Selbstmedikation

Hormonfrei durch die Wechseljahre

Zur Behandlung von Wechseljahresbeschwerden stehen zahlreiche Phytotherapeutika für die Selbstmedikation zur Verfügung. Eine besondere Stellung unter den pflanzlichen Präparaten nimmt der spezielle isopropanolische Traubensilberkerzenextrakt iCR ein. Er ist im Hinblick auf Wirksamkeit und Sicherheit bei klimakterischen Beschwerden gut untersucht und dokumentiert.

In der zweiten Lebenshälfte verändert sich der Hormonhaushalt von Frauen maßgeblich. Die Phase der hormonellen Umstellung bezeichnet man als Klimakterium oder Wechseljahre. Sie dauert durchschnittlich zehn Jahre. In dieser Zeit verliert die Frau durch Rückgang der Hormonproduktion in den Eierstöcken (Ovarien) allmählich ihre Fortpflanzungsfähigkeit. Die Menopause, also die letzte Regelblutung, ist das deutlichste Signal für den Wechsel. Sie ist nur rückblickend feststellbar, nachdem die Menstruation in zwölf aufeinanderfolgenden Monaten ausgeblieben ist. Die Menopause tritt in der Regel zwischen dem 45. und 55. Lebensjahr ein, das Durchschnittsalter liegt in den westlichen Ländern bei 51,4 Jahren. Damit sind die Wechseljahre aber noch nicht abgeschlossen. Die Hormonproduktion verringert sich immer weiter bis sie später ganz eingestellt wird. Diese Zeitspanne (Postmenopause) ist durch typische Veränderungen geprägt und dauert etwa bis zum 60. Lebensjahr.

Ursachen der Wechseljahresbeschwerden

Am Anfang der Wechseljahre versucht der Körper die Ovarien durch eine erhöhte Ausschüttung von Botenstoffen (Gonadotropin) wieder zur Hormonproduktion anzuregen, um die Abnahme der Östrogenbildung zu kompensieren. Diese erste Phase des hormonellen Wandels (Prämenopause) ist durch ein Ungleichgewicht der Hormone charakterisiert, was zu sehr unregelmäßigen oder auch lang anhaltenden Regelblutungen führt bis die Menstruation schließlich ganz ausbleibt. Die hormonelle Umstellung kann zudem Störungen im zentralnervösen Neurotransmitterhaushalt (z. B. Noradrenalin und Serotonin) hervorrufen, wodurch es zu einer Beeinträchtigung der Regulationszentren für Körpertemperatur und Stimmungslage im Hypothalamus kommt.

Häufige Symptome

Die hormonelle Umstellung macht sich bei jeder Frau auf individuelle Weise bemerkbar. Während jede dritte Frau eine starke Beeinträchtigung ihrer Lebensqualität erfährt, verspürt ein Drittel der Frauen nur mäßige und ein weiteres Drittel nur leichte oder sogar gar keine Anzeichen. Zu den typischen Begleiterscheinungen zählen vegetative Symptome (Hitzewallungen, Schweißausbrüche, Schlafstörungen), psychische Beschwerden (Stimmungsschwankungen, Reizbarkeit, depressive Verstimmungen) und urogenitale Veränderungen (Scheidentrockenheit, Inkontinenz, rezidivierende Harnwegsinfekte). Weiterhin können Sexualstörungen, Leistungs- und Gedächtnisschwäche, Gewichtszunahme, Haut- und Haarveränderungen, Beeinträchtigungen des Knochen- und Gelenkapparates sowie Herzbeschwerden auftreten.

Pflanzliche Behandlungsmöglichkeiten

Die Diskussion um Nutzen und Risiken einer Hormontherapie (HT) gegen klimakterische Beschwerden hat dazu geführt, dass sich Frauen in der Apotheke vermehrt nach hormonfreien Alternativen erkundigen. Zum einen werden Isoflavon-haltige Präparate mit Soja und Rotklee vertrieben. Dies sind allerdings lediglich Nahrungsergänzungsmittel, die anders als Arzneimittel weder Wirksamkeit noch Unbedenklichkeit in wissenschaftlichen Studien zwingend belegen müssen. In der Vergangenheit hat eine große Diskussion über Nutzen und Sicherheit von Isoflavonen bei Wechseljahresbeschwerden stattgefunden. So hat zum einen das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) aufgrund der unklaren Datenlage 2007 eine Sicherheitswarnung für Nahrungsergänzungsmittel auf Grundlage von Isoflavonen herausgegeben und rät von der langfristigen Einnahme solcher Produkte ab. Die Isoflavon-Forschungs-Initiative präsentierte hingegen 2008 klinische, pharmakologische und toxikologische Daten, die eine Supplementation von Isoflavonen in den Wechseljahren sinnvoll und sicher erscheinen lassen.

Des Weiteren gibt es als Arzneimittel zugelassene Präparate aus Extrakten der Wurzel des Rhapontikrhabarbers (z. B. Phyto-Strol®, Phyto-Strol® Loges) und des Wurzelstocks der Traubensilberkerze. Bei der Traubensilberkerze (Cimicifuga racemosa) existieren Präparate mit ethanolischem Auszugsmittel (z. B. Cimicifuga-racemosa-Spezialextrakt BNO 1055 in Klimadynon®, Klimadynon® uno) und isopropanolisch ausgezogene Extrakte (z. B. iCR-Spezialextrakt in Remifemin®, Remifemin® plus). Sowohl für die Cimicifuga- als auch die Rhapontikrhababer-haltigen Arzneimittel sind Qualität, Wirksamkeit und Sicherheit bei klimakterischen Beschwerden durch zahlreiche Studien nachgewiesen.

Was Frau sonst noch tun kann

  • homöopathische Einzel- und Komplexmittel (z. B. Cimicifuga, Sepia, Cefakliman® N, Klimaktoplant® N)
  • Salbeipräparate (z. B. Sweatosan® N) zur Reduktion der Schweißproduktion
  • Präparate mit Lactobazillen (z. B. Vagiflor®), Milchsäure (z. B. Vagisan® Milchsäure) oder Vitamin C (z. B. Vagi C®) zur lokalen Verbesserung des Scheidenmilieus
  • Gleitgele (z. B. K Y Femilind®, Gleitgelen®) bei Schwierigkeiten beim Intimverkehr durch Trockenheit der Scheide
  • calciumreiche Ernährung oder eventuell Calciumsubstitution bzw. kombinierte Einnahme von Calcium und Vitamin D (z. B. Calcium-Sandoz® forte) zur Osteoporoseprophylaxe
  • Entspannungsmethoden wie Yoga, autogenes Training oder Tai Chi zur Beeinflussung der psychischen Komponente
  • gesunde, abwechslungsreiche Ernährung mit ausreichender Flüssigkeitszufuhr unter anderem zur Beeinflussung des Risikos für Übergewicht oder von Herz-Kreislauf-Erkrankungen
  • regelmäßige Bewegung oder sportliche Betätigung unter anderem zur Steigerung des Wohlbefindens, Reduktion der Hitzewallungen, Beeinflussung des Risikos für Übergewicht oder zum Training der Beckenbodenmuskulatur

Positives Nutzen-Risiko-Verhältnis bestätigt

Mit dem isopropanolischen Cimicifuga-racemosa-Spezialextrakt (iCR) wurden beispielsweise umfangreiche präklinische und klinische Untersuchungen durchgeführt, an denen über 11.000 Patientinnen teilnahmen. Es konnte eine signifikante Verbesserung von vasomotorischen und psychischen Wechseljahresbeschwerden im Vergleich zu Placebo gezeigt werden. Dabei war die Wirksamkeit einer niedrig dosierten Hormontherapie vergleichbar. Beide Präparate zeichnen sich durch eine gute Verträglichkeit aus. Im Hinblick auf die Sicherheit konnte gezeigt werden, dass der isopropanolische Cimicifuga-racemosa-Spezialextrakt keine Phytoöstrogene bzw. Hormone enthält und auch keine östrogenartige Wirkung ausübt. Unter der Therapie werden weder hormonelle Werte (FSH, LH, Estradiol, Prolaktin) verändert, noch kommt es zu einer Beeinflussung östrogensensibler Organe (keine Veränderung von Brustgewebsdichte, Brustzellproliferation, Endometriumsdicke oder Vaginalzytologie). Demgegenüber konnten aber positive Effekte auf den Lipidstoffwechsel und den Knochenmetabolismus nachgewiesen werden.

In keiner der Studien sind darüber hinaus Leberschädigungen aufgetreten. Schaper & Brümmer hat dennoch einen Leberwarnhinweis in die Fachinformation der beiden Cimicifuga-Präparate aufgenommen, da die Firma einräumt, dass es mit wissenschaftlichen Studien prinzipiell nicht möglich ist, seltene Nebenwirkungen mit absoluter Sicherheit auszuschließen.

Auf der Suche nach dem Wirkmechanismus

Bei der Traubensilberkerze gelten Triterpenglykoside mit Actein und 27-Deoxyactein sowie Phenolsäuren mit Cimicifugasäure und Kaffeesäure als die entscheidenden Inhaltsstoffgruppen. Wegen der Vielzahl an Inhaltsstoffen des Pflanzenextraktes kann kein genauer Wirkmechanismus mit Sicherheit bestimmt werden. Die verschiedenen Angriffspunkte des Extraktes verdeutlichen vielmehr, dass die Wirksamkeit auf vielfältigen Mechanismen zu basieren scheint, welche sich durch die große Anzahl an Inhaltsstoffen bzw. potenziellen Wirkstoffen erklären lassen. Der derzeitige Erkenntnisstand deutet darauf hin, dass der Gesamtextrakt die Wirksamkeit ausmacht, wobei sich die unterschiedlichen Effekte in ihrer Wirkung additiv-synergistisch unterstützen.

Phyto-SERM und ZNS-Aktivität

Die gewebsspezifisch unterschiedliche Wirkung lässt sich im Sinne eines Phyto-SERMS, also auf einer selektiven Estrogen-Rezeptor-Modulation, erklären, welche je nach Gewebe agonistische oder antagonistische Effekte zur Folge hat. Neuere Untersuchungen weisen zudem darauf hin, dass der isopropanolische Cimicifuga-racemosa-Spezialextrakt über eine zentralnervöse Wirkung (Modulation von zentralnervösen Rezeptoren) auch dort angreift, wo neurovegetative und psychische Wechseljahresbeschwerden entstehen, d.h. in den Regulationszentren für Körpertemperatur und Stimmungslage im Hypothalamus. Weiterhin wurde eine Bindung an Serotonin-, Dopamin- und GABA-Rezeptoren gezeigt. Zusätzlich bewirkt der isopropanolische Cimicifuga-racemosa-Spezialextrakt je nach Hirnregion unterschiedliche Veränderungen an zentralnervösen μ-Opioidrezeptoren. So wird beispielsweise eine Steigerung des μ-Opioidrezeptor-Bindungspotenzials bzw. der μ-Opioidrezeptor-Verfügbarkeit sowohl in östrogensensiblen als auch in den für emotionale und kognitive Funktionen zuständigen Hirnarealen beobachtet.

Was gibt es zu beachten?

Wie bei vielen pflanzlichen Wirkstoffen dauert es auch bei Cimicifugapräparaten einige Wochen bis sich die Wirkung voll entfaltet. Zur Behandlung leichterer vegetativer Symptome wie Hitzewallungen, Schweißausbrüche oder Schlafstörungen reicht oft die alleinige Einnahme des Traubensilberkerzenextraktes. Patientinnen mit stärker ausgeprägten oder betont psychischen Beschwerden wie depressive Verstimmung, nervöse Unruhe, Angst oder Gereiztheit, profitieren von der kombinierten Einnahme des Traubensilberkerzenextraktes mit Johanniskraut. Stehen depressiven Verstimungen oder Unruhezustände im Vordergrund, kann auch die alleinige Anwendung von Johanniskraut- oder Baldrianpräparaten genügen.

Quelle Priv.-Doz. Dr. med. Petra Stute, Bern; Priv.-Doz. Dr. Martin Tegtmeier, Lübeck: Presseworkshop "Hormonfrei und natürlich durch die Wechseljahre”, Hamburg, 7. April 2010, veranstaltet von der Schaper & Brümmer GmbH & Co. KG, Salzgitter. Selbstmedikation. Leitlinien zur Pharmazeutischen Beratung für die Kitteltasche, Deutscher Apotheker Verlag (2007).

 


Apothekerin Gode Meyer-Chlond

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.