Feuilleton

Hautfarben

Farben in der Haut, auf der Haut, unter der Haut, in die Haut gebracht und aus der Haut entfernt*

* Frau Prof. Dr. Ulrike Lindequist in Würdigung ihrer fachlichen Aktivitäten und in kollegialer Verbundenheit zum 65. Geburtstag gewidmet.


Die Farbigkeit der Haut, mit der auch Apothekerinnen und Apotheker – bedingt durch die rasant anwachsende Zahl von Flüchtlingen und die immer populärer werdende Mode des Täto­wierens – täglich konfrontiert werden, kann verschiedene Ursachen haben.

Farben in der Haut, d. h. Farben, die sich naturgemäß in der menschlichen Haut befinden oder durch den intakten bzw. gestörten Stoffwechsel in die Haut gelangen.

Farbige, also Menschen mit einem dunklen, braunen, dunkelbraunen oder fast schwarzem Teint sind mit einer höheren Konzentration an pigmentierenden Melaninen in der Haut ausgestattet als „Bleichgesichter“. Man unterscheidet die braunen bis schwarzen Eumelanine von den gelblich-röt­lichen Phäomelaninen. Sie werden in Melanozyten durch enzymatische Oxidation von Tyrosin zu chinoiden Verbindungen wie Indolchinon, Adrenochinon und Dopachrom (Abb. 1) und deren Aggregation gebildet. Dieser Prozess wird bekanntlich durch Einstrahlung von Sonnenlicht (UV-Strahlung) in die Haut stimuliert.

Abb. 1: Chinoide Zwischenprodukte der Biosynthese von Eumelaninen.

„Bleichgesichter“, wie die fälschlich als „Rothäute“ bezeichneten Indianer die Europäer nannten, sind nicht identisch mit Albinos, die unter allen Völkern vorkommen und eine anomale, genetisch bedingte Hypopigmentierung aufweisen. Eine partielle Hyperpigmentierung führt dagegen zu Leber­flecken, Sommersprossen, Alters­flecken und Muttermalen.

Eine Gelbfärbung der Haut (Gelbsucht, Ikterus) tritt durch pathologische Stoffwechselstörungen ein, wenn der Gallenfarbstoff Bilirubin (Abb. 2) nicht weiter metabolisiert wird und aus dem Blutserum ausfällt. Das kann auch bei Neugeborenen, vor allem Frühgeburten, eintreten, denen es noch an der entsprechenden Transferase mangelt, um Bilirubin ausreichend abbauen und eliminieren zu können (Neugeborenen-Ikterus).

Abb. 2: Diese Abbauprodukte des Hämoglobins kommen hauptsächlich in der Galle vor. Sie geben auch einem Bluterguss seine wechselnden Farben.

Braune Farbflecken (außer den oben genannten Pigmentierungen) können die verschiedensten Ursachen haben, beispielsweise Hauterkrankungen wie Neurodermitis, fortgeschrittene Schuppenflechte, Urticaria pigmentosa usw. Auslöser sind auch Systemerkrankungen und Stoffwechselschäden (z. B. Morbus Addison) sowie Hautinfektionen (Erythrasma).

Zu den Arzneistoffen, die gelegentlich Braunfärbungen der Haut verursachen, gehören u. a. Aknetherapeutika, ­Malariamittel vom Typ des Chloroquins, bestimmte Zytostatika, Neu­roleptika, Benzodiazepine, hormonelle Verhütungsmittel oder Goldsalze, die zur Rheumatherapie ver­wendet werden. Daneben existieren auch angeborene braune Pigmentierungen wie Café-au-lait-­Flecken [1].

Hautrötungen beruhen meistens auf einer stärkeren Durchblutung der Haut, die harmlos und vorübergehend sein kann oder aber sehr ernst zu nehmen ist. Erregungen, körperliche Anstrengungen und Temperatureinflüsse kommen und gehen ohne therapeutische Konsequenzen. Ein starker Sonnenbrand ist zu behandeln; allergische Reaktionen, z. B. auf Penicilline, sind zu erkennen und zu therapieren. Aus der Reihe der schlimmen, hautrötenden Erkrankungen seien stellvertretend nur Neurodermitis, Purpura pigmen­tosa progressiva, Wundrose, Nesselsucht und Hautkrebs genannt [2].

Farben auf der Haut können durch die Behandlung mit färbenden Agenzien entstehen. Dazu gehören farbige Antiseptika, beispielhaft repräsentiert durch die braune Iodtinktur, das gelbe Ethacridin und die violett-rote Castellani-Lösung, benannt nach dem italienischen Tropenarzt Aldo Castellani (1877 – 1971).

Die aus Iod, Kaliumiodid, Wasser und Ethanol bereitete Iodtinktur wird seit eh und je zur Haut- und Wunddesinfektion verwandt, doch in modernen Zubereitungen ist das elementare Iod mit organischen Verbindungen komplexiert, wobei die braune Farbe kaschiert wird.

Das Wund-Antiseptikum Ethacridin (Abb. 3) ist als Ethacridinlactat-­Monohydrat im Europäischen Arzneibuch beschrieben und stellt ein gelbes, kristallines Pulver dar.

Abb. 3: Zwei farbige Antiseptika.

Die vier traditionellen Wirkstoffe der heute obsoleten Castellani-Lösung sind das rote Fuchsin (Abb. 3), Phenol, das Phenol-Derivat Resorcinol und Borsäure. Sie diente zur Behandlung entzündlicher, infektiöser (auch mykotischer) und ekzematöser Hauterkrankungen. Es gab mehrere abgewandelte Rezepturen mit und ohne Fuchsin, u. a. im Neuen Rezeptur-Formularium (NRF) bis 1996.

Auf die zahlreichen farbigen Kosmetika in Form von Schminken und Puder soll hier nicht eingegangen werden. Informationen findet man unter „Getönt und angemalt“ [3].

Die ältesten Hautbräunungsmittel sind Extrakte aus grünen Walnussschalen und Henna. Sie enthalten die Naphthochinone Juglon bzw. Lawson (Abb. 4) und haften besser auf der Haut als Puder, Cremes oder Schminke, sind jedoch mit Seife abwaschbar.

Abb. 4: Zwei pflanzliche Naphtho­chinone als klassische Hautfärbemittel.

Farben unter der Haut. Wenn sich Blut bei Verletzung der Blutgefäße im Gewebe ansammelt, bildet sich ein Bluterguss (Hämatom), der umgangssprachlich als „blauer Fleck“, wenn er im Augenbereich entsteht, als „Veilchen“ oder „blaues Auge“ bezeichnet wird. Die blau-rote Färbung des Gewebes wird durch den Blutfarbstoff verursacht, der nach einigen Tagen zum grünen Biliverdin und später zum gelb-roten Bilirubin abgebaut wird (Abb. 2). Auf diesem Metabolismus beruht das bekannte Farbwechselspiel eines Hämatoms.

Farben in die Haut gebracht: Farben können von außen auf direktem oder indirektem Wege, absichtlich oder unbeabsichtigt in die Haut des Menschen gelangen.

Eine gesunde Hautfarbe, die eine ­sonnengebräunte Färbung vortäuscht, wird durch die Anwendung von Di­hydroxyaceton (Abb. 5) in Form von Lösungen oder Salben erreicht. Es reagiert mit den freien Amino- und Iminogruppen der Hautpeptide nach Art einer Maillard-Reaktion [4] über verschiedene Zwischenstufen zu braunen Melanoiden. Hauptkomponenten der Maillard-Reaktion, die bei Lebensmitteln durch Hitzeeinwirkung zu Braunfärbungen führt (z. B. Brotkruste), sind reduzierende Zucker und Aminosäuren. Dihydroxyaceton ist eine Triose, also einer der beiden kleinsten Zucker, und reagiert nach der Anwendung mit Aminosäuren der Hautpeptide. Die entstehende Bräune ist nicht abwaschbar und verschwindet erst allmählich mit der normalen Abschuppung der Haut. Man sollte wissen, dass die durch Dihydroxyaceton gebräunte Haut nicht vor Sonnenbrand geschützt ist [5].

Abb. 5: Dihydroxyaceton bräunt die Haut durch eine Art Maillard-­Reaktion. Rucinol hemmt die ­Melaninbildung.

Eine orange-rosa Färbung der Haut, die dem Körper ein gesundes Aussehen verleiht und bereits bei Säug­lingen zu beobachten ist, wird durch ein Überangebot von Carotinoiden in der Nahrung erwirkt, die sich u. a. in der Haut ablagern.

Schwarzfärbung der Haut erreicht man durch Einwirkung von Silbernitrat (Höllenstein). Gelegentlich werden damit Diebe überführt, die sich an entsprechend präparierten Geldscheinen vergreifen. Durch den Kontakt mit der Haut reagieren die Silberionen zu feinsten Partikelchen, die der Haut langfristig eine nicht abwaschbare, schwarze Färbung verleihen.

Das Tätowieren hat bei verschiedenen Völkern eine lange Tradition. In Europa war es bei Seeleuten und gesellschaftlichen Randgruppen wie Gangstern, Prostituierten oder Häftlingen ­beliebt, bevor es in den 1980er-Jahren zu einem bis heute ungebremsten ­Modetrend wurde. Von Tätowierungen sind die ebenfalls beliebten Tattoo-Aufkleber zu unterscheiden, die von einer Folie auf die Haut übertragen werden und höchstens eine Woche halten.

Beim Tätowieren werden Pigmente auf direktem Wege, heute mithilfe von elektrischen Präzisionsmaschinen, durch die Epidermis in die mittlere Hautschicht (Cutis, Lederhaut) eingestochen. Als Farbmittel zum Tätowieren dienten oder dienen Tinten, Tuschen, Asche, Schießpulver, Schwermetallverbindungen, Azofarbstoffe, technische Pigmente. Darunter befindet sich auch kurioserweise das Pigment Red 254, das in China produziert wird und im Lack des roten Ferrari enthalten ist.

In Deutschland sind die Tätowierfarben seit September 2005 im Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch ­geregelt (§ 26 LFGB). Sie gelten als ­kosmetische Mittel und unterliegen Vorschriften zur Qualität, Reinheit und medizinischen Unbedenklichkeit. Die Tätowiermittel-Verordnung (seit Mai 2009 in Kraft) verbietet u. a. Azofarbstoffe, die krebserregende Amine abspalten können.

Das Permanent Make-up ist eine spezielle Tätowierung im Gesicht zur Erzielung mehrjährig haltbarer Lidschatten oder zur Betonung der Lippenkonturen. Je mehr es dem Tageslicht ausgesetzt ist, desto eher verblasst es durch die Einwirkung der UV-Strahlung.

Farben aus der Haut entfernt: Von der Oberfläche der Haut und aus den Poren lässt sich farbige Schminke mithilfe von Reinigungsmilch, -gel, -creme oder -salbe entfernen. Schwieriger ist es, natürliche oder künstliche Farbpigmente aus der Haut zu beseitigen.

Braune Altersflecken lassen sich mit dem in Japan entwickelten Rucinol (4-n-Butylresorcinol, Abb. 5), das die Melaninbildung hemmt, aufhellen [6].

Mithilfe verschiedener Laser-Systeme ist es heute möglich, Tätowierungen schonend und effektiv zu entfernen. Dabei absorbieren die Tattoo-Pigmente die Laser-Energie und werden fragmentiert. Die Spaltprodukte werden durch die Lymphe abtransportiert. Sie können allerdings toxisch sein, wie das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) in seinem Newsletter vom 13. August 2015 darlegte [7].

Die Lasertechnik eignet sich auch zur Entfernung von Permanent Make-up, Pigmentflecken und Sommersprossen. Darüber informiert die Deutsche Dermatologische Gesellschaft mit der Broschüre „Laserbehandlung der Haut“. |

Literatur

[1] Fitzpatrick Thomas B, Wolff Klaus (Hrsg). Atlas und Synopsis der klinischen Dermatologie: Häufige und bedrohliche Krankheiten. 3. Aufl. New York/Frankfurt a.M. 1998

[2] Moll I. Dermatologie. 7. Aufl. Stuttgart 2010

[3] Roth HJ. Getönt und angemalt – Farben und Färbetechniken für Haut und Haar. Dtsch Apoth Ztg 2012;152:1545–1549

[4] Angrick M, Rewicki D. Die Maillard-Reak­tion. Chem Unserer Zeit 1980;14(5):149-157

[5] Ärztliche Kosmetologie 1977;7:71–74

[6] Inhibitory Action of 4-n-Butylresorcinol (Rucinol) on Melanogenesis and its Skin Whitening Effects. J Soc Cosmetic Chemists Japan 2001;35(1):42–49

[7] BfR-Pressedienst vom 14.08.2015. Tattoos: „Auch der Abschied ist nicht ohne Risiko“


Autor

Prof. Dr. rer. nat. Dr. h. c. Hermann J. Roth,

Friedrich-­Naumann-Str. 33, 76187 Karlsruhe

www.h-roth-kunst.com

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