Arzneimittel und Therapie

Psoriasis-Therapie: eine Frage des Alters?

Systemische Therapie kann auch bei Senioren sicher und wirksam sein

Bei mittelschwerer und schwerer Ausprägung einer Schuppenflechte zählen systemisch wirksame Arzneimittel zum anerkannten Therapiestandard. Doch wie sieht es mit der Behandlungseffizienz und möglichen Nebenwirkungen bei älteren Psoriasis-Patienten aus, gibt es hierfür ausreichende Studien?

Die Psoriasis ist eine immunologisch vermittelte Hauterkrankung, die mit geröteten, verdickten, von silbrig weißen Schuppen bedeckten Plaques einhergeht. Als hauptsächliche Erkrankungsursache gilt eine T-Zell-vermittelte Autoimmunreaktion mit überschießender Produktion von Tumornekrosefaktor alpha (TNF-α) und den Interleukinen (IL) 12, 17 und 23. Begleiterkrankungen wie Hyper­tonie, Dyslipidämie, Typ-2-Diabetes, metabolisches Syndrom, Adipositas, Morbus Crohn oder eine Psoriasis-Arthritis treten oft auch bei älteren Menschen auf, die infolge des chronischen Verlaufs der Hautkrankheit eine wachsende Patientengruppe darstellen. Hier müssen die therapeutischen Maßnahmen gut abgewogen werden. Die Datenlage zur Therapie von Patienten über 65 Jahren ist äußerst dürftig, und die Ergebnisse fallen zudem sehr heterogen aus. Speziell für diese Altersgruppe richtete ein Review auf Basis von 39.561 Patienten den Fokus nicht nur auf die Verträglichkeit verschiedener systemisch eingesetzter Psoriasis-Therapeutika, sondern auch auf deren Effektivität. Ermittelt wurde ein PASI-75-Ansprechen, das laut Psoriasis-Leitlinie das Therapieziel einer Schuppenflechte-Behandlung ist und einer 75%igen Verbesserung der Krankheitssymptome entspricht. PASI steht für Psoriasis Area and Severity Index und ist ein häufig verwendeter Score zur Ermittlung des Schweregrads einer Psoriasis.

Konventionelle Therapie schlägt bei 50% der Patienten an

Je nach ausgewerteter Studie wurde bei Patienten über 65 Jahre am Ende der Induktionsphase, also 12 bis 16 Wochen nach Therapiebeginn, zu 49% unter Methotrexat(MTX)-, 46 bis 53% unter Ciclosporin- und 27 bis 48% unter Acitretin-Behandlung ein PASI75 erreicht. Zwei Studien zeigten, dass die durchschnittliche effektive MTX-Dosis bei älteren Patienten niedriger lag als bei jüngeren, möglicherweise aufgrund der altersbedingten, eingeschränkten Nierenfunktion. Ob das Alter als Risikofaktor für einen durch MTX verursachten Anstieg der Leberwerte zählt, ist umstritten. Für Ciclosporin wurde generell ein Zusammenhang zwischen Nebenwirkungsrate und zunehmendem Alter festgestellt. So kam es bei älteren Menschen signifikant häufiger zu einer verschlechterten Nierenfunktion als bei jüngeren (33% vs. 9%). Unter Fumarsäureestern traten im höheren Alter vermehrt Lymphopenien auf.

Ansprechen auf Biologika sogar noch höher

Im Vergleich zu den konventionellen Systemtherapeutika wurde unter Biologika-Behandlung zu 16 bis 64% unter Etanercept (z. B. Enbrel®), 67 bis 93% unter Infliximab (z. B. Inflectra), 61 bis 65% unter Adalimumab (z. B. Humira®), 57% unter Ustekinumab (Stelara®) und 87% unter Secukinumab (Cosentyx®) ein PASI75 erzielt. Infektionen waren die am häufigsten berichteten unerwünschten Ereignisse in dieser Arzneimittelgruppe. Die Studienlage zum Auftreten vermehrter Lymphome unter TNF-α-Inhibitoren ist heterogen, das vorliegende Review zeigte keinen statistisch signifikanten Zusammenhang. Hingegen kam es unter Secukinumab bei Älteren zu vermehrten kardiovaskulären Beschwerden. Allerdings gilt es hier zu beachten, dass diese Patientengruppe bereits im Vorfeld unter häufigeren Herzerkrankungen litt.

Therapie unter Überwachung

Das Alter allein sollte kein limitierender Faktor für eine adäquate Psoriasis-Therapie sein, denn die bisher verfügbaren Studiendaten zeigen, dass das Ansprechen auf verschiedene systemisch wirksame Psoriasis-Arzneimittel nicht vom Alter beeinflusst wird. Für die Auswahl eines bestimmten Wirkstoffs sind vielmehr Komorbiditäten und Begleitmedikation zu berücksichtigen. Zu achten ist weiterhin auf eine angemessene Dosierung und regelmäßige Laborwertkontrollen (Blutbild, Leber-, Nierenfunktionswerte). Zwingend erforderlich sind zusätzliche Studien zu Wirksamkeit und Sicherheit von Certolizumab, Ixekizumab, Brodalumab, Guselkumab, Tildrakizumab und Risankizumab bei ­älteren Patienten sowie ein direkter Vergleich mit altersgleichen Kontrollpersonen. Genutzt werden könnte auch das nationale Psoriasis-Register PsoBest, welches die Wirksamkeit von Biologika und konventionellen Systemtherapeutika ermittelt sowie deren Langzeitsicherheit unter Alltagsbedingungen erfasst. |

Literatur

van Winden MEC et al. Effectiveness and ­Safety of Systemic Therapy for Psoriasis in Older Adults, JAMA Dermatol 2020 Aug 19; doi: 10.1001/jamadermatol.2020.2311

Nast A et al. AWMF-S3-Leitlinie zur Therapie der Psoriasis vulgaris Update 2017, AMWF-Register-Nr. 13-001, Stand 1. Oktober 2017

Apothekerin Dr. Ines Winterhagen

Das könnte Sie auch interessieren

Komorbiditäten leitliniengerecht behandeln

Eine Psoriasis kommt selten allein

Ein großes Arsenal von Arzneimitteln hemmt die Entzündungsprozesse

Wenn Psoriasis die Gelenke angreift

Risankizumab (Skyrizi®) drängt auf den heiß umkämpften Markt

Dritter IL-23-Antikörper gegen Psoriasis

Eingriff in das Immunsystem hat seinen Preis

Biologika bei Psoriasis

Secukinumab oder Ustekinumab weniger wirksam als in klinischer Studie

Psoriasis-Realität nicht abgebildet

Secukinumab und Ustekinumab

In Studien wirksamer als in Realität

Biologikum soll Plaque-Psoriasis schnell, langanhaltend und sicher behandeln

Die drei Versprechen von Bimekizumab

Leitlinien bieten Orientierung für die Therapie

Trotz Psoriasis sicher durch die Schwangerschaft

Mit Secukinumab ist das erste Biologikum zur First-line-Therapie zugelassen

Zytokinblockade bei Psoriasis

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.