Arzneimittel und Therapie

COVID-19-Impfungen in der Schwangerschaft sind unbedenklich

Aktueller Review schließt Datenlücke

Eine Schwangerschaft ist ein unabhängiger Risikofaktor für einen schweren Verlauf einer COVID-19-Erkrankung. Daher raten viele Institutionen, unter ihnen auch die STIKO und die WHO, schwangeren, postpartalen und stillenden Frauen zu einer Impfung. Da Schwangere von den ersten Impfstudien ausgeschlossen waren, hinkt das Wissen über Impfungen für werdende Mütter dem allgemeinen Wissensstand hinterher. Ein aktueller Review, der Immunogenität, Nebenwirkungen und perinatale Folgen der mütter­lichen COVID-19-Impfung untersucht, schließt diese Lücke.

Die Übersichtsarbeit wurde von einer US-amerikanischen Arbeitsgruppe verfasst. Ausgewertet wurden Studien, in denen eine SARS-CoV-2-Vakzine prä-, peri- oder postnatal verabreicht wurde. Die Fragestellungen beinhalteten meist die Wirksamkeit oder Immunogenität sowie Nebenwirkungen. Einige Arbeiten untersuchten das Risiko angeborener fötaler Anomalien oder das Auftreten perinataler Ereignisse. In den meisten Fällen wurden mRNA-Impfstoffe (BNT162b2 Comirnaty® von Biontech/Pfizer oder mRNA-1273 Spikevax® von Moderna) eingesetzt, in einigen wenigen Studien Vektor-Impfstoffe (Ad26.COV2.s Jcovden® von Janssen-Cilag, Johnson und Johnson oder ChAdOx1-S Vaxzevria® von AstraZeneca). Insgesamt wurden 83 Studien ausgewertet, die bis März 2022 publiziert worden waren.

Foto: Marina Demidiuk/AdobeStock

Für schwangere Frauen gilt die Impfung gegen SARS-CoV-2 als sicherste und wirksamste Möglichkeit, sich und die Babys vor schweren COVID-19-Erkrankungen zu schützen.

Robuste Immunantwort in der Schwangerschaft

Die Angaben zur humoralen und zellulären Immunantwort auf COVID-19-Impfstoffe in der Schwangerschaft beruhen auf Beobachtungsdaten aus 20 Studien, von denen die meisten die Immunogenität der Pfizer/Biontech-Vakzine (BNT162b2) bewerteten. Mehrere Studien zeigten eine robuste mütterliche Antikörperantwort auf die Impfung. Eine Kohortenstudie dokumentierte die humorale Immunität in der Schwangerschaft mit ähnlicher Immunogenität und Reaktogenität wie bei nicht schwangeren Frauen. Die durch den Impfstoff induzierten Antikörpertiter waren bei schwangeren und nicht schwangeren Frauen gleich. Einige Studien wiederum wiesen auf eine verringerte Immunogenität in der Schwangerschaft hin. Mehrere Studien dokumentierten eine stärkere mütter­liche Antikörperantwort auf eine Impfung als auf eine frühere Infektion.

In 16 Studien wurden nach Impfung der Mutter SARS-CoV-2-Antikörper im Nabelschnurblut festgestellt, was auf einen Schutz des Neugeborenen vor einer Infektion deutet. Darüber hinaus zeigten mehrere Studien eine positive Korrelation zwischen den Antikörperkonzentrationen im mütterlichen Serum und im Nabelschnurblut (plazentarer Antikörpertransfer). Der Grad des Schutzes des Neugeborenen durch Plazentatransfer von Antikörpern hängt wahrscheinlich von der mütterlichen Antikörperkonzentration ab. Diese wird wiederum vom Zeitpunkt der Impfung und der Geburt bestimmt. – Mehrheitlich zeigen die Studien zur immunogenität in der Schwangerschaft eine robuste Immunantwort auf die Impfung. Dasselbe gilt für die mütterliche Übertragung von Antikörpern auf das Neugeborene über das Nabelschnurblut.

Perinatales Outcome

26 Studien untersuchten mögliche perinatale Folgen einer SARS-CoV-2-Impfung in der Schwangerschaft. Sie kamen zum Schluss, dass die Gesamtraten unerwünschter perinataler Folgen nach einer Impfung der Mutter nicht erhöht war. Allerdings variieren die Raten für Frühgeburten, fötale Wachstumsrestriktionen, Kaiserschnittgeburten und Einweisungen in eine Neugeborenen-Intensivstation zwischen den Studien, was vermutlich den unterschiedlichen Patientenpopulationen geschuldet war. Im Vergleich mit Studien, an denen nicht geimpfte Schwangere teilnahmen, waren die Raten perinataler Ereignisse nicht signifikant erhöht. Eine große, in Schweden und Norwegen durchgeführte registerbasierte Studie verglich 28.506 geimpfte mit 129.015 ungeimpften Schwangeren im Hinblick auf die Parameter Früh- oder Totgeburt, fötale Wachstumsrestriktionen oder Aufnahme in eine neonatologische Intensivstation. Für keinen dieser Parameter wurde bei den geimpften Schwangeren ein erhöhtes Risiko festgestellt. Weitere Studien kamen zu demselben Ergebnis. Auch andere potenzielle Risiken wie das einer spontanen Fehlgeburt innerhalb von 28 Tagen nach der Impfung, einer fötalen Anomalie nach der Impfung der Mutter sowie einer Tot- oder Frühgeburt waren nicht erhöht.

Kein auffälliges Nebenwirkungsprofil

In zwölf Studien wurden Nebenwirkungen nach einer Impfung der Schwangeren festgehalten. Im Hinblick auf Art und Häufigkeit unerwünschter Wirkungen wurden keine Besonderheiten registriert. Das Nebenwirkungsprofil war bei Schwangeren und nicht Schwangeren ähnlich; die häufigsten Symptome waren Schmerzen an der Injektionsstelle, Müdigkeit, Kopfschmerzen und Myalgien. Schwangere Impflinge berichteten häufiger über Fieber und gastrointestinale Symptome, was möglicherweise auf unterschiedliche physiologische Reaktionen während der Schwangerschaft zurückzuführen war. In der Summe zeigten sich keine Hinweise auf erhöhte Zahl an Nebenwirkungen oder Sicherheitsbedenken bei der Anwendung von COVID-19-Impfstoffen in der Schwangerschaft.

Wie viele Schwangere sind geimpft?

Obwohl eine Schwangerschaft mit einem höheren Risiko für einen schweren Verlauf einer COVID-19-Erkrankung verbunden ist, wird global keine einheitliche Impfempfehlung ausgesprochen. Laut dem COVID-19 Maternal Immunization Tracker (COMIT, www.comitglobal.org), einer Website, die weltweit Informationen zu Impfempfehlungen für Schwangere und Stillende bereitstellt, sprechen sich 113 Länder für die Impfung schwangerer oder stillender Frauen aus, während in elf Ländern ausdrücklich von einer Impfung in dieser Bevölkerungsgruppe abgeraten wird (Stand: August 2022). Wahrscheinlich schwankt auch die Prävalenz der geimpften schwangeren Frauen erheblich. Einer Schätzung des US Vaccine Safety Datalink zufolge waren bis März 2022 nur 69,4% der schwangeren Frauen im Alter von 18 bis 49 Jahren vor oder während der Schwangerschaft vollständig gegen SARS-CoV-2 geimpft.

Wer lässt sich impfen?

Im Review wurde auch der Frage nachgegangen, welche individuellen Kriterien für oder gegen eine Impfung sprechen. Zu dieser Thematik konnten die Autoren auf 42 Artikel zurück­greifen. Ein höheres Alter der Mutter, bessere Bildung, bereits erhaltene Grippeimpfungen, Vertrauen in das Gesundheitssystem, das wahrgenommene Risiko einer COVID-19-Erkrankung, urbanes Leben und ein höherer sozioökonomischer Status waren mit einer positiven Bereitschaft zur Impfung assoziiert. Zu den Faktoren, die mit einer geringeren Wahrscheinlichkeit einer Impfung während der Schwangerschaft in Verbindung gebracht wurden, gehörten ein jüngeres Alter, eine geringe Bildung, ein schwacher sozioökonomischer Status sowie eine ablehnende Haltung gegenüber einer Grippeimpfung. Am geringsten war die Impfakzeptanz in Russland, den USA und Australien. Die höchste Akzeptanz wurde in Indien, auf den Philippinen und in Ländern Lateinamerikas verzeichnet. Zu den stärksten Prädiktoren für die Akzeptanz von Impfungen gehörten das Vertrauen in die Sicherheit und Wirksamkeit von Impfstoffen, Angst vor einer COVID-19-Erkrankung, die Einhaltung von Maskenrichtlinien, das Vertrauen in öffentliche Gesundheitsbehörden und die Einstellung zu Routine­impfungen. |
 

Literatur

Badell ML et al. Covid-19 vaccination in pregnancy. BMJ 2022;378:e069741, doi: 10.1136/bmj-2021-069741

Skjefte M et al. COVID-19 vaccine acceptance among pregnant women and mothers of young children: results of a survey in 16 countries. Eur J Epidemiol 2021;36(2):197-211, doi: 10.1007/s10654-021-00728-6

Vaccine policies for pregnant and lactating people worldwide. www.comitglobal.org/

Vaccine Safety Datalink (VSD). Informationen der Centers for Disease Control and Prevention (CDC), www.cdc.gov/vaccinesafety/ensuringsafety/monitoring/vsd/index.html

Apothekerin Dr. Petra Jungmayr

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