Gesundheitspolitik

Schachern um den Preis

Handelsblatt-Autorin berichtet über USA-Erfahrungen

TRAUNSTEIN (cha) | Das Handelsblatt sieht sich normalerweise an vorderster Front, wenn es darum geht, den Rx-Versand zu verteidigen oder angebliche Privilegien der Apotheker zu kritisieren. Ganz andere Töne kamen kürzlich von einer Autorin, die mit der freien Preisgestaltung bei Arzneimitteln in den USA ihre eigenen Erfahrungen machte.

Nach einer allergischen Reaktion sollte die New Yorker Handelsblatt-Korrespondentin Katharina Kort ständig einen Epipen bei sich tragen. Die verordnende Ärztin warnte sie schon, dass sie nicht zu viel dafür zahlen sollte. „Nicht zu viel“ erwies sich schon bald als relativ. Bei Duane Reade, einer Kettenapotheke gleich neben ihrem Büro, sollte Kort 750 Dollar bezahlen und verzichtete dankend. Über ihre Ärztin bekam sie dann Kontakt zu einer Versandapotheke, die eine gleichartige Spritze einer anderen Marke deutlich günstiger besorgen sollte. Doch als feststeht, dass sie Selbstzahlerin ist, wird ihr der volle Preis von 4000 Dollar genannt. Ein anderes Generikum, das die Apothekenkette CVS im Angebot hat, ist in der gesamten Stadt nicht verfügbar.

Schließlich landet Kort bei einer kleinen, unabhängigen Apotheke in ihrer Brooklyner Nachbarschaft. Und „zum Schnäppchen-Preis von 350 Dollar“ sichert sie sich eine Generikaversion ihres „neuen potenziellen Lebensretters“. Das Preisspektrum reichte somit für das gleiche Medikament von 350 bis 4000 Dollar.

Dabei verweist die Autorin darauf, dass in den USA nur Selbstzahler „die absurde, volle Summe“ zahlen. Die Versicherer dagegen verhandeln mit den Apothekenketten andere Preise bzw. lassen sie von sogenannten Pharmacy Benefit Managers (PBM) verhandeln. Die Apotheken haben natürlich zuvor auch mit den Pharmaherstellern die Preise verhandelt. „Es gibt also Tausende Menschen, die in den USA dafür bezahlt werden, Pharmapreise zu verhandeln“, stellt Kort ernüchtert fest. Dazu kommen Millionen Kunden, die unentgeltlich um den besten Preis für ihre Medizin schachern müssen, da auch mit Versicherung die Zuzahlungen für die Medikamente extrem variieren können.

Bei ihrem Epipen sei das alles nicht wirklich ein Problem, so das Fazit von Kort. Aber sie frage sich ernsthaft, „wie man sich als Krebskranker fühlt, wenn man ­zusätzlich zur schweren Krankheit auch noch mit Apothekern verhandeln muss“. |

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