Epipen in den USA

Lebenswichtiges Arzneimittel wird unbezahlbar

Stuttgart - 31.08.2016, 16:30 Uhr

Für diese Packung müssen Patienten in den USA in der Apotheke 600 Dollar auf denTisch legen. (Foto: Mylan)

Für diese Packung müssen Patienten in den USA in der Apotheke 600 Dollar auf denTisch legen. (Foto: Mylan)


Das Thema Arzneimittelpreise hat es bis in den US-Präsidentschaftswahlkampf geschafft. Hillary Clinton hatte öffentlich den hohen Preis des Adrenalin-Autoinjektors Epipen kritisiert. Der war seit 2004 um mehr als 400 Prozent gestiegen. Einige Patienten können sich das lebenswichtige Arzneimittel nicht mehr leisten. 

„Es ist falsch, wenn Pharmafirmen den Profit über den Patienten stellen und Preise ohne Rechtfertigung anheben.“ Hillary Clinton ist vielleicht die prominenteste, aber nicht die einzige Kritikerin der Preispolitik des Pharmaherstellers Mylan. Verschiedenen US-Medien, darunter die New York Times, hatten das Thema in der vergangenen Woche aufgegriffen.

Was war passiert? Die Firma Mylan hatte den Preis für ihren Adrenalin-Autoinjektor innerhalb weniger Jahren fast verfünffacht. Eine 2er-Packung des im Notfall lebensnotwendigen Arzneimittels kostet in den USA derzeit etwa 600 US-Dollar. 2005 war sie noch für 100 US-Dollar zu haben, 2011 für 165. Zum Vergleich: In Deutschland kostet Fastjekt, das Epipen-Pendant, in der Doppelpackung etwa 150 Euro. Die Herstellungskosten sollen sich angeblich auf wenige Dollar belaufen, schreibt der Fernsehsender CNBC auf seiner Internetseite. Die Firma rechtfertigt den Anstieg mit wichtigen Produkteigenschaften und dem Benefit durch das Arzneimittels. 

Mit Marketingkampagne die Nachfrage erhöht

Gleichzeitig hatte Mylan den Absatz seines Arzneimittels kräftig angekurbelt. In einer großangelegten Kampagne wurde über das Risiko, das von einem allergischen Schock ausgeht, und die Effektivität von Epipen in solchen Situationen „informiert“. 2013 wurde schließlich der „School Access to Emergency Epinephrine Act“ unterzeichnet. Dieser ermöglicht die finanzielle Förderung von Bundesstaaten, die Schulen ermutigen, Adrenalin-Injektoren vorrätig zu halten und die notwendigen Gesetzesgrundlagen dafür schaffen. In elf Staaten sind Schulen sogar verpflichtet, die Arzneimittel zu haben. Aufgrund der geringen Haltbarkeit, müssen die Epipens alle zwölf Monate ersetzt werden. So stiegen die Absätze und gleichzeitig die Preise.

Zwar erhielten viele Schulen die Pens umsonst oder zu deutlich reduzierten Preisen – dazu wurde 2012 das „EpiPen4Schools“-Programm ins Leben gerufen. Um in den Genuss der Rabatte zu kommen, hätten sich die Schulen aber an die Firma Mylan binden müssen, schreibt das Portal „STAT“. Für ein Jahr war es den Einrichtungen angeblich nicht erlaubt, auf ein Konkurrenzprodukt zu wechseln. Zumal es ohnehin kaum Konkurrenz gibt. Sanofi musste sein Präparat 2015 vom Markt nehmen, der Zulassungsantrag von Teva für ein Generikum wurde abgelehnt. So ist im Moment Adrenaklick der einzige Wettbewerber. Dieser wird aber von der FDA nicht therapeutisch äquivalent erachtet. Epipen und Adrenaklick sind also nicht austauschbar. Der Marktanteil von Mylan soll sich auf über 90 Prozent belaufen. 



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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