocker Certolizumab (Cimzia®), dem die Fc-Region fehlt [16]. Er wird also nicht aktiv über die Plazenta übertragen. Die aktualisierte Leitlinie hebt Certolizumab daher explizit als Option für Patientinnen mit Kinderwunsch oder bestehender Schwangerschaft hervor.

PSOLAR-Daten zu Schwangeren wecken Hoffnung

Mit dem Projekt PSOLAR (Psoriasis Longitudinal Assessment and Registry) sollen die klinischen Ergebnisse und die Langzeitsicherheit von Psoriasis-Patienten unter konventioneller systemischer Therapie oder unter Behandlung mit Biologika evaluiert werden. Im Beobachtungszeitraum von 2007 bis 2019 wurden in PSOLAR insgesamt 2224 Frauen in einem als fortpflanzungsfähig definierten Alter von 18 bis 45 Jahren registriert. Während der Beobachtungszeit wurden 220 Frauen schwanger. Die ausgewerteten Daten ergaben, dass Schwangerschaft und Geburt bei Psoriasis-Patientinnen unter Biologika-Therapie ähnlich verliefen wie in der Allgemeinbevölkerung. Damit lässt sich konstatieren: Mit der richtigen Behandlungsstrategie können Psoriasis-Patientinnen eine ganz normale Schwangerschaft erleben und gleichzeitig ihre Psoriasis gut kontrollieren [19, 20].

Algorithmus zur Systemtherapie

Auf Grundlage von Therapieerfahrungen mit Schwangeren wurde zunächst auf Basis der S3-Leitlinie 2017 ein anschaulicher Algorithmus zur Systemtherapie entwickelt [8], eine an die S3-Leitlinie 2021 [6] angepasste Version zeigt die Abbildung. Der Algorithmus zielt darauf ab, eine strukturierte, leitlinienkonforme Therapieauswahl für Schwan­gere mit schwer ausgeprägter Psoriasis zu ermöglichen und damit das Vorgehen im Praxisalltag zu erleichtern. Vorab sollte unbedingt immer die Familien­planung der Patientin besprochen werden. In Fällen mit möglichem Kinderwunsch eignet sich primär die Einleitung einer Systemtherapie mit einem TNF-α-Blocker. Den Biologika mit anderem Wirkmechanismus, den Interleukin(IL)-17-, IL-12/23- sowie IL-23-Hemmern, fehlt zurzeit die Zulassung für die Behandlung von Schwangeren mit Psoriasis.

Ist die Erkrankung aktiv, sollte bevorzugt eine Umstellung auf Certolizumab erfolgen. Die konventionellen Wirkstoffe Methotrexat, Acitretin und Fumarsäureester sind, wie bereits erwähnt, für Schwangere kontraindiziert. Erhält eine Frau vor Eintreten ihrer Schwanger­schaft eine dieser Substanzen, sollte unbedingt rechtzeitig eine Umstellung auf Certolizumab erfolgen [6, 8].

Abb.: Aktualisierter Algorithmus zur systemischen Behandlung von Patientinnen mit mittelschwerer bis schwerer Psoriasis (PASI [Psoriasis Area and Severity Index] > 10) bei Kinderwunsch und in der Schwangerschaft gemäß aktueller S3-Leitlinie 2021 [6, 8]

Zukunftsmusik

Generell ist bei einer Systemtherapie in der Schwangerschaft der Nutzen einer reduzierten Entzündungsaktivität gegen das Risiko einer potenziell erhöhten Infektneigung abzuwägen. Hier könnten die Interleukin-Blocker wie Ustekinumab (Stelara®) vorteilhaft sein. Bemerkenswert ist: Patientinnen neigen unter dieser Therapie weniger zu Infekten als unter Therapie mit TNF-α-Hemmern. Dies konnte bei mehr als 700 Schwangeren festgestellt werden, die Ustekinumab erhielten [18]. Weitere Studien laufen zu Guselkumab (Tremfya®) in der Schwangerschaft. Die Datenbank Embryotox erfasst die Interleukin-Blocker zurzeit noch nicht. Zu beachten gilt zudem, dass die neueren Biologika längere Halbwertszeiten aufweisen sowie eine beträchtlich längere biologische Wirkung haben. Das könnte in der Schwangerschaft von Nachteil sein, weil eine rasche Elimination der Medikation bei Komplikationen nicht möglich ist [8]. Es bleibt also abzuwarten, ob auch Inter­leukin-Inhibitoren zukünftig für schwangere Psoriasis-Patientinnen zugelassen werden. |

Auf einen Blick

  • Grundsätzlich ist eine Schuppenflechte kein Ausschlusskriterium für eine Schwangerschaft.
  • Bereits bei Kinderwunsch sollte die Therapie optimal geplant werden, vor allem bei schwerer Psoriasis und notwendiger systemischer Behandlung.
  • Die Therapie schwangerer Psoriasis-Patientinnen erfordert interdisziplinäre Zusammenarbeit.
  • Für leichte Formen empfiehlt die aktuelle Leit­linie primär topische Corticosteroid-Präparate.
  • Systemisch stehen Ciclosporin und TNF-α-Blocker zur Verfügung, explizit Certolizumab.
  • Methotrexat, Acitretin, Fumarate und Apremilast sind bei Frauen mit Kinderwunsch sowie bei Schwangeren kontraindiziert.
  • Eine effektive Krankheitskontrolle stellt eine wichtige Voraussetzung für einen ungestörten Schwangerschaftsverlauf dar.

Literatur

 [1] Murase JE et al. Hormonal effect on psoriasis in pregnancy and post partum. Arch Dermatol 2005;141:601-606 doi: 10.1001/archderm.141.5.601

 [2] Takeshita J et al. Psoriasis and comorbid diseases: Epidemiology. J Am Acad Dermatol 2017;76:377-390 doi: 10.1016/j.jaad.2016.07.064

 [3] Cohen-Barak E et al. Pregnancy outcomes in women with moderate-to-severe psoriasis. J Eur Acad Dermatol Venereol 2011;25(9):1041-1047 doi: 10.1111/j.1468-3083.2010.03917.x

 [4] Lima XT et al. The impact of psoriasis on pregnancy outcomes. J Invest Dermatol 2012;132:85-91 doi: 10.1038/jid.2011.271

 [5] Witte F. Psoriasistherapie in der Schwangerschaft. Informationen von Universimed, www.universimed.com/de/article/dermatologie/psoriasistherapie-schwangerschaft-2223566 Stand September 2020

 [6] Nast A et al. Deutsche S3-Leitlinie zur Therapie der Psoriasis vulgaris, adaptiert von EuroGuiDerm, J Dtsch Dermatol Ges 2021, www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/013-001l_S3_Therapie-Psoriasis-vulgaris_2021-07.pdf Stand Februar 2021

 [7] Körber A et al. Topische Therapie bei Psoriasis vulgaris – ein Behandlungspfad. J Dtsch Dermatol Ges 2019;17 Suppl 4:3-14 doi: 10.1111/ddg.13810

 [8] Stephan B, Augustin M. Psoriasis und Schwangerschaft. Klinischer Algorithmus und Monitoring bei Systemtherapie. Hautarzt 2020;71:607-612 doi.org/10.1007/s00105-020-04607-1

 [9] Embryotox. Datenbank des Pharmakovigilanz- und Beratungszentrum für Embryonaltoxikologie der Charité – Universitätsmedizin Berlin, www.embryotox.de/ Abruf: 01.02.2022

[10] Fachinformationen der genannten Arzneimittel. Fachinformationsverzeichnis Deutschland. www.fachinfo.de Abruf: 15.12.2021

[11] Lienhard A. Evidenzbasierte topische Psoriasistherapie. Bericht zu einem Vortrag von Dr. Antonio Cozzio am 5. November 2015 zum Thema: Topische Therapie – ungeschlagen. www.rosenfluh.ch/media/arsmedici/2016/09/Evidenzbasierte-topische-Psoriasistherapie.pdf

[12] Schumacher B. Wie sicher sind topische Kortisonpräparate in der Schwangerschaft? hautnah dermatologie 2021;4:18–19 doi.org/10.1007/s15012-021-6703-z

[13] Andersson NW et al. Evaluation of Topical Corticosteroid Use in Pregnancy and Risk of Newborns Being Small for Gestational Age and Having Low Birth Weight. JAMA Dermatol 2021;157(7):788-795 doi: 10.1001/jamadermatol.2021.1090

[14] S3-Leitlinie zur Therapie der Psoriasis vulgaris 2021. Appendix A: “Topische Therapie, Phototherapie, Sonstige Therapien, Schnittstellendefinition“ Fortbestand der Empfehlungen vom Update 2015. www.awmf.org/fileadmin/user_upload/Leitlinien/013_D_Dermatologische_Ges/013-001a1_S3_Therapie-Psoriasis-vulgaris_2021-03.pdf

[15] Burmester GR et al. Adalimumab long-term safety: infections, vaccination response and pregnancy outcomes in patients with rheumatoid arthritis. Ann Rheum Dis 2017;76: 414-417 doi: 10.1136/annrheumdis-2016-209322

[16] Mariette X et al. Lack of placental transfer of certolizumab pegol during pregnancy: results from CRIB, a prospective, postmarketing, pharmacokinetic study. Ann Rheum Dis 2018;77(2):228-233 doi: 10.1136/annrheumdis-2017-212196

[17] Berthelsen BG et al. Etanercept concentrations in maternal serum, umbilical cord serum, breast milk and child serum during breast feeding. Rheumatology 2010;49(11):2225-2227; doi: 10.1093/rheumatology/keq185

[18] Mahadevan U et al. Su1799 – Pregnancy outcomes in women exposed to ustekinumab. Gastroenterology 2018;154(6):588-589 www.gastrojournal.org/article/S0016-5085(18)32145-0/pdf

[19] Gerste RD. Psoriasis: Psoriasis beeinflusst den Ausgang einer Schwangerschaft nicht wesentlich. Dtsch Ärztebl 2021;118(12):A-635/B-534

[20] Kimball AB et al. Pregnancy outcomes in women with moderate-to-severe psoriasis from the Psoriasis Longitudinal Assessment and Registry (PSOLAR). JAMA Dermatol 2021;157(3):301-306 doi:10.1001/jamadermatol. 2020.5595

[21] Lauer-Taxe® Online 4.0, Datenstand: 01.02.2022

[22] Winterhagen I. Cremt kranke Haut erscheinungsfrei: Tapiranof überzeugt als neuer Therapiekandidat bei Plaque-Psoriasis. DtschApothZtg 2022;162(3):24-25

Autorin

Dr. Ines Winterhagen
Fachapothekerin für Offizinpharmazie, Homöopathie und Naturheilkunde; Autorin für die DAZ und den Deutschen Apotheker Verlag.

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