Tierpharmazie

Schmerztherapie bei Haustieren

Schmerzmittel aus der Humanmedizin für Tiere ungeeignet

Von Sabine Wanderburg

Unsere Haustiere werden immer älter. Kater Karlo ist nicht mehr so gelenkig und hat Probleme sich am Rücken zu putzen, Hund Harry steht schwerfällig auf und Kaninchen Klopfer sitzt meist zusammengekauert in einer Ecke. Ähnlich wie beim Menschen treten neben akuten Schmerzen mit dem Alter auch chronisch-degenerative Erkrankungen des Bewegungsapparates auf. Unsere Tiere können in solchen Fällen ebenfalls mit geeigneten Schmerzmitteln behandelt werden, aber welche sind das? Warum können nicht einfach Schmerzmittel aus der Humanmedizin verabreicht werden? Wie kann ein Tierhalter überhaupt erkennen, ob sein Tier Schmerzen hat?
Das Führen eines Schmerztagebuchs ist bei längerfristiger Behandlung mit Schmerzmitteln sinnvoll. Mindestens einmal pro Woche sollte der Schmerzgrad ermittelt werden, um aussagekräftige Werte zur Beurteilung des Krankheitsverlaufs zu erhalten. Gerade bei chronisch-degenerativen Gelenkerkrankungen kann es immer wieder zu akuten Schüben mit Schmerzen kommen, bei denen die Dauermedikation angepasst werden muss. Foto: ITIS 2010

Dass unsere Haustiere Schmerzen empfinden und auch darunter leiden, gilt mittlerweile wissenschaftlich als erwiesen. Die Mechanismen der Schmerzwahrnehmung bei Tieren unterscheiden sich nur unwesentlich von denen des Menschen. Daher sollte eine fachgerechte Schmerzbehandlung auch bei Tieren selbstverständlich sein. Das gilt sowohl bei akuten Schmerzen nach Unfällen oder Operationen als auch bei chronischen Schmerzen z. B. bei degenerativen Erkrankungen des Bewegungsapparates.

Problem der Schmerzerkennung

Oft ist es schwierig, Schmerzen beim Tier überhaupt zu erkennen, denn es gehört zum natürlichen Schutzmechanismus, Schmerzen nicht zu zeigen. Das gilt vor allem für "Beutetiere" wie Kaninchen, Meerschweinchen und andere Kleinsäuger sowie für Vögel. Wer sichtbar krank oder gehandicapt erscheint, wird zu einer leichten Beute. Daher plustern sich viele Vögel und Heimtiere auf und erscheinen gesund und gut genährt, obwohl sie krank und schon sehr abgemagert sind.

Für Hunde und Katzen gibt es gute Kriterien zur Beurteilung von akuten Schmerzen, z. B. akute Lahmheiten, Schmerzen bei der Palpation und eine veränderte Körperhaltung. Bei chronischen Schmerzen sind die Symptome meist subtiler und entwickeln sich schleichend über einen längeren Zeitraum, so dass sie nicht mit Schmerzen in Verbindung gebracht, sondern oft auf das zunehmende Alter des Tieres geschoben werden.

Erst seit Kurzem ist bekannt, dass etwa ein Drittel aller Katzen im mittleren Alter von sechs bis sieben Jahren und 90% aller Katzen über zwölf Jahre an schmerzhafter Arthrose leiden. Meist sind die Ellbogengelenke betroffen, gefolgt von Hüft- und Kniegelenken.

Mögliche Anzeichen für chronische Schmerzen können sein:

  • alle Abweichungen vom normalen individuellen Verhalten, z. B. Apathie, sich zurückziehen, aber auch Aggressivität und Ruhelosigkeit

  • nachlassende Kondition, verminderte Aktivität und Leistung
  • Vermeiden von schnellem Rennen, fehlendes Spielverhalten
  • Probleme beim Aufstehen, Treppensteigen und Springen
  • Morgensteifigkeit
  • steifer Gang (vor allem bei Katzen)
  • struppiges und ungepflegt wirkendes Fell
  • eingeschränktes Putzverhalten (vor allem bei Katzen)
  • Unsauberkeit, Stubenunreinheit (vor allem bei Katzen)
  • Appetitverlust, Gewichtsabnahme
  • Muskelatrophie
  • Benagen und Belecken schmerzender Körperstellen
  • verminderte Beweglichkeit der Gelenke
  • Fiepen, Stöhnen

Bei Verdacht auf chronische Schmerzen kann eine versuchsweise Gabe von Schmerzmitteln helfen, die Diagnose zu sichern. Bei einer längerfristigen Behandlung hat sich die Dokumentation in Form eines Schmerztagebuchs bewährt. Der Tierhalter sollte mindestens einmal pro Woche den Schmerzgrad ermitteln, um aussagekräftige Werte zur Beurteilung des Krankheitsverlaufs zu erhalten. Gerade bei chronisch-degenerativen Gelenkerkrankungen kann es immer wieder zu akuten Schüben mit Schmerzen kommen, bei denen die Dauermedikation angepasst werden muss.

Besondere Herausforderung beim Heimtier

Bei Heimtieren (z. B. Kaninchen, Meerschweinchen, Chinchilla, Maus, Hamster, Ratte) ist es aus den oben genannten Gründen noch viel schwieriger chronische Schmerzen zu erkennen als bei Hunden und Katzen. Nur aufmerksame Tierhalter, die ihre Tiere sehr gut kennen, nehmen die oft subtil ausgeprägten Symptome wahr:

  • verminderte Aktivität, Verstecken im Häuschen
  • verspannter Gang, Trippeln
  • angespannte Körperhaltung, aufgekrümmter Rücken
  • Pressen des Bauches auf den Boden
  • stures in die Ecke Starren
  • gesträubtes, ungepflegtes Fell
  • verschmutzte und rötlich verfärbte Augeninnenwinkel (sogenannte Brillenaugen) bei Ratten

  • Angriffe oder Ausgeschlossenwerden durch Käfiggenossen
  • sich absondern aus der Gruppe
  • Aggressivität
  • Automutilation (Selbstverstümmelung), vor allem bei Kaninchen
  • Auffressen von Jungtieren
  • reduzierte Nahrungsaufnahme
  • Gewichtsabnahme


Bei Vögeln gelten dieselben Schwierigkeiten wie bei den oben genannten Heimtieren. Bei genauer Beobachtung fallen hier aber meist folgende Symptome auf:

  • struppiges, aufgeplustertes Gefieder
  • abnormal zutrauliches Verhalten
  • reduzierte Nahrungsaufnahme
  • reduzierte Aktivität bis hin zur Schläfrigkeit
  • Hochziehen des Unterlides
  • vermindertes Singen

Die Dokumentation des Gewichtsverlaufs und der genauen Menge des aufgenommenen Futters ist oft die beste Methode, chronische Schmerzen bei Heimtieren und Vögeln zu beurteilen. Denn eine verminderte Futteraufnahme oder eine Gewichtsabnahme bei gleichbleibender Futteraufnahme kann auf einen schmerzhaften Prozess hindeuten.

Welche Schmerzmittel sind geeignet?

Als Mittel der ersten Wahl bei chronischen Schmerzen wie z. B. chronisch-degenerativen Gelenkerkrankungen gelten nicht-steroidale Antiphlogistika (NSAID, nonsteroidal anti-inflammatory drugs), da es auch für die Langzeit- oder Dauertherapie geeignete NSAIDs mit nur geringen Nebenwirkungen gibt. Da Tiere individuell sehr unterschiedlich auf verschiedene nicht-steroidale Antiphlogistika reagieren können, ist bei einem unzureichenden Therapieerfolg oder zu großen Nebenwirkungen der Wechsel zu einem anderen NSAID sinnvoll. Bei Misslingen einer Monotherapie ist es in der Veterinärmedizin gebräuchlich, zwei oder mehr unterschiedlich wirkende Substanzen (Opioide, Glucocorticoide, NSAIDs, Pyrazonderivate wie Metamizol oder Phenylbutazon) zu kombinieren, um die Effekte zu potenzieren und so die Dosis und das Nebenwirkungspotenzial des Einzelpräparates zu reduzieren. Metamizol eignet sich z. B. in vielen Fällen sehr gut als Ergänzung zu einem nicht-steroidalen Antiphlogistikum, wenn dessen Wirkung alleine nicht ausreicht. Die feste Kombination von Phenylbutazon und Prednisolon ist als Tierarzneimittel zugelassen und für besonders schwere Fälle auch praktisch relevant. Dagegen besteht eine absolute Kontraindikation für die gleichzeitige Verabreichung von NSAIDs und Glucocorticoiden, da es zu schweren gastrointestinalen Nebenwirkungen kommen kann. Die Tabellen 1 und 2 zeigen eine Auswahl für Hunde bzw. Katzen zugelassener und geeigneter Nicht-Opioid-Analgetika. Die Verabreichung von Human-Antiphlogistika sollte in der Selbstmedikation wegen der hohen Nebenwirkungsrate prinzipiell unterbleiben. Beispielsweise verursachen Diclofenac und Ibuprofen beim Hund schon in subtherapeutischen Dosen klassische Nebenwirkungen im Magen-Darm-Trakt mit zum Teil massiven Blutungen und sind daher nicht zur Anwendung geeignet. Paracetamol ist beim Hund nur kurz und unzureichend wirksam und schon in geringen Dosen leberschädigend, bei der Katze darf es aufgrund der Intoxikationsgefahr keinesfalls angewendet werden. Nicht-steroidale Antiphlogistika werden hauptsächlich als Glucuronid-Konjugate ausgeschieden. Katzen sind wegen der verminderten Aktivität ihrer Glucuronyltransferase noch empfindlicher gegenüber nicht-steroidalen Antiphlogistika als Hunde und sollten nur mit den für sie zugelassenen Präparaten behandelt werden. Metamizol ist für Katzen gut verträglich. Da jedoch die in Deutschland für Pferde, Rinder, Schweine und Hunde zugelassenen Metamizol-Injektionspräparate Benzylalkohol als Konservierungsmittel enthalten, dürfen sie nicht bei Katzen angewendet werden. Die z. B. in der Schweiz zugelassenen Präparate mit Zusatz von Aqua ad injectabilia sind für Katzen gut geeignet, genauso wie die Metamizol-Präparate aus der Humanmedizin.

Tab. 1: Für Hunde zugelassene Nicht-Opioid-Analgetika. Alle aufgeführten Präparate sind verschreibungspflichtig.

Wirkstoff
Handelsname
(Beispiel)
Dosierung und Art
der Anwendung
Wirk- dauer
besondere Hinweise
Carprofen
Rimadyl®
4,0 mg/kg i.v., s.c., p.o.
24 Stunden
  • bei perioperativen Schmerzen
  • bei Entzündungs- und Schmerzzuständen bei akuten und chronischen Erkrankungen des Bewegungsapparates
  • die angegebene Dosierung sollte nicht erhöht werden
Firocoxib
Previcox®
5,0 mg/kg p.o.
24 Stunden
siehe Carprofen
Flunixin
Finadyne®
0,3 bis 1,0 mg/kg i.v., i.m., s.c., p.o.
12 bis 24 Stunden
siehe Carprofen
  • maximale Anwendung 3 Tage
  • häufig gastrointestinale Nebenwirkungen
Mavacoxib
Trocoxil®
2,0 mg/kg p.o.
1 Monat
  • bei Entzündungs- und Schmerzzuständen im Zusammenhang mit degenerativen Gelenkerkrankungen
  • einmal im Monat zusammen mit der Hauptfütterung verabreichen
Meloxicam
Metacam®
0,1 mg/kg s.c., p.o. (am ersten Tag 0,2 mg/kg)
24 Stunden
siehe Carprofen
  • nach klinischem Ansprechen kann für die Langzeitbehandlung die niedrigste wirksame Dosis angewendet werden
Metamizol
Novaminsulfon® ad us. vet.
20 bis 50 mg/kg langsam
i.v., i.m., s.c., p.o.
6 bis 8 Stunden
  • bei perioperativen Schmerzen
  • bei abdominalen Schmerzen und Erkrankungen der Muskeln und Gelenke
  • gute viszerale und somatische Analgesie
  • kann mit NSAIDs kombiniert werden, wenn deren Wirkung alleine nicht ausreicht
  • zur oralen Anwendung muss ein Humanpräparat umgewidmet werden
Phenyl- butazon
Phenylbutazon 20%® / -Gel PH®
10 bis 20 mg/kg i.v., i.m.,
s.c., p.o.
12 bis 24 Stunden
siehe Carprofen
  • Blutbildkontrolle bei Anwendung über mehr als 7 Tage
Phen-Pred®
(in Kombination mit Prednisolon)
3,33 bis 6,66 mg/kg p.o.
(Prednisolon 0,1 bis
0,2 mg/kg)
12 Stunden
  • maximale Anwendung 7 Tage
Robenacoxib
Onsior®
1,0 bis 2,0 mg/kg p.o.
2,0 mg/kg s.c.
24 Stunden
siehe Carprofen
  • Kontrolle der Leberwerte bei Langzeittherapie etwa alle 3 Monate
Tepoxalin
Zubrin®
10,0 mg/kg p.o.
24 Stunden
siehe Carprofen, nicht bei perioperativen Schmerzen
  • zusätzliche Hemmung der Lipoxygenase (allerdings auf wenige Stunden nach der Applikation begrenzt)
Tolfenamin- säure
Tolfedine®
4,0 mg/kg i.m., s.c., p.o.
24 Stunden
  • bei akuten Schüben bei chronischen Erkrankungen des Bewegungsapparates
  • maximale Anwendung 3 Tage
Quelle: Initiative tiermedizinische Schmerztherapie ITIS. Empfehlungen für die Schmerztherapie bei Kleintieren (Stand Oktober 2010)
www.vetpharm.uzh.ch

Eine Besonderheit unter den NSAIDs stellt Mavacoxib dar, das oral zur einmal monatlichen Anwendung bei Hunden bei Entzündungs- und Schmerzzuständen im Zusammenhang mit degenerativen Gelenkerkrankungen zugelassen ist. Dies ist vor allem dann sinnvoll, wenn der Hund regelmäßig und dauerhaft Schmerzmittel bekommen muss und die zuverlässige tägliche Verabreichung eines Präparates nicht gewährleistet werden kann. Bei jeder Langzeitanwendung von NSAIDs sollten mögliche gastrointestinale und renale Nebenwirkungen beachtet und die Laborwerte regelmäßig (etwa alle drei bis sechs Monate) kontrolliert werden.


Tab. 2: Für Katzen zugelassene bzw. geeignete Nicht-Opioid-Analgetika. Alle aufgeführten Präparate sind verschreibungspflichtig.

Wirkstoff
Handelsname
(Beispiel)
Dosierung und Art
der Anwendung
Wirkdauer
besondere Hinweise
Carprofen
Rimadyl®
4,0 mg/kg i.v., s.c.
24 Stunden
  • bei perioperativen Schmerzen
  • bei gering- bis mittelgradigen Schmerzen
  • nur für die einmalige Anwendung zugelassen
Meloxicam
Metacam®
einmalig 0,3 mg/kg s.c.
0,05 mg/kg p.o. (am ersten Tag 0,1 mg/kg)
24 Stunden
  • bei perioperativen Schmerzen
  • bei Entzündungs- und Schmerzzuständen bei chronischen Erkrankungen des Bewegungsapparates
  • nach klinischem Ansprechen kann für die Langzeitbehandlung die niedrigste wirksame Dosis angewendet werden
Metamizol
Novalgin®
(Human- präparat)
20 bis 30 mg/kg langsam i.v., i.m., s.c., p.o., rektal
6 Stunden
  • bei perioperativen Schmerzen
  • bei abdominalen Schmerzen und Erkrankungen der Muskeln und Gelenke
  • gute viszerale und somatische Analgesie
  • kann mit NSAIDs kombiniert werden, wenn deren Wirkung alleine nicht ausreicht
  • zur Injektion nur Präparate ohne Benzylalkohol verwenden, z. B. Minalgin® ad us. vet. (in der Schweiz zugelassen)
Robenacoxib
Onsior®
1,0 mg/kg p.o.
2,0 mg/kg s.c.
24 Stunden
  • bei Schmerzen und Entzündungen der Muskeln und Gelenke und nach Weichteiloperationen
  • maximale Anwendung 6 Tage
Tolfenamin- säure
Tolfedine®
4,0 mg/kg s.c., p.o.
24 Stunden
  • bei akuten Schüben bei chronischen Erkrankungen des Bewegungsapparates
  • maximale Anwendung 3 Tage
  • zur symptomatischen Fiebersenkung
  • bei der Katze nur als Antipyretikum zugelassen

Quelle: Initiative tiermedizinische Schmerztherapie ITIS. Empfehlungen für die Schmerztherapie bei Kleintieren (Stand Oktober 2010)
www.vetpharm.uzh.ch



Die verfügbaren Präparate zur Schmerztherapie sind für Heimtiere und Vögel nicht zugelassen, haben sich jedoch empirisch als wirksam erwiesen (Tab. 3). Bei kleinen Tieren unter 1 kg Körpergewicht müssen flüssige orale Zubereitungen meist verdünnt werden, um eine exakte Dosierung zu gewährleisten. Sie sollten entweder direkt ins Maul oder über einen besonderen Leckerbissen verabreicht werden. Bei einer pauschalen Gabe über Tränke oder Futter ist die komplette Aufnahme der errechneten Dosis nicht sicher möglich.

Tabelle 3: Für Heimtiere (z. B. Kaninchen, Meerschweinchen, Chinchilla, Maus, Hamster, Ratte) geeignete Nicht-Opioid-Analgetika. Alle aufgeführten Präparate sind verschreibungspflichtig. Sie sind nicht für diese Tierarten zugelassen und müssen vom Tierarzt umgewidmet werden.

Wirkstoff
Handelsname
(Beispiel)
Dosierung und Art
der Anwendung
Wirkdauer
besondere Hinweise
Carprofen
Rimadyl®
4,0 bis 5,0 mg/kg s.c., p.o.
24 Stunden
  • bei perioperativen Schmerzen
  • bei mittel- bis hochgradigen Schmerzen
  • bei Schmerzen entzündlicher Art
Meloxicam
Metacam®
0,2 ( bis 1,0) mg/kg s.c., p.o.
24 Stunden
siehe Carprofen
Metamizol
Novaminsulfon® ad us. vet.
Kaninchen 20 bis 50 mg/kg
i.v., i.m., s.c., p.o.
andere 50 bis 100 mg/kg p.o.
6 Stunden
  • ausgezeichnet verträglich
  • bei perioperativen Schmerzen nach Abdominaleingriffen
  • bei abdominalen Schmerzen und Erkrankungen der Muskeln und Gelenke
  • gute Spasmolyse
  • zur oralen Anwendung muss ein Humanpräparat umgewidmet werden
Quelle: Initiative tiermedizinische Schmerztherapie ITIS. Empfehlungen für die Schmerztherapie bei Kleintieren (Stand Oktober 2010)
Gabriel, S. Schmerztherapie beim Heimtier. In: Kompendium Kleintier 2010.
www.vetpharm.uzh.ch

Multimodales Schmerzmanagement

Unter multimodaler Schmerztherapie versteht man "sowohl die Kombination von Schmerzmitteln mit verschiedenen Wirkmechanismen als auch die gleichzeitige, aufeinander abgestimmte Behandlung eines Krankheitsbildes mit verschiedenen Therapieverfahren" [2].

Zur umfassenden Therapie eines chronischen Schmerzpatienten gehören neben dem Einsatz von Schmerzmitteln die regelmäßige Gewichtskontrolle, physiotherapeutische und physikalische Maßnahmen zum Muskelaufbau und zum Erhalt der Beweglichkeit, eventuell Akupunktur, sowie der Einsatz von Ergänzungsfuttermitteln wie z. B. Chondroprotektiva. Auch chirurgische Maßnahmen können von Bedeutung sein.

Pentosanpolysulfat (PPS) wirkt antiphlogistisch, erhöht den Proteoglykangehalt im hyalinen Knorpel, hemmt die den Knorpel abbauenden Enzyme und verbessert die Perfusion der Gelenke und die Viskosität der Synovia. Es wird in einer Dosierung von 3,0 mg/kg Körpergewicht viermal im Abstand von je sieben Tagen subkutan verabreicht.

Geeignete Ergänzungsfuttermittel oder auch diätetische Alleinfuttermittel enthalten z. B. Glucosaminoglykane, Hyaluronsäure, Chondroitinsulfat, Extrakte der neuseeländischen grünlippigen Zuchtmuschel, Vitamin C und Mangan und sollen die Wachstums- und Aufbauprozesse im hyalinen Knorpel positiv beeinflussen und den physiologischen Knochenaufbau unterstützen. Langkettige, mehrfach ungesättigte Fettsäuren wirken antiphlogistisch und können ebenfalls eingesetzt werden. Als homöopathische Behandlung kommen zusätzlich Traumeel® oder Zeel® in Betracht.

Bei übergewichtigen Hunden und Katzen mit chronisch-degenerativen Gelenkerkrankungen ist eine vorsichtige Gewichtsreduktion angezeigt. Jedes Gramm Körpergewicht weniger kann sich positiv bemerkbar machen. Dazu ist ein "Seniorenfutter" oder ein spezielles Diätfuttermittel geeignet, das energiearm, aber mit z. B. den oben genannten Chondroprotektiva angereichert ist. Zusätzlich sollte sich das Tier das Futter "erarbeiten". Dazu eignen sich Futterbälle, die das Tier ins Rollen bringen muss, damit einzelne Futterbröckchen herausfallen. Alternativ kann man Trockenfutterbrocken in der Wohnung (oder für den Hund auch im Garten) verstecken oder einzelne Bröckchen werfen, denen das Tier dann hinterher "jagen" muss.

Ist das Tier aufgrund seiner Erkrankung nicht mehr so beweglich und in seinem Putzverhalten eingeschränkt, sollte der Tierhalter die Körperpflege mit einem Putzhandschuh oder einer sehr weichen Bürste unterstützen. Auch ist es sinnvoll, bei Katzen die Lieblingsplätze besser erreichbar zu machen, z. B. einen Stuhl vor die Fensterbank zu stellen oder mehr Etagen in den Kratzbaum einzubauen.

Ein nicht zu unterschätzender Faktor bei der unterstützenden Therapie chronischer Schmerzen sind physiotherapeutische und physikalische Maßnahmen, die die Muskulatur kräftigen und die Beweglichkeit wiederherstellen bzw. erhalten. Der Einsatz eines Unterwasserlaufbandes (z. B. bei einem Tierphysiotherapeuten) bewirkt in manchen Fällen "wahre Wunder", aber auch daheim können einfache physiotherapeutische Übungen nach tierärztlicher Anleitung sehr effektiv durchgeführt werden. Auch Massage und Thermotherapie (Kälte oder Wärme, je nach Indikation) können vom Tierhalter gezielt angewendet werden. Als zusätzliche physikalische Therapien sind Laser-, Strahlen-, Magnetfeld- oder Stoßwellentherapie möglich. So gibt es viele Möglichkeiten, um Karlo, Harry und Klopfer zu helfen. Voraussetzung ist die aufmerksame Beobachtung durch den Tierhalter, der ein verändertes Verhalten seines Tieres auch in Bezug auf mögliche Schmerzen hinterfragen sollte.


Quelle und weiterführende Internetlinks

[1] Gabriel, S. Schmerztherapie beim Heimtier. In: Kompendium Kleintier 2010

[2] Initiative tiermedizinische Schmerztherapie ITIS. Empfehlungen für die Schmerztherapie bei Kleintieren. Oktober 2010

[3] Katzenbewegung. Informationsbroschüre Boehringer Ingelheim Vetmedica GmbH

[4] Tacke, S. et al. Schmerzerkennung und Schmerzmanagement bei Hund, Katze und Heimtier. In: Fachpraxis Nr. 51, Juni 2007

[5] www.tiergesundheit.com/hund/schmerzen/ index.htm


Anschrift der Verfasserin

Tierärztin Sabine Wanderburg, Seeweg 5 a, 23701 Süsel



DAZ 2011, Nr. 17, S. 66

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