Prisma

Ultraschall beschleunigt Resorption

Minimale Druckstöße durchlöchern die Barriere

cae | Die Schleimhaut des Kolons ­resorbiert Arzneistoffe schneller, wenn sie mit Ultraschall bestrahlt wird. Der Effekt wurde bei Mäusen und Schweinen nach­gewiesen.
Grafik: Christine Daniloff/MIT

Ultraschallwellen verursachen bei einer Flüssigkeit (rosa) im Darmlumen transiente Kavitationen (grün). Wenn diese an der Darmwand zerplatzen, ermöglichen sie dort die ­Resorption von Arzneistoffen.

Biotechnologen am Massachusetts ­Institute of Technology in Cambridge, USA führten zuerst In-vitro-Versuche am Schweinedickdarm mit wässrigen Lösungen sowohl von Insulin als auch von Mesalazin, also einem höhermolekularen und einem niedermolekularen Arzneistoff, durch. Beide Stoffe drangen während einer Ultraschallbestrahlung schneller in das Darmgewebe ein als ohne diese Maßnahme, was sich physikalisch erklären lässt: Die Ultraschallwellen bewirken starke Druckschwankungen in der Flüssigkeit. ­Dabei bilden sich während der Druckminima vorübergehend mikroskopisch kleine Blasen oder Hohlräume (transiente Kavitationen), die mit Wasserdampf gefüllt sind und gleich danach aufgrund des wieder gestiegenen Wasserdrucks implodieren. Bei den an der Grenzfläche von Flüssigkeit und Darmwand liegenden Blasen verursacht die Implosion einen gegen die Darmwand gerichteten Druckstoß, sodass diese ­ihre Barrierefunktion kurzfristig und reversibel einbüßt; dabei werden die Arzneistoffmoleküle resorbiert. – Die Druckstöße beschädigten das Gewebe in keiner Weise.

Anschließend folgten zwei Tierversuchsserien: Drei Mäusegruppen mit Colitis ulcerosa erhielten zwei Wochen lang Mesalazin rektal und kurz darauf eine Sekunde Ultraschall: entweder jeden Tag oder jeden zweiten Tag oder aber gar nicht. Eine Besserung der Symptomatik trat nur in den ersten beiden Gruppen ein. Auch bei Schweinen zeigte sich ein positiver Effekt des Ultraschalls: Rektal appliziertes Insulin senkte den Blutzuckerspiegel nur in Kombination mit Ultraschall.

Nach Angaben der Autoren ist die ­Ultraschalltechnik noch nicht so weit entwickelt, um sie in einer klinischen Studie zu prüfen. Sie wollen sie daher vorerst weiterhin in Tierversuchen testen, indem sie sie mit verschiedenen anderen Arzneistoffen kombinieren, z. B. auch mit Krebstherapeutika. |

Quelle

Schoellhammer C, et al. Ultrasound-mediated gastrointestinal drug delivery. Sci Transl Med 2015;7:310ra168

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.