Medizin

Tätowierungen und ihre Entfernung

Auf dem Oberarm prangt der Name der verflossenen Liebe, über dem Steißbein ein "Tribal" aus der Technozeit: Im Sommer werden Tattoo-Sünden sichtbar, die sonst von Kleidungsstücken verdeckt sind. Fast ein Viertel der Deutschen zwischen 25 und 34 Jahren ist laut einer Befragung der Universität Leipzig tätowiert. Wenn sich aber der Modegeschmack oder die Lebenssituation ändert, wollen viele das Tattoo wieder loswerden.

Beim Stechen konventioneller Mode- oder Schmucktattoos injiziert ein Nadelbündel Farbstoffe in die Cutis (Lederhaut, mittlere Hautschicht). Dort werden sie in Fibroblasten eingelagert. Die dafür verwendete elektrische Tätowiermaschine bewegt sich mit einer Frequenz von 800 bis 5000 Einstichen pro Minute und ermöglicht so geradlinige und scharfe Konturen.

Risiko Farbmischung

Die dabei verwendeten Farbpigmente und deren Verträglichkeit haben in den letzten Jahren eine Diskussion um die Risiken des Tätowierens angefacht. Seit September 2005 fallen Tätowierfarben in Deutschland unter das Lebens- und Futtermittelgesetz. Sie gelten als kosmetische Mittel und unterliegen damit den entsprechenden Vorschriften zu Reinheit, Qualität und medizinischer Unbedenklichkeit.

Trotzdem ist oft nicht überprüfbar, aus welchen Pigmenten eine Tätowierfarbe besteht. Aus Kostengründen bestellen viele Tattoostudios im Ausland. So umgehen viele Farbhersteller die Offenlegung ihrer Inhaltsstoffe entsprechend deutscher Vorschriften.

In der Regel erholt sich die Haut innerhalb von vierzehn Tagen nach dem Tätowieren. Es ist jedoch nicht vorhersehbar, inwieweit Pigmente in den regionalen Lymphknoten zurückbleiben. Dort sind sie oft noch nachweisbar, wenn die Tätowierung selbst entfernt wurde.

Die Farbpigmente rufen in der Haut allergische und toxische Reaktionen hervor und fördern Dermatosen wie Herpes zoster und Psoriasis. Die Tätowierfarben sind Ursache von Granulomen: Um die Pigmente bilden sich Knötchen. So entstehen flächenhafte, therapieresistente, chronische, entstellende Granulome. Bei entsprechender Neigung ist zudem ein Keloid an der tätowierten Haut möglich.

In seltenen Fällen verliert die tätowierte Hautstelle dauerhaft an Widerstandsfähigkeit und wird zu einem Locus minoris resistentae, einer Hautpartie, die besonders empfindlich auf chemische und physikalische Einflüsse reagiert. Ausgelöst wird dieses Symptom durch die initiale Verletzung der Haut sowie den ständigen Fremdkörperreiz der eingelagerten Farbteilchen. Vereinzelt kommt es auch zu neuromuskulären Dysfunktionen. Lokale Entzündungen oder ein toxischer Effekt der Farbe lösen Schmerzen und chronische Muskelatrophien im Bereich der Tätowierung aus.

Stechtechnik

Die Epidermis (oberste Hautschicht) wird durchstochen und der Farbstoff in die darunter liegende Cutis eingebracht. Eine gleichmäßige Stichtiefe ist für ein dauerhaft schönes Tattoo wichtig: Sticht die Nadel nur in die Epidermis, werden die Farbteilchen im Zuge der Zellerneuerung nach einiger Zeit nach außen abgestoßen; sticht die Nadel zu tief, wäscht die stärkere Blutung die Farbstoffe zum Teil wieder aus. In beiden Fällen wirkt das Ergebnis verwaschen.

Vor allem beim Stechen von Hand werden Farbpigmente ungleichmäßig tief in der Haut eingebracht. Diese Tätowierungen sind schwerer zu entfernen.

Entfernungsmethoden

Einige Methoden entfernen alle Farbpigmente am Ort der Tätowierung, etwa indem der betroffene Hautbereich entfernt wird (extrovertierende Methoden). Bei introvertierenden Methoden regt ein externen Reiz, wie hohe Temperaturen oder Laserstrahlen, eine Zellreaktion an. Dadurch sterben die pigmentierten Zellen ab und werden zum Teil über das Immunsystem abtransportiert.

Verträgt ein Patient die Tätowierfarben nicht, müssen diese möglichst rückstandslos entfernt werden. Dabei kommen nur operative Methoden in Frage.

Chirurgische Methoden sind schnell und zuverlässig. Die tätowierte Haut wird exzidiert und die Wunde vernäht. Dies führt aber selbst bei kleinen Tätowierungen zu Narben. Bei großflächigen Tattoos sind die operativen Methoden aufwendiger: Entweder ersetzen Hauttransplantationen die entfernte Haut oder der Arzt wendet die Expandermethode an. Dabei wird die Haut um das Tattoo mit einem eingesetzten Ballon ausgedehnt, bis genug Gewebe zur transplantationsfreien Operation vorhanden ist. Der Patient muss mehrere Operationen, hohe Kosten und eine lange Alltagsbeeinträchtigung in Kauf nehmen. Operationen kommen daher vor allem dann in Frage, wenn

  • eine andere Methode keinen Erfolg verspricht,
  • die Farbpigmente weitestgehend entfernt werden müssen,
  • die Tattoos sehr klein sind,
  • Restspuren anderer Methoden zu entfernen sind.

 

Waterjet-Cutting. Die Wasserstrahldissektion ist ein junges Trennverfahren und befindet sich für Tattooentfernungen noch im experimentellen Stadium. Bisher dient sie vor allem zur Entfernung von Schmutztätowierungen, die z. B. bei Explosionen entstehen. Der Chirurg schneidet die Haut neben der Tätowierung ein. Mit einem konzentrierten Wasserstrahl spült er die Farbpigmente über den Schnitt aus. Die Operation erfolgt in der Regel stationär unter Vollnarkose und ist deshalb relativ teuer. Die Größe und Art der Farbpigmente spielen keine Rolle. Wie bei allen chirurgischen Methoden ist mit Narben zu rechnen.

Chemische und physikalische Methoden. Bei Säurepeelings und der Dermabrasion wird die oberste Hautschicht entfernt und die Lederhaut mit den Farbpigmenten freigelegt. Die Farbe lässt sich dann auswaschen. Die tieferen Hautschichten bleiben unverletzt, und die Haut verheilt wie bei einer Schürfwunde.

Bei einem chemischen Peeling wird kurz Glykolsäure oder Alpha-Hydroxysäure (AHA) auf die Haut aufgetragen. Bei der Dermabrasion schleift Diamantschleifgerät die Oberhaut unter örtlicher Betäubung ab. Anschließend ist eine sorgfältige Wundbehandlung über Wochen erforderlich. Die neu gebildete Haut ist sehr lichtempfindlich und benötigt intensiven Sonnenschutz. Der Abstand der Sitzungen beträgt mehrere Monate.

Laser. Die selektive Photothermolyse zerstört die eingelagerten Tattoofarben, ohne das Gewebe zu koagulieren. Je nach Farbe der Tätowierung verwendet der Arzt Laser verschiedener Wellenlängen (siehe Tabelle "Selektive Photothermolyse mithilfe von Lasern"). Je stärker der Kontrast zwischen Tattoo und umliegender Haut ist, desto effektiver ist eine Laserbehandlung. Aus diesem Grund ist schwarze Tätowierfarbe im Vergleich zu gelb oder weiß gut zu entfernen. Die fragmentierten Farbpigmente bleichen aus und werden durch Phagozytose abtransportiert.

Aufgrund der chemischen Spaltung ist beim Entfernen bunter Tattoos aber die Gefahr allergischer oder karzinogener Reaktionen auf Spaltprodukte der Pigmente gegeben.

Je nach Farbigkeit werden bis zu acht Behandlungen benötigt. In der Folge können Hyperpigmentierungen der behandelten Fläche auftreten.

Nicht immer liefert der hohe technische und finanzielle Aufwand überzeugende Ergebnisse.

Diathermie. Bei diesem relativ jungen Verfahren heizt der Dermatologe die eingefärbten Hautzellen mit gebündelten Mikrowellen auf, bis sie absterben. Durch die natürliche Hautregeneration werden die abgestorbenen gefärbten Zellen abgestoßen. In der Regel sind zwei bis sechs Sitzungen nötig, zwischen denen mindestens ein Monat Behandlungspause liegen muss. Anders als beim Laser spielt die Tattoofarbe keine Rolle. Vorteilhaft ist zudem, dass der Körper die abgestorbenen Farbpigmente abstößt und diese nicht, wie beim Lasern, in das Immunsystem übergehen. Die Schmerzen bei der Behandlung sind mit dem Stechen eines Tattoos vergleichbar.

Nur vom Fachmann

Trotz der Methodenvielfalt ist es unmöglich, eine Tätowierung spurlos zu entfernen. Beste Ergebnisse erreicht man in der Regel durch die Kombination mehrerer Verfahren, die individuell auf Farbigkeit, Größe und Lokalisation des Tattoos abgestimmt werden. Wie alle Eingriffe an der Haut darf die Entfernung von Tattoos nur von Fachleuten durchgeführt werden. In jeden Fall kommen auf den Patienten hohe Kosten und zum Teil lange Behandlungszeiten zu.

Neue Farben

Neuartige, mit Kunststoff ummantelte Farben lassen sich besser entfernen. Während für traditionelle Farben fünf bis zehn Lasersitzungen nötig sind, reicht hier eine. Der Grund sind sehr kleine Farbpigmente, die in PMMA (Polymethylmethacrylat) verkapselt werden.Wird gelasert, brechen die Kapseln auf und die Pigmente werden vom Körper abtransportiert. Allerdings ist die Farbe mikrobiologisch nicht stabil, und ob sie auf Dauer der Qualität moderner Tätowierfarben entspricht, wird die Praxis noch zeigen müssen.

Quellen [1] Brähler, E.: Verbreitung von Tätowierungen, Piercing und Körperhaarentfernung in Deutschland. Pressemitteilung, Universität Leipzig, Juli 2009 [2] Fritzemeier, C.U.: Entfernen von Tätowierungen: derzeitige Möglichkeiten und Ergebnisse. 2007 HAUT 19: 240 – 242 [3] Rempfer, N.: Tattoofarben, Julius-Maximilians-Universität Würzburg 2006

 


Autoren

Hans Reuter, Martina Schramm

Schäffler & Kollegen, Augsburg

www.schaeffler.cc

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