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Das Don-Corleone-Prinzip

Foto: DAZ/Kahrmann
Dr. Armin Edalat, Chefredakteur der DAZ

Zwischen Koalitionsvertrag und SPD-Mitgliederentscheid dreht sich das Personalkarussell für die nächste Bundesregierung weiter. Angela Merkel präsentierte am vergangenen Wochenende die sechs CDU-Ministerkandidaten. Ihren bekanntesten Kritiker und zugleich Wortführer der Konservativen Jens Spahn warf sie kurzerhand ins „Haifischbecken der Gesundheitspolitik“. Eine Entscheidung, die parteiübergreifend und in den Medien für reichlich Gesprächsstoff sorgte – nicht nur, dass Angela Merkel innerhalb kurzer Zeit wichtige Richtungsentscheidungen getroffen hat, sondern auch, inwiefern die nominierten Minister ihre Rollen in der Großen Koalition ausfüllen werden.

Im Fall Spahn ging es dabei gar nicht so sehr darum, ob er für das Ressort Gesundheit geeignet wäre – von 2009 bis 2015 war er immerhin gesundheitspolitischer Sprecher der Unionsfrak­tion und bereits davor an wichtigen Entscheidungen beteiligt. Regelmäßig positioniert er sich darüber hinaus zu innen-, finanz-, wirtschafts-, sozial- und gesellschaftspolitischen Themen. In vielen Fragen ist er konservativer als Merkel (z. B. Integrationspolitik), in anderen wiederum entschieden liberaler (z. B. Ehe für alle). Manche sehen darin ein Nischendasein, das ihn „anders“ oder sogar „besser“ macht. Ob es ein geschickter Schachzug der Kanzlerin war, ihren schärfsten Widersacher an den Kabinettstisch zu holen, wird sich zeigen. Genauso, ob es nicht konsequent gewesen wäre, wenn Spahn das Angebot abgelehnt hätte.

Auch die Apotheker richten ihre Aufmerksamkeit auf die Finten und Finessen des neuen Gesundheitsministers. Spahn ist für den Berufsstand kein Unbekannter: Zwischen 2006 und 2010 besaß er zusammen mit DocMorris-Vorstandsmitglied Max Müller eine Lobby-Agentur. Die genauen Finanz­beteiligungen und Interessenkonflikte blieben lange im Verborgenen.

Und als sich vor zehn Jahren abzeichnete, dass der Europäische Gerichtshof über das deutsche Fremd- und Mehr­besitzverbot urteilen werde, plädierte Spahn für eine Vorwärtsstrategie und eine Liberalisierung des geltenden Apothekenrechts. Für ihn sei der Grundsatz des „Apothekers in seiner Apotheke“ „nostalgisch“, und Einwände gegen Ketten hätte er keine („Der Service kann noch besser werden“). Diese Aussagen relativierte Spahn, nachdem der Europäische Gerichtshof entschieden hatte, das deutsche Apothekenwesen sei sehr wohl mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar. Ein fader Nachgeschmack blieb den Apothekern aber trotzdem.

Doch Jens Spahn weiß die Qualifikation und Bedeutung der Apotheker für die flächendeckende Arzneimittelversorgung mittlerweile auch zu schätzen. Er betont, dass er sich mehrfach für das Fremd- und Mehrbesitzverbot ausgesprochen hat und eine weitere Debatte über alternative Szenarien dank des Urteils nicht notwendig sei.

Sollte es zu einer Großen Koalition mit Spahn als Gesundheitsminister kommen, wird er sich sowohl politisch als auch persönlich neu definieren müssen. Seine Erfolge wird man dann nicht mehr nur an Worten, sondern auch an Taten messen.

Die Kanzlerin hat es wie Don Corleone aus dem Film „Der Pate“ gemacht, so die Frankfurter Allgemeine Zeitung: Spahn wurde ein Angebot gemacht, das er offensichtlich nicht ablehnen konnte. Dadurch hat sie ihn stärker an sich gebunden als so manche Parteifreunde. Hoffentlich wird dieses Prinzip im Sinne des Koalitionsvertrages von Erfolg gekrönt sein und auch die Erwartungen der Apotheker an die neue Bundesregierung erfüllen.

Armin Edalat

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