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Management

Die Apotheke erfolgreich veräußern

Teil 2: Wertermittlung und Vermarktung

Der Verkauf einer Apotheke ist für Verkäufer und Käufer gleichermaßen eine Heraus­forderung. Einen adäquaten Preis zu finden, der betriebswirtschaftlich sinnvoll ist und gleichzeitig die persönlichen Interessen beider Parteien berücksichtigt, erfordert Wissen, Erfahrung und Verhandlungsgeschick zugleich. Für eine objektive Wertermittlung gibt es eine Reihe von verschiedenen Methoden – am Markt etabliert hat sich das Ertragswertver­fahren. Der zweite Teil unserer kleinen Serie befasst sich mit den gängigen Wertermittlungsverfahren und wichtigen Aspekten für die Vermarktung.

Nach der Zusammenstellung der relevanten Informationen und einer ersten groben Bewertung, wie in Teil 1 in AZ 2020, Nr. 28, S. 6 beschrieben, erfolgt die konkrete Wertermittlung der Apotheke. Besonders wichtig dabei ist, dass man sich als Verkäufer folgende Fragen stellt: Rechnet sich der Kauf aus wirtschaftlicher Sicht für den Käufer? Welcher Ertrag kann nachhaltig durch den Käufer generiert werden? Um den effektiven Gewinn der Apotheke zu erhalten, werden vom Gesamtumsatz alle Kosten und ein fiktiver Unternehmerlohn abgezogen. Der Restbetrag (effektiver Gewinn) stellt das „Budget“ dar, aus dem der Käufer den Kaufpreis über die folgenden Jahre verteilt begleichen muss. Als Faustformel sollte die Dauer aus Käufersicht nicht mehr als zehn Jahre betragen.

In dieser dreiteiligen Artikel­serie zeigen wir Ihnen, wie Sie als Apotheker Ihr Lebenswerk erfolgreich verkaufen können und welche Steuer­gestaltungsmöglichkeiten es dabei gibt.

  • In Teil 1 ging es um einen allgemeinen Überblick sowie die Grundlagen und Vor­bereitungen des Verkaufs. (AZ 2020, Nr. 28, S. 6)
  • Im 2. Teil der Serie erfahren Sie alles zur Wertermittlung und Vermarktung.
  • Verhandlungen, Gestaltung und Vertragsabschluss bilden Teil 3 der Serie.

Die oben genannten Fragen werden sich auch die potenziellen Käufer stellen, denn nur wenn sie in der Zukunft in der Lage sind, mit der Apotheke finanzielle Überschüsse zu erzielen, werden sie ein Interesse am Kauf haben. Wenn man sich als Verkäufer bei der Wertermittlung dieser beiden Fragen bewusst ist, bekommt man eine realistische Vorstellung zum Wert der Apotheke und eine gesunde Erwartungshaltung.

Neben den harten Faktoren wie z. B. Finanzzahlen, Wettbewerbssituation bzw. Marktaussichten, die alle objektiv messbar sind, spielen auch weiche Faktoren eine Rolle bei der Wertermittlung. Zu den weichen Faktoren zählen das Personal oder die Kunden- und Lieferantenbeziehung. Eine objektive Wertbestimmung ist hier meistens eher schwierig. Allerdings können sie spätestens bei der Verhandlung um den Verkaufspreis noch von großer Bedeutung sein.

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Mit dieser Methode wird es nichts Eine gute Wertermittlung, deren Blick in die Zukunft auf ganz realen Fakten basiert, wird am besten von einem Experten durchgeführt. Er kennt die unterschiedlichen Verfahren und die Lage in der Branche.

Gängige Verfahren zur Wertermittlung

Verschiedene Verfahren werden zur Einschätzung des Unternehmenswertes genutzt. Zunächst sei ein Einzelbewertungsverfahren beschrieben.

  • Substanzwertverfahren

Beim Substanzwertverfahren wird der Wert des vorhandenen Vermögens des Unternehmens berechnet. Dabei wird der Preis ermittelt, den es kosten würde, das Unternehmen in seiner jetzigen Form neu zu errichten. Hierbei werden Wiederbeschaffungskosten sowohl für materielle als auch immaterielle Vermögensgegenstände berücksichtigt. Immaterielle Vermögensgegenstände sind beispielsweise Kundenbeziehungen oder Wissen von Mitarbeitern. Hierbei erfolgt in der Regel eine Schätzung.

Das Verfahren ist in Teilen relativ simpel und kostengünstig durchzuführen, allerdings werden zukünftige Entwicklungen, Ereig­nisse und Erwartungen völlig außer Acht gelassen. Daher sollte es nur ergänzend angewendet werden.

Bei den im Folgenden beschriebenen Methoden handelt es sich um Gesamtbewertungsverfahren.

  • Ertragswertmethode

Die Ertragswertmethode berechnet den Unternehmenswert aus dem Erfolg, der sich zukünftig mit dem Unternehmen erzielen lässt. Nicht Umsätze, Kosten und Renditen der Vergangenheit sind Kriterien der Veräußerbarkeit und des Kaufpreises, sondern die der Zukunft. Hierzu muss die Apotheke mit ihren gesamten vorhandenen Standortfaktoren einer Analyse unterzogen werden. Auf Basis der Erkenntnisse wird unter Berücksichtigung von Branchenwissen, Erfahrungen sowie Chancen und Risiken eine Aussage über die voraussichtliche Entwicklung der Apotheke gemacht.

Die Berechnung des Ertragswerts wird aus dem erwarteten zukünftigen Gewinn des Unternehmens sowie einem Kapitalisierungszinssatz vorgenommen. Der Kapitalisierungszinssatz setzt sich aus einem Basiszinssatz, der mit der Verzinsung einer alternativen risikolosen Kapitalanlage gleichzusetzen ist, sowie einem Risikozuschlag und weiteren Zuschlägen, wie einem Abzug für Inflationsschutz oder einem Immobilitäts­zuschlag, zusammen. Bei der Bewertung von Apotheken wird im Allgemeinen ein Kapitalisierungszinssatz in Höhe von 10 bis 13 Prozent verwendet. Die Wertermittlung erfolgt nach der Formel künftiger Ertragsüberschüsse × 100 / Kapitalisierungszins. Durch die lange Niedrigzinsphase geht die Tendenz eher zum niedrigeren Kapitalisierungszinssatz. Er kann aber auch durchaus unter die 10 Prozent rutschen.

Dieses Verfahren hat sich am Markt für Apotheken etabliert und wird seit vielen Jahrzehnten erfolgreich zur Wertermittlung herangezogen. Andere Verfahren sollte man zur Findung eines korrekten Werts aber nicht außer Acht lassen.

  • Discounted-Cashflow-Verfahren

Das Discounted-Cashflow-Verfahren (DCF-Verfahren) versucht, den Unternehmenswert aus Zahlungsüberschüssen zu ermitteln, die das Unternehmen zukünftig erzielt. Es wird zwischen Netto- und Brutto-Ansatz unterschieden. Beim Netto-Ansatz werden für die Abzinsung der Cashflows die Eigenkapitalkosten gewählt. Beim Brutto-Ansatz werden die Cashflows mit dem gewichteten durchschnitt­lichen Kapitalkostensatz abgezinst. Dieser berücksichtigt zusätzlich die Renditeerwartungen der Unternehmensinhaber und Fremd­kapitalgeber und somit auch die Kapitalstruktur des Unternehmens. Diese Methode wird grundsätzlich in der Unternehmensbewertung favorisiert, aber in vielen Branchen hat sich trotzdem das Ertragswertverfahren, manchmal in diversen Varianten, durchgesetzt, so auch bei Apotheken.

  • Mulitplikatorverfahren

Beim Multiplikatorverfahren wird der Unternehmenswert anhand der Bewertung von ähnlichen Unternehmen hergeleitet. Hierfür werden Unternehmenskennzahlen, z. B. Umsatz, EBITDA oder EBIT mit einem Multiplikator multipliziert. Beispielsweise könnte der Faktor auf den Jahresumsatz bei einer erfolgreichen Apotheke bei 0,35 liegen und bei einer schwachen Apotheke bei 0,15. Die größte Herausforderung dabei ist, dass die Strukturen der Apotheken sehr unterschiedlich sind und das Verfahren von Durchschnittswerten der in der Vergangenheit realisierten Marktwerte ausgeht. Der Einfluss, den das Versorgungsprofil einer Apotheke hat (Höhe und Zusammensetzung nach Bar-, PKV- und GKV-Erlösen; Mengen-Preis-Struktur) wird bei dieser Vorgehensweise nicht ausreichend berücksichtigt.

Da dieses Verfahren, auch Prak­tikermethode genannt, eher als grobe Orientierung dient, sollte es nicht für die konkrete zukunftsorientierte Wertermittlung verwendet werden.

Es handelt sich hierbei um keine anerkannte Bewertungsmethode. Man sollte diese maximal als Ergänzung und zur Kontrolle der ermittelten Werte heranziehen.

Warenlager separat analysieren

In der Praxis hat sich in vielen Fällen eine modifizierte Ertragswertmethode durchgesetzt, bei der der Wert in zwei Stufen ermittelt wird. Im ersten Schritt wird das Ertragswertverfahren angewendet, um den Firmenwert zu bestimmen. Hierbei wird das Warenlager nicht mit in die Bewertung aufgenommen. Mit der Substanzwertmethode wird dann im zweiten Schritt ausschließlich das Warenlager bewertet. Aus den Ergebnissen beider Bewertungen ergibt sich dann der Wert der Apotheke.

Warum diese „doppelte Bewertung“? Das Warenlager einer Apotheke kann aufgrund der Fülle der Artikel, der Verfallszeit der Medikamente usw. bei einer globalen Betrachtung deutlich vom realen Wert abweichen. Sollte z. B. ein wesentlicher Bestandteil der Artikel nach der Veräußerung der Apotheke nicht fristgerecht verkauft werden können, so fallen die damit verbundenen Kosten voll auf den Käufer zurück. Aus diesem Grund halten wir es für sehr wichtig, das Lager exakt zu analysieren und den Wert separat zu bestimmen. Mithilfe der Warenwirtschaftssysteme, die in fast allen Apotheken vorhanden sind, ist dies relativ leicht möglich.

Der ermittelte Wert kann anschließend über die anderen Unternehmensbewertungsmethoden verprobt werden. Durch den Vergleich mit dem Wert von weiteren am Markt angebotenen Apotheken zeigt sich, ob es möglich ist, den veranschlagten Preis tatsächlich zu erzielen.

Neben den harten Faktoren zur Wertermittlung ist speziell der Mietvertrag bzw. die Immobilie der Apotheke eine wichtige Posi­tion für die Kaufpreisbestimmung bzw. Vertragsverhandlung. Ein möglichst lang ausgelegter Mietvertrag stellt für den potenziellen Käufer eine zusätzliche Sicherheit dar. Sollte die Immobilie sogar zum Verkauf stehen, so verbessert sich die langfristige Planbarkeit und es ergeben sich weitere Gestaltungsmöglichkeiten für den Käufer.

Der Fachmann ist wichtig

Für die Wertermittlung sind Fachkompetenz und Erfahrung wichtig. Für die meisten Apotheker empfiehlt es sich aufgrund der Komplexität der Aufgabenstellung, in jedem Falle einen erfahrenen Experten mit der Bewertung der Apotheke zu beauftragen. Spezialisierte Steuer- oder Branchenberater kennen die Situation und die Entwicklungstendenzen genau. Zudem sind sie mit den Verfahren vertraut und können die branchenspezifischen Besonderheiten bei der Ermittlung des zukünftigen Apothekenertrags verlässlich darstellen. Auch wenn Sie als Apotheker selbst die notwendige Wertermittlung vornehmen wollen, so sollten Sie auf jeden Fall einen erfahrenen Experten hinzuziehen, um die Ergebnisse überprüfen zu lassen.

Kaufinteressenten finden

Im Anschluss an die Wertermittlung geht es darum, einen Käufer zu finden, der bereit ist, den ermittelten Preis zu bezahlen. Hierbei müssen zunächst potenzielle Kaufinteressenten recherchiert werden, die infrage kommen könnten. Käufer erreicht man entweder durch Eigeninitiative oder per Annonce. Potenzielle Käufer werden zunächst in einer Longlist erfasst, die sich im Verlauf des Auswahlverfahrens zu einer Shortlist verkürzt.

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, um einen Käufer zu finden.

  • Käufernetzwerk: Zu direkten Kontakten zählen Lieferanten, Kunden, Wettbewerb und andere Geschäftspartner aus dem Umfeld. Diese können beim Verkauf der Apotheke als potenzielle Multiplikatoren in Betracht gezogen werden.
  • Kontaktierungslisten: Eine weitere Möglichkeit sind Kontaktierungslisten. Diese basieren auf ausführlichen Recherchen und bestehen beispiels­weise aus den Wettbewerbern eines Unternehmens aus einer bestimmten Region.
  • Inserate: Das Aufgeben einer Anzeige, beispielsweise in einem Fachmagazin, kann ebenfalls mögliche Käufer ansprechen. Das Inserat sollte die ­wichtigsten Fakten über die zum Verkauf stehende Apotheke enthalten. Zudem werden Zielgruppen aus der Apotheken­branche erreicht, die die Anzeige mög­licherweise an Bekannte weitergeben.

Je nachdem, wie diskret der Verkauf ablaufen soll, kann man sich auf die ersten zwei Möglichkeiten beschränken oder die dritte in Betracht ziehen. Es kann ebenfalls sinnvoll sein, einen Vermittler zu Hilfe zu nehmen. Solche Makler bringen Käufer und Verkäufer zusammen. Sie verfügen über große Netzwerke und ausführliche Kontaktierungslisten, aus denen Käufer gesucht werden können.

Nach einer Auflistung der möglichen Käufer aus dem Käufernetzwerk und den Kontaktierungs­listen kann ein Teaser erstellt werden. Dieser enthält auf ein bis zwei Seiten die wichtigsten Informationen über das Unternehmen und soll ein Kaufinteresse wecken. Er wird an die potenziellen Käufer versendet. Der Teaser ist meist anonym und soll das generelle Interesse vorab prüfen.

Bei einer aufgegebenen Anzeige melden sich Interessenten selbstständig.

Bekunden mögliche Käufer Inte­resse, wird das Information Memorandum, welches ausführ­lichere und detaillierte Angaben beinhaltet, versendet. Vorher sollte eine Geheimhaltungsvereinbarung zwischen dem potenziellen Käufer und dem Verkäufer abgeschlossen werden, die Regelungen zu vertraulichen Dokumenten, Verhandlungen und Ergebnissen beinhaltet. Das In­formation Memorandum sollte so gestaltet sein, dass der potenzielle Käufer nach dem Lesen in der Lage ist, ein unverbindliches Angebot für den Kauf der Apotheke abzugeben. Wichtige Bestandteile sind daher unter anderem die Finanzen, die Positionierung etc.

Die richtige Ansprache und ein gutes Timing sind essenziell für eine erfolgreiche Vermarktung. Kaufinteressenten können postalisch, telefonisch oder per Mail kontaktiert werden. Die Entscheidung liegt beim Verkäufer. Um Verzögerungen im Verkaufsprozess zu vermeiden, sollte die Kontaktaufnahme zu den möglichen Käufern parallel erfolgen. Dies stärkt ebenfalls die Verhandlungsposition.

Damit es nicht zu Fehlern und Verzögerungen kommt, sollten ­sowohl die Wertermittlung als auch die Vermarktung gründlich vorbereitet und durchgeführt werden. Eine unstrukturierte Käuferansprache ist wenig zielführend. Die Gestaltung der Verkaufsunterlagen hat ebenso einen signifikanten Einfluss auf den Erfolg des Verkaufs.

Im besten Fall gibt es nach der Versendung des Information Memorandums noch mehrere Interessenten, die einen Kauf der Apotheke in Betracht ziehen. Im Zuge der sogenannten Due Diligence ermittelt der Kaufinte­ressent für ihn wichtige Daten über das Unternehmen und gibt anschließend seinerseits einen Vorschlag für einen Kaufpreis ab. In einem weiteren Schritt geht es nun darum, mit den Interessenten in Verhandlung zu gehen und zu prüfen, ob sich Übereinstimmungen bezüglich eines Kaufpreises und aller weiteren Faktoren des Kaufvertrags finden lassen. Mehr dazu lesen Sie in einer der nächsten Ausgaben der AZ. |

Steuerberater Hubert Gernoth, Fachberater für den Heilberufbereich

Dipl.-Kaufmann Nicolas Dongus, Steuerberater für Apotheken, www.apo-stb.de

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