Aus Kammern und Verbänden

Europäische Pharmazeutinnen trafen sich in Polen

Das 7. Europäische Pharmazeutinnentreffen fand vom 30. September bis zum 2. Oktober in Polen statt. Im Gästehaus der Universität Warschau in Jabłonna diskutierten 33 Pharmazeutinnen und Pharmazeuten aus fünf Ländern über aktuelle Probleme in ihren Ländern. Prof. Dr. Iwona Wawer, Leiterin des Departments für Physikalische Chemie am Institut für Pharmazie der Universität Warschau, hatte mit ihren Mitarbeiterinnen ein attraktives Programm zusammengestellt, das auch genügend Zeit für ausführliche Diskussionen bot. In den Pausen hatten die Teilnehmer Gelegenheit, eine Ausstellung über alte Apothekengeräte und Rezepturen zu besichtigen.
Foto: dpv
Besuch in Polen Pharmazeutinnen aus Europa tauschten sich aus.

Patienten gut informieren!

Prof. Dr. Karen Nieber, Leipzig, hielt einen Vortrag zum Thema "Was wissen Patienten über ihre Arzneimittel?" Eine Studie, in der Patienten über ihre Hausmedikation befragt wurden, zeigte, dass Information und Beratung der Patienten über ihre verordne ten Medikamente unzureichend sind. Viele Patienten haben ein großes Wissensdefizit mit der Folge, dass sie die Einnahmehinweise nicht oder nicht korrekt befolgen. Sie kennen die Wirkungen, Nebenwirkungen und Interaktionen ihrer Medikamente nicht oder nur teilweise und berücksichtigen bei der Einnahme nicht die tageszeit lichen Aspekte oder mögliche Interaktionen mit Nahrungsmitteln. Eine bessere Information der Patienten ist erforderlich, um die Compliance zu verbessern.

In ihrem Vortrag "Besichtigung von Apotheken in Deutschland" stellte Dr. Anne Lewerenz, Leipzig, die gesetzlichen Grundlagen der behördlichen Arzneimittelüberwachung vor. Dabei ging sie auch auf den Versandhandel mit apothekenpflichtigen Arznei mitteln ein. Sie erläuterte die be hördliche Struktur der Arzneimittelüberwachung in Deutschland und berichtete, was alles bei Apothekenbesichtigungen geprüft wird und welche Probleme sich dabei für die Apothekenleiter ergeben können.

Pharmazie in Polen

Dr. Olga Stefaniak, Warschau, referierte über die Situation der Pharmazie in Polen. Obwohl dort nur ca. 30% der Frauen berufstätig sind, sind 90% der Apotheker Frauen. Auch unter den Pharmaziestudierenden ist der Anteil der Frauen mit 75% sehr hoch. An der Medizinischen Universität in Warschau sind 27% der Professoren weiblich, allerdings sinkt der Anteil seit einigen Jahren. Die Referentin resümierte, dass Apotheker in Polen ein typischer Frauenberuf ist und dass die Frauen häufig besser ausgebildet sind als ihre männlichen Kollegen.

Konkurrenz durch Tankstellen

Dr. Makulska-Nowak, Warschau, berichtete über Probleme, die unseren polnischen Kollegen durch den legalen Verkauf von Arzneimitteln an Tankstellen entstehen. Die Arzneimittel werden unsachgemäß gelagert, sogar im Schaufenster, und das Fachwissen des für die Abgabe zuständigen Personals ist unzureichend. Apothekenketten und andere Vertriebswege verzerren durch sogenannte Kampfpreise von 1 Złoty pro Packung (umgerechnet ca. 25 Cent) den Wettbewerb. Warum diese Vertriebswege erlaubt wurden, ist für unsere polnischen Kollegen nicht nachvollziehbar – schließlich gebe es in polnischen Städten "alle 300 Meter eine Apotheke".

Medication Use Review in Großbritannien

Sultan Dajani (Southampton) diskutierte in seinem Vortrag, welche pharmazeutischen Dienstleistungen in den nächsten Jahren durch die rasante Zunahme der Altersgruppe der über 65-Jährigen an Bedeutung gewinnen werden. Die Arzneimittelkosten werden durch diese demografischen Veränderungen stark ansteigen. Es gelte daher: "Minimize the risk, maximize the pharmacists." Der National Health Service (NHS) honoriert seit 2005 den Medication Use Review (MUR) in Apotheken. Dort werden Gespräche mit dem Patienten am Tag 0, Tag 14 und Tag 28 der Behandlung geführt, um dessen Adhärenz zu fördern. Dispensiersysteme und Medikationstraining können die Adhärenz zusätzlich bessern und so den Nutzen der Arzneimitteltherapie optimieren und deren Risiken minimieren.

Hazel Baker (South Wales) erläuterte, wie die MUR durchgeführt werden. Der Apotheker informiert die Patienten über ihre Medikamente und deren richtige Einnahme; dann registriert er eventuelle Nebenwirkungen, die Compliance und Einnahmeprobleme des Patienten. "Jeder kennt das, wenn die Patienten säckeweise Arzneimittelmüll zur Entsorgung zurückbringen, meist ungeöffnete Packungen." Dies ist ein Ziel des Programms: Vermeidung von Arzneimittelmüll durch Förderung der Compliance, durch Beratungsgespräche über die Medikation mit dem Patienten. Der Apotheker spricht mit den Patienten über ihre Ängste oder Probleme bei der Anwendung des Arzneimittels und setzt den behandelnden Arzt über das Ergebnis dieser Gespräche in Kenntnis, damit dieser gegebenenfalls ein anderes Arzneimittel oder eine andere Darreichungsform verordnet.

Das 7. Europäische Pharmazeutinnentreffen in Jabłonna war sehr erfolgreich. In vielen Diskussionen wurden die Inhalte der Vorträge vertieft und zusätzliche Informationen gewonnen. Die freundschaftlich-kollegiale Zusammenarbeit zwischen den Pharmazeutinnen Europas soll auch in Zukunft weiter gefördert werden. So wird das 8. Europäische Pharmazeutinnentreffen vom 20. bis 22. April 2012 in Manchester stattfinden.


Prof. Dr. K. Nieber, Dr. M. Hahn, Dr. A. Lewerenz



DAZ 2011, Nr. 46, S. 94

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