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Ehegattensplitting erweitern oder ganz abschaffen?

Fehlanreize führen zu Altersarmut

Aktuell wird eine komplette steuerliche Gleichstellung von homosexuellen eingetragenen Lebenspartnerschaften mit heterosexuellen Ehepaaren diskutiert. Dabei verlangt unter anderem die FDP, dass lesbische und schwule Paare auch vom Ehegattensplitting profitieren sollen. Dabei wäre dies eher ein Anlass, diesen „Steuer-Zopf“ endlich ganz abzuschneiden. Denn er setzt falsche Anreize auf dem Arbeitsmarkt und verstärkt langfristig die Altersarmut insbesondere von Frauen.

Die vom Bundesverfassungsgericht aktuell für die Grunderwerbsteuer angemahnte Gleichstellung von Ehepartnern und gleichgeschlechtlichen Paaren ist sicherlich auch für alle anderen steuerlichen Fragen sinnvoll und nötig – keine Frage. Und die öffentliche und parteipolitische Diskussion darüber ist zu begrüßen, denn nur so können eine breite gesellschaftliche Wahrnehmung des Problems und Änderungen initiiert werden.

„ADEXA begrüßt generell diese Initiative, mit der eine langfristige Übernahme von Verantwortung für die oder den Partner und gegebenenfalls auch für gemeinsame Kinder unterstützt wird“, so Barbara Neusetzer, Erste Vorsitzende von ADEXA.

Gewährt man allerdings weiteren Personengruppen die „Vorteile“ des Ehegattensplittings, so wird es künftig noch schwerer werden, dieses überholte Instrument der Familienpolitik abzuschaffen. „Mit der Steuerklasse V und dem Splitting wird die Rolle von Frauen als Zuverdienerinnen zementiert und vielfach sogar die Arbeitsaufnahme nach einer Babypause verzögert“, kritisiert Neusetzer. „Die hohen Abzüge in der Steuerklasse V können außerdem beim Bezug von Lohnersatzleistungen wie Arbeitslosengeld und Krankengeld, Mutterschaftsgeld oder Elterngeld sowie beim Unterhalt zu Abschlägen führen.“ 

Bevor man also diese staatliche Unterstützung, die ursprünglich für Familien mit Kindern gedacht war, weiter ausdehnt, sollte der Gesetzgeber stattdessen ein neues System einführen, das die heutigen familienpolitischen Ziele, die Gleichstellung der Frau und die der gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften integriert.

Auswirkungen auch auf die Rente

„Wenn insbesondere Frauen sich durch das Ehegattensplitting von einer Arbeitsaufnahme abschrecken lassen, die zu einer eigenen auskömmlichen Rente führt, ist dies spätestens bei der Trennung vom Ehepartner prekär“, mahnt ADEXAs Zweite Vorsitzende Tanja Kratt. „Die von Arbeitsministerin Ursula von der Leyen propagierte Zuschussrente ist hier keine effektive Lösung, denn die Hürden für den Bezug sind nach wie vor zu hoch.“ Arbeitnehmerinnen müssten sich noch stärker als ihre männlichen Kollegen mit dem Problem der Altersarmut und eigenen Vorsorgestrategien befassen. „Die tarifliche, arbeitgeberfinanzierte ApothekenRente ist von ADEXA und ADA deshalb einerseits als konkreter Baustein für eine ergänzende betriebliche Altersvorsorge konzipiert“, so Kratt. „Außerdem bietet sie einen Anlass, sich mit dem Thema Rentenlücke auseinanderzusetzen. Da viele Menschen Angst vor dieser komplexen Materie haben und vielfach Vorurteile gegenüber der Versicherungsbranche bestehen, ist der von den Tarifparteien vereinbarte und geprüfte Gruppenvertrag eine wirklich sinnvolle Sache. Auch andere Branchen und Gewerkschaften wie die IG Metall haben das gezeigt – und unabhängige Experten wie das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) empfehlen ebenfalls tarifliche Lösungen.“ Zwar ist eine von den Arbeitnehmern finanzierte Entgeltumwandlung bereits seit 2002 gesetzlich vorgesehen, doch hatten vor Beginn der tariflichen Altersvorsorge erst wenige Apothekenangestellte von diesem Anspruch Gebrauch gemacht. „Das ist auch bei den derzeitigen Verdienstmöglichkeiten in den Apotheken nicht wirklich verwunderlich“, gibt Kratt zu Bedenken. „Umso wichtiger ist daher die tarifliche Lösung. Denn gerade wer frühzeitig anfängt, kann auch mit kleineren Beträgen eine spürbare Rente ansparen.“ 


Dr. Sigrid Joachimsthaler



DAZ 2012, Nr. 33, S. 77

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