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Die Fettsäuren in fetten Wirkstoffölen*

Mit diesem Essay soll weder Öl ins Feuer (Horaz, Satiren 2.3.321: Oleum addere camino) noch Öl auf die Wellen gegossen werden. Er soll vielmehr eine aktuelle Standortbestimmung sein und immer wieder auftauchende Fragen nach der Art, der Struktur, den Mengen, der Nützlichkeit und den Wirkungen der Fettsäuren in fetten Ölen beantworten.

* Herrn Prof. Dr. Axel Kleemann in angenehmer Erinnerung an eine effektive und effiziente Zusammenarbeit als Koautoren mit besten Wünschen zum 70. Geburtstag gewidmet.

Eigenschaften der Fettsäuren


Die strukturellen Eigenschaften der in fetten Ölen enthaltenen Fettsäuren erstrecken sich von einfach, steif, flexibel, gesättigt, ungesättigt, geradzahlig, ungeradzahlig, verzweigt, unverzweigt, mit cis-Verknüpfung, mit trans-Verknüpfung, konjugiert, mit Allen-Modulen, optisch inaktiv, chiral, bis hin zu außergewöhnlich.

Die Wirkqualitäten der Fettsäuren können mit essenziell, nützlich, gut, schlecht, gesund und toxisch beschrieben werden.

Abb. 1: C16-Fettsäuren

Begriffsbestimmung

Vorweg ein paar Bemerkungen zur Begriffsbestimmung:

Kosmetikaproduzenten verstehen unter dem Begriff "Wirkstofföle" fette Öle, die Salben, Cremes oder Massageölen zugesetzt werden, weil sie heilende und pflegende Eigenschaften besitzen, jedoch in nativem Zustand zu intensiv oder aggressiv wirken, zu aufdringlich riechen, zu stark färben oder zu teuer sind.

Diese Eigenschaften beruhen jedoch nicht auf den fetten Ölen selbst, sondern auf Stoffen, die in ihnen enthalten sind. Als Wirkstofföle könnte man auch alle ätherischen Öle bezeichnen, da sie Gemische flüchtiger und überwiegend flüssiger Wirkstoffe darstellen, die verschiedene therapeutische Anwendungen finden. Man denke beispielsweise an Anisöl, Eukalyptusöl, Nelkenöl oder Pfefferminzöl.

Schließlich wäre die Bezeichnung Wirkstofföle am besten geeignet, solche fetten Öle zu charakterisieren, die wegen ihres Gehaltes an gebundenen Fettsäuren prophylaktische und therapeutische Qualitäten besitzen und die man – auch wenn es komisch klingen mag – korrekterweise als "fette Wirkstofföle" bezeichnen muss.

Und genau darum geht es hier, nämlich um Öle, die durch ihren Gehalt an bestimmten Fettsäuren Wirkstoffeigenschaften besitzen.

"Senföle" ist die historisch bedingte Bezeichnung für organische Isothiocyanate. Sie liegen glykosidisch gebunden als Glucosinolate vor, aus denen sie durch die Einwirkung von Thioglucosidasen unter Umlagerung freigesetzt werden. Sie riechen stechend und sind die geschmacksgebenden Komponenten der ätherischen Öle von Kreuzblütlern.

Als "Senföle" werden andererseits fette Öle bezeichnet, die zu 30 bis 35% in den Samenkörnern des schwarzen (Brassica nigra) und weißen Senfs (Sinapis alba) enthalten sind und durch Pressung daraus gewonnen werden. Hier wäre der Gebrauch des Synonyms "Senfkornöle" angebracht.


Abb. 2: C18-Fettsäuren.
Alle Doppelbindungen, die nicht gekennzeichnet sind, sind Z-konfiguriert.

Fette Öle in der Pharmazie

Ist es sinnvoll, zu fetten Ölen, die bereits in lexikalischen Kompendien beschrieben sind, analytische Betrachtungen anzustellen? Man darf zu einer positiven Beantwortung kommen, wenn man bedenkt, dass in dem für uns gültigen Europäischen Arzneibuch und in dem wohl umfassendsten und bekanntesten pharmazeutischen Kompendium, Hagers Handbuch der Pharmazeutischen Praxis (jetzt: Hagers Enzyklopädie der Arzneistoffe und Drogen), die in Tabelle 1 genannten Öle als Monographien enthalten sind.

Fettsäuren: Klassifizierung, Vorkommen und Struktur

"Fettsäuren" ist die Gruppenbezeichnung für gesättigte und ungesättigte (fast ausschließlich unverzweigte) Alkancarbonsäuren. Fettsäuren mit 1 bis 7 C‑Atomen bezeichnet man als niedere, solche mit 8 bis 12 C‑Atomen als mittlere und jene mit mehr als 12 C-Atomen als höhere Fettsäuren.

Die häufigsten Fettsäuren in den Glyceriden von fetten Ölen sind Laurin(C12)-, Myristin(C14)- und Palmitin(C16)-säure (Abb. 1) sowie Stearin-, Öl-, Linol- und α-Linolensäure (alle: C18).

Buttersäure (C4) kommt nur im Butterfett und dort auch nur mit 2 bis 3% vor. Caprinsäure (C10) ist zu etwa 10% im Öl der Kokosnuss und zu etwa 5% im Palmkernöl enthalten.

Über die Namen und Kürzel der Fettsäuren mit 16 bis 26 C-Atomen, die in Lipiden enthalten sind, informiert Tabelle 2.

Ungeradzahlige Fettsäuren

Während pflanzliche Fette und Öle ausschließlich geradkettige Fettsäuren enthalten, findet man in tierischen Fetten auch Fettsäuren mit ungerader Zahl an C‑Atomen. Die aus der Fettsäurebiosynthese abgeleitete Ansicht, dass natürliche Fettsäuren wegen des Aufbaus aus AcetylCoA-Einheiten immer eine gerade Zahl von C-Atomen aufweisen müssen, wurde 1954 von F. B. Shorland widerlegt. Die von ihm gefundenen Beispiele und weitere sind in Tabelle 4 zu finden.

Verzweigte Fettsäuren

Tierische Fette können bis zu 5% einfach verzweigte, meist ungeradzahlige, gesättigte Fettsäuren mit 17 C-Atomen enthalten.

In pflanzlichen Fetten und fetten Ölen kommen verzweigte Fettsäuren kaum vor und wenn, dann eher als Verunreinigungen. So ist beispielsweise die Phytansäure (3,7,11,15-Tetramethyl-hexadecansäure) als Abbauprodukt des Chlorophylls spurenweise im Milchfett von Wiederkäuern gefunden worden. Im Wollfett kann man verschiedene Methyl-verzweigte Fettsäuren finden. In bestimmten ätherischen Ölen ist die Isovaleriansäure enthalten (Baldrianöl). Tuberkelbazillen produzieren die verzweigte Tuberculostearinsäure (10R-Methyloctadecansäure), die aber nicht in Pflanzen oder Tieren vorkommt.

Apropos: Ob die Geier deshalb dem Aas zuerst die Augen mit dem anhängenden Sehnerv aushacken, um an die kostbaren ω-3-Fettsäuren zu gelangen, die auch für das Funktionieren ihrer sagenhaften Sehschärfe verantwortlich sind, muss zunächst noch in den Bereich zwischen Dichtung und Wahrheit eingeordnet werden.


Abb. 3: C20-Fettsäuren.
Alle Doppelbindungen sind Z-konfiguriert.

cis- und trans-Konfiguration

Die ungesättigten Fettsäuren der pflanzlichen fetten Öle liegen fast ausnahmslos in der cis-
(= Z-)-Konfiguration vor. Dadurch erhalten die aliphatischen Ketten eine mehr oder weniger gewinkelte Gestalt (Abb. 1, 2, 3, 4, 5), die sich positiv auf die Fluidität der Fette und ihrer Verbindungen (z. B. Phospholipide) sowie der Membranen menschlicher und tierischer Zellen, in die sie eingebaut werden, auswirkt.

Milch und Milchprodukte, Rindertalg und Hammeltalg enthalten auch kleine Mengen trans-Fettsäuren. In der Milch werden sie durch die Aktivität von Mikroorganismen im Verdauungstrakt von Wiederkäuern aus cis-Fettsäuren gebildet.

trans-Fettsäuren können als Nebenprodukte der katalytischen Hydrierung und bei bestimmten Lebensmittelverarbeitungen (z. B. Frittieren) entstehen. Bedenklich sind die Gehalte bei Snacks (bis 20%) und Pommes frites (6– 30%), die mit gehärteten Ölen hergestellt werden, sowie in den Fetten von Süß- und Backwaren (40– 70%).

Die bekannteste trans-Fettsäure ist die Elaidinsäure, das trans-Isomere der Ölsäure (Abb. 2). Eine isomere Elaidinsäure ist die Vaccensäure (Abb. 2). Fettsäuren mit trans-Konfiguration sind chemisch stabiler als solche mit cis-Konfiguration.

Man nimmt heute an, dass trans-Fettsäuren den Cholesterinspiegel erhöhen und damit atherogen wirken, was aber noch kontrovers diskutiert wird.

Prophylaxe und Therapie mit ω-6- und ω-3-Fettsäuren


ω-6-Fettsäuren: Beeinflussung der Blutgerinnung und des Blutdrucks durch Verschiebung des Verhältnisses der Prostanoide aus der Mono-, Di- und Tri-en-Reihe (Gefäßerweiterung), Senkung des Triglyceridspiegels.

ω-3-Fettsäuren: Verbesserung der Fließeigenschaften des Blutes, Steigerung der Fluidität der Zellmembranen, Senkung der Blutfettwerte, Arteriosklerose-Prophylaxe, Verminderung der Entzündungsmediatoren.


Abb. 4: C22-Fettsäuren

Essenzielle Fettsäuren

Essenzielle Fettsäuren, die früher als Vitamin F bezeichnet wurden, sind mehrfach ungesättigte Fettsäuren (PUFA), die für die Funktionen des menschlichen Körpers vonnöten sind, aber nicht von ihm erzeugt werden können und deshalb mit der Nahrung zugeführt werden müssen. Streng genommen sind als essenziell nur eine ω-6-Fettsäure und eine ω-3-Fettsäure zu bezeichnen, nämlich die Linolsäure und die α-Linolensäure. Arachidonsäure, die üblicherweise auch zu den essenziellen Fettsäuren gezählt wird, kann aber im Körper aus Linolsäure gebildet werden und ist deshalb als "halbessenziell" anzusehen.

Im Prinzip trifft das auch für die längerkettigen Derivate der α-Linolensäure zu, also für die Eicosapentaensäure und Docosahexaensäure. Menschliche und tierische Organismen sind nicht in der Lage, eine ungesättigte Fettsäure vom Methyl-Ende her bis zur vorhandenen Doppelbindung weiter zu dehydrieren, d.h. aus einer ω-6-Fettsäure eine ω‑3-Fettsäure zu machen.

Dagegen kann der menschliche Organismus zwischen existierenden Doppelbindungen und dem Carboxyl-Ende durch das Zusammenspiel von Desaturasen und Elongasen weitere Doppelbindungen einführen und die aliphatische Kette verlängern. Auf diese Weise wird aus Linolsäure über γ-Linolensäure und Dihomogammalinolensäure die Arachidonsäure gebildet (Abb. 6) und entsprechend aus γ-Linolensäure über Stearidonsäure und eine isomere Eicosatetraensäure die Eicosapentaensäure (Abb. 7). Analoges gilt für die Biosynthese der Docosahexaensäure.

In welchem Umfang diese biochemischen Prozesse im menschlichen Körper ablaufen, ist allerdings noch wenig bekannt.


Abb. 5: Ungewöhnliche, seltene Fettsäuren in pflanzlichen Triglyceriden.

ω-6- und ω-3-Fettsäuren

ω-6-Fettsäuren und ω-3-Fettsäuren sind metabolisch und funktionell für den menschlichen Körper unterschiedliche Substrate. Zu den ω-6-Fettsäuren gehören: Linolsäure, γ-Linolensäure, Dihomogammalinolensäure (DGLA) und Arachidonsäure (AA) (Abb. 2 und 3). DGLA und AA sind Substrate für die Biosynthese körpereigener Gewebshormone und Mediatoren, die als Prostanoide und Leukotriene bezeichnet werden.

Zu den ω-3-Fettsäuren zählen: α-Linolensäure (ALA), Stearidonsäure, Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA) (Abb. 2, 3, 4). Sie werden in die Phospholipide der Zellmembranen eingebaut, denen sie Flexibilität und Geschmeidigkeit verleihen. Am größten ist ihre Konzentration im Gehirn (Nervenzellen), in der Retina und den Keimdrüsen.

Die Bildung der lebenswichtigen Prostanoide aus PUFA ist an bestimmte Partialstrukturen geknüpft, die in den ω-6-Fettsäuren DGLA und AA sowie der ω-3-Fettsäure EPA enthalten sind. Gemeinsame Teilstruktur in den drei Säuren sind die drei Allylgruppen mit den drei cis -konfigurierten Doppelbindungen in den Positionen 8, 11 und 14 (Abb. 8). Bei der Cyclooxygenierung tritt Ringschluss zwischen C8 und C12 ein, während C9 und C12 oxygeniert werden. Damit sind zwei Doppelbindungen "verbraucht", und es verbleiben eine (bei DGLA), zwei (bei AA) oder drei Doppelbindungen (bei EPA) in den entstandenen Prostanoiden. Entsprechend werden sie der Mono-en-, Di-en- oder Tri-en-Reihe zugeordnet (Abb. 8), die unterschiedliche Wirkungen zeigen.

Nach den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung soll das Verhältnis von ω-3-Fettsäuren zu ω-6-Fettsäuren in einer ausgewogenen Ernährung 1 zu 5 betragen.

Einige Sonderfälle

Als außergewöhnliche Fettsäuren in bestimmten fetten Ölen (Abb. 5) sind zu nennen:

  • Licansäure (4-Oxo-9,11,13-octadecatriensäure), zu 73 bis 83% im Oiticicaöl (aus den Samen von Licania rigida, Chrysobalanaceae)

  • Hydnocarpussäure [11-(2-Cyclopentenyl)-undecansäure], im Chaulmoograöl (aus den Samen von Hydnocarpus kurzii, Flacourtiaceae)

  • Chaulmoograsäure S-[13-(2-Cyclopentenyl)-tridecansäure], im Chaulmoograöl

  • Gorlisäure -[13-(2-Cyclopentenyl)-6Z-tridecen-säure], im Gorli- und Chaulmoograöl

  • Malvaliasäure (2-Octyl-1-cyclopropen-1-heptansäure, im Baumwollsaatöl

  • Sterculiasäure (2-Octyl-1-cyclopropen-1-octansäure), im Baumwollsaatöl.

Zu den außergewöhnlichen Fettsäuren gehört auch die Ricinolsäure als chirale Hydroxysäure (Abb. 2).

Fettsäuren mit konjugierten Doppelbindungen

Wenn auch in den mehrfach ungesättigten Fettsäuren (PUFA) der fetten Öle die Doppelbindungen in Isolen-Funktionen vorliegen, d. h. zwischen zwei Doppelbindung eine CH2-Gruppe eingeschoben ist, existieren auch ein paar Ausnahmen mit konjugierten Doppelbindungen:

  • Punicinsäure (Abb. 2, s. u.)

  • α-Elaeostearinsäure (Abb. 2) mit 9,11,13-Z-E-E-Konfiguration, im Tungöl (aus den Samen von Aleurites und Vernicia spp., Euphorbiaceae)

  • Calendulasäure (Abb. 2) mit 8,10,12-E-E-Z-Konfiguration, im Calendulasamenöl

Hinzu kommt die Licansäure (Abb. 5), die nicht nur wegen ihrer Oxofunktion außergewöhnlich ist (s.o.), sondern auch wegen der drei konjugierten trans-Doppelbindungen (E-E-E-Konfiguration).


Abb. 6: Biosynthese der Arachidonsäure.

Raffinierte Pflanzenöle

Das Europäische Arzneibuch enthält elf raffinierte Pflanzenöle als Monographien (s. Tab. 1).

Zur Reinigung werden die nativen Öle in der Kälte mit Alkalien behandelt, um die freien Fettsäuren als Alkalisalze (Seifen) löslich zu machen und sie dann mit Wasser auszuwaschen. Störende Farbkomponenten und Schadstoffe werden durch Adsorption an Aktivkohle oder Aluminiumsilicate entfernt. Unangenehme Aromastoffe können durch eine Wasserdampfdestillation im Vakuum eliminiert werden. Durch diesen Reinigungsprozess werden zwar freie Fettsäuren aus den Ölen entfernt, die Triglyceride jedoch nicht beeinflusst.


Abb. 7: Biosynthese der Eicosapentaensäure (EPA).

Hydrierte Pflanzenöle

Bekanntlich hängt der Aggregatzustand der Fette und fetten Öle vom Anteil der gesättigten und ungesättigten Fettsäuren in ihren Triglyceriden ab. Je mehr gesättigte Fettsäuren, desto höher der Schmelzpunkt – und umgekehrt. Die Fetthärtung durch Hydrierung der ungesättigten Fettsäuren dient zur Erhöhung der Stabilität und Haltbarkeit, dabei nimmt allerdings der ernährungsphysiologische Wert des Produktes ab. Das Europäische Arzneibuch enthält die Monographien von vier hydrierten Ölen (Tab. 1).

Bemerkungen zu einzelnen Fettsäuren

Linolsäure. Besonders reich an Linolsäure sind Hanföl mit 50 bis 70% und Sonnenblumenöl mit etwa ca. 60%. Olivenöl enthält rund 10% (Tab. 3).

α-Linolensäure ist enthalten in Chiaöl (aus den Samen von Salvia hispanica) zu 50 bis 65%, in Leinöl zu 50 bis 60%, in Hanföl zu 20%, in Walnussöl zu 10 bis 15%, in Rapsöl zu 10% und in Sojaöl zu ca. 8% (Tab. 3).

γ-Linolensäure ist anzutreffen in Borretschsamenöl zu 22%, in Nachtkerzensamenöl zu ca. 10% und in Hanföl zu 3 bis 4%.

Punicinsäure. Das Kernöl des Granatapfels (Punica granatum) enthält etwa 60% Punicinsäure, eine sehr seltene, dreifach ungesättigte Fettsäure mit cis-trans-cis-Konfiguration, die außerdem der ungewöhnlichen ω-5-Reihe angehört (Abb. 2).

Myristinsäure. Im Kokosnussfett/-öl und im Palmkernöl (s.u.) besteht die stark dominierende Fraktion der gesättigten Fettsäuren zu 12 bis 20% aus Myristinsäure (14 C-Atome).

Erucasäure. Das herkömmliche Rapsöl enthält rund 50% Erucasäure (Abb. 4) und war deshalb als Nahrungsmittel nicht geeignet (kratziger Geschmack, Kardiotoxizität). Gentechnologisch wurden Rapssorten entwickelt (00-Raps, sprich Doppel-Null-Raps), die zugunsten der Ölsäure und α-Linolensäure praktisch Erucasäure-frei sind – ein Beispiel für den sinnvollen Einsatz der Gentechnologie zur Verbesserung der Nahrungsmittelqualität. Livio® war das erste Raps-Speiseöl, das in Westdeutschland auf den Markt kam.

Calendulasäure (Abb. 2) ist zu etwa 60% im Calendulasamenöl enthalten.

Docosahexaensäure (Abb. 4) ist zu 52% im Algenöl und in den Körperölen verschiedener Kaltwasserfische anzutreffen (s.u.).

Pflanzliches und tierisches Fett


Die meisten pflanzliche Fette haben einen hohen Anteil an ungesättigten Fettsäuren und sind deshalb bei Raumtemperatur flüssig, während die meisten tierischen Fette fast nur gesättigte Fettsäuren enthalten und bei Raumtemperatur fest sind (oder weich wie Butter, aber nicht flüssig). Zu den Ausnahmen zählen bei den Pflanzen das Kokosfett, bei den Tieren neben Fischölen und Lebertran auch die "Kopföle" bestimmter Wale und das Klauenöl, das von Uhrmachern als Gewindeöl und von Waffenherstellern als Gewehröl benutzt wird.

Bemerkungen zu einzelnen Ölen

Palmöl und Palmkernöl sind in ihrer Fettsäurezusammensetzung grundverschieden. Palmöl, das aus dem fleischigen Fruchtgewebe (Endosperm) der Ölpalme separiert wird, enthält etwa 40% Ölsäure und ca. 44% Palmitinsäure. Palmkernöl dagegen, das aus den Samen (Kernen) gewonnen wird, enthält nur etwa 14% Ölsäure und ca. 85% gesättigte Fettsäuren, insbesondere Laurinsäure (12 C-Atome, ca. 50%).

Portulaköl. Die Angaben zum Portulak (Portulaca oleracea) in der Fachliteratur sind widersprüchlich. Nach Souci-Fachmann-Kraut sind in 100 g frischem Kraut 340 mg Öl enthalten, also 3,4 mg/g. Nach Hager macht schon allein die α-Linolensäure 4,05 mg/g aus, hinzu kommt u. a. 0,01 mg/g EPA. Portulak als Salat oder Suppe genossen, ist zwar originell und "gesund". Um einen therapeutischen Effekt zu erzielen, müssten man aber mit einem elefantösen Appetit Unmengen dieser Pflanze verzehren.

Hanföl. Bemerkenswert ist das Verhältnis von 2,5: 1 der ω-6-Fettsäuren zu den ω-3-Fettsäuren.

Johannisbeersamenöl. Das Öl der Samenkerne von Ribes nigrum enthält 15 bis 19% γ-Linolensäure, dasjenige von Ribes rubrum hingegen nur 4 bis 5%.

Nachtkerzensamenöl. Das Öl aus den Samen verschiedener Oenothera-Arten (Onagraceae) enthält neben anderen ungesättigte Fettsäuren besonders die γ‑Linolensäure (bis 14%). Die Applikation des Öls verbessert die Symptome der Neurodermitis.

Fischöle werden aus der Muskulatur von Kaltwasserfischen separiert. Sie sind besonders reich an höheren ω-3-Fettsäuren wie Docosapentaensäure und DHA (Abb. 4), worauf ihr prophylaktischer und therapeutischer Wert beruht. Sie enthalten höchstens Spuren der Vitamine A und D.

Lebertran ist das fette Öl, das aus frischen oder gefrorenen Lebern von Dorschen (Gadus morrhua u.a.) gewonnen wird. Gute Qualitäten enthalten pro Gramm 2000 bis 4000 I.E. Vitamin A und etwa 100 I.E. Vitamin D. Die Verabreichung von Lebertran und Zubereitungen dient hauptsächlich der Behebung eines Vitamin-D-Mangels (u.a. Rachitis-Prophylaxe).


Abb. 8: Biosynthese der Prostaglandine mit ein bis drei Doppelbindungen (PGE1 bis PEG3) aus bestimmten Trien-, Tetraen- und Pentaen­fettsäuren. (Eicosatriensäure = Dihomogammalinolensäure)

Sekundäre Naturstoffe in fetten Ölen

In fetten Ölen sind als Begleitstoffe Steroide (vor allem Phytosterole), Carotinoide, Flavonoide, Cumarine, flüchtige Verbindungen und fettlösliche Vitamine zu finden. Alle pflanzlichen fetten Öle enthalten in unterschiedlichen Konzentrationen Tocopherole und/oder Tocotrienole, d.h. Vitamin E-wirksame Verbindungen, die als Radikalfänger den Ölen einen Schutz vor oxidativer Zersetzung bieten und damit das Ranzigwerden verhindern oder wenigstens verzögern. Der Verzehr Vitamin-E-reicher Öle leistet einen Beitrag zum Schutz und zur Stabilisierung von Zellmembranen. Die höchsten Tocopherol- und Tocotrienol-Gehalte zeigen (in absteigender Reihenfolge): Weizenkeimöl, Sonnenblumenöl, Maiskeimöl, Sesamöl, Walnussöl und Leinöl.

Anwendungen

Fette Öle finden nutritive, nahrungsmittelergänzende, therapeutische, prophylaktische, kosmetische und technische Verwendung.

Zur Behandlung der Hypercholesterolämie und zur Prophylaxe der Arteriosklerose, zur Besserung kardiovaskulärer Erkrankungen und Minderung der Thrombosegefahr werden Öle mit hohem Gehalt an Linolsäure, α-Linolensäure, DGLA, EPA und DHA empfohlen.

Olivenöl, Erdnussöl und Leinöl sind milde Abführmittel (Dosis ca. 50 ml), weil sie in unveränderter Form als Gleitmittel wirken und ihre Fettsäuren nach der Hydrolyse die Darmschleimhaut reizen. Nur Rizinusöl ist ein starkes Laxans, da die Ricinolsäure antiresorptiv und hydragog wirkt.

Häufige Verwendung finden verschiedene fette Öle als Grundstoffe zur Fertigung von Salben, Cremes, Emulsionen, Linimenten, Lotionen und öliger Lösungen, die am Auge angewandt werden können.

Zur Bereitung von Injektionslösungen lipophiler Wirkstoffe, die nicht peroral verabreicht werden können, dienen einige der raffinierten Öle des Europäischen Arzneibuchs. An diese Öle werden bestimmte Anforderungen gestellt. Die öligen Lösungen dürfen wegen der Gefahr einer Fettembolie nicht in die Blutbahn oder in den Liquor injiziert werden.

Literatur B. Carstensen, Schnellmethoden zur Isolierung und Bestimmung von Minorkomponenten in pflanzlichen Ölen und Fetten, Gustav Fischer Verlag, Jena 2001. Publikationen der Deutschen Gesellschaft für Fettwissenschaft, Fettsäurezusammensetzung wichtiger pflanzlicher und tierischer Speisefette und -öle. Europäisches Arzneibuch, 6. Ausgabe, Deutscher Apotheker Verlag, Stuttgart 2008. Hagers Handbuch der Pharmazeutischen Praxis, 5. Aufl., Springer-Verlag, Berlin 1990 f. A. Karleskind, Oils and fats manual, Lavoisier Publishing, Springer-Verlag, Berlin 1996. S. Krist, G. Buchbauer und C. Klausberger, Lexikon der pflanzlichen Fette und Öle, Springer, Wien 2008. L. Roth und K. Kormann, Ölpflanzen Pflanzenöle, ecomed-Verlag, Landsberg am Lech 2000. Souci-Fachmann-Kraut, Nährwert-Tabellen, 7. Aufl., Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2008. Prof. Dr. rer. nat. Dr. h. c. Hermann J. Roth, FriedrichNaumannStr. 33, 76187 Karlsruhe, www.h-roth-kunst.com, info@h-roth-kunst.com

Prof. Dr. rer. nat. Dr. h. c. Hermann J. Roth, FriedrichNaumannStr. 33, 76187 Karlsruhe, www.h-roth-kunst.com, info@h-roth-kunst.com

Literaturtipp


Fett macht fett. So lautet ein Dogma vieler Ernährungswissenschaftler. Ulrike Gonder, die ebenfalls vom Fach ist, vertritt einen anderen Standpunkt: Unser Körper braucht Fett. Fettarme Kost macht das Leben zwar geschmackloser, aber nicht gesünder.


Ulrike Gonder

Fett!

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4. Aufl., 232 S., 19 s/w Abb., kart. 16,80 Euro

S. Hirzel Verlag, Stuttgart 2009

ISBN 978-3-7776-1674-2


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