Arzneimittel und Therapie

Grüner Tee gegen Warzen – ist das ein Erfolgskonzept?

In klinischen Phase-III-Studien zur Wirksamkeit und Unbedenklichkeit bei immunkompetenten Patienten zeigte sich, dass die dreimal tägliche Behandlung mit Veregen 10% über bis zu 16 Wochen signifikant wirksamer war als die Behandlung mit Placebo in Bezug auf die vollständige sichtbare Abheilung aller äußerlichen Feigwarzen im Genital- und Perianalbereich. Wir sprachen mit Prof. Dr. Eggert Stockfleth vom Hauttumorcentrum Charité (HTCC) an der Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie, Berlin, über die Einsatzmöglichkeiten der Salbe aus Grünem Tee-Extrakt.
Prof. Dr. Eggert Stockfleth

DAZ: Die anogenitale Infektion mit humanen Papillomaviren (HPV) ist weltweit die häufigste virale sexuell übertragbare Infektion. Welche Therapieoptionen stehen derzeit zur Behandlung äußerlicher Feigwarzen zur Verfügung?

Stockfleth: Infrage kommen lokal destruierende Maßnahmen, also das Herausschneiden der Warzen, die Laserbehandlung oder die Kryotherapie. Diese Verfahren eignen sich allerdings nur, wenn einzelne Kondylome entfernt werden müssen. Bei den meisten Patienten ist jedoch die Zahl der Kondylome höher und deshalb die Behandlung einer größeren Fläche erforderlich. Daher wird bevorzugt medikamentös mit topisch wirksamen Substanzen behandelt, insbesondere auch um eine lokale Immunstimulierung zu erreichen. In Deutschland sind bislang für die medikamentöse Therapie äußerlicher Feigwarzen Imiquimod und Podophyllotoxin zugelassen.

DAZ: Was macht die Behandlung so schwierig?

Stockfleth: Der Therapieerfolg und die Rezidivrate hängen eng mit dem Immunsystem des Patienten zusammen. Deshalb kommen die Kondylome auch besonders häufig wieder, wenn sie chirurgisch entfernt und das Immunsystem nicht stimuliert wurde. Insgesamt liegen die Ein-Jahres-Rezidivraten abhängig von der Behandlungsform zwischen 20 und 100%.

DAZ: Nun kommt ein Trockenextrakt aus Grünem Tee zur topischen Behandlung von Genitalwarzen auf den Markt. Wie ist hier die Vorgeschichte?

Stockfleth: Man weiß, dass Grüner Tee, genauer gesagt die darin enthaltenen Polyphenole, gezielt gegen Viren, und insbesondere auch gegen humane Papillomaviren (HPV) wirksam sind. Das war sicher einer der Gründe nachzuforschen, denn die Genitalwarzen werden durch bestimmte HPV-Typen ausgelöst. Zudem war bekannt, dass Polyphenole freie Sauerstoffradikale wegpuffern können, ebenfalls ein günstiger Effekt gegen Viren. Der Extrakt, der nun zur Verfügung steht, wirkt über mehrere Mechanismen: Er führt zu einer Normalisierung der krankhaft gesteigerten Keratinozytenproliferation, wirkt antioxidativ, antiinflammatorisch und, durch Einfluss auf zelluläre Signalwege, auch wachstumshemmend. Außerdem hat er einen immunmodulierenden Effekt, indem er bestimmte Zytokine hochreguliert, insbesondere auch die Th1-Antwort.

DAZ: Wo sehen Sie den Stellenwert des neuen Präparats?

Stockfleth: Podophyllotoxin ist ein stark reizender Wirkstoff und hat deshalb inzwischen eine untergeordnete Bedeutung. Vergleicht man Studiendaten von Imiquimod, das die lokale Immunität erhöht, mit Studiendaten zu den Polyphenolen ergibt sich eine etwa vergleichbare Abheilungsrate. Allerdings ist die Rezidivrate unter Veregen® deutlich besser. Eine direkte Vergleichsstudie gibt es bislang nicht. Mit den Polyphenolen steht zudem erstmals ein natürlicher Wirkstoff zur Verfügung. Davon verspreche ich mir eine hohe Akzeptanz beim Patienten.

DAZ: Veregen® muss dreimal täglich aufgetragen werden. Halten die Patienten das durch?

Stockfleth: In den Studien zu Veregen® wurde auch die Compliance geprüft. Dabei haben wir keine Probleme beobachtet. Wahrscheinlich ist der Leidensdruck der Patienten so hoch, dass sie sich an die ärztliche Empfehlung halten. Ich empfehle die Anwendung morgens, abends und vor dem Zu-Bett-Gehen. Das kann gut vom Patienten durchgeführt werden.

DAZ: Wenn Grüner Tee gegen Genitalwarzen wirkt, müsste er dann nicht auch gegen Hautwarzen wirksam sein?

Stockfleth: Grundsätzlich ja, denn auch Hautwarzen werden von HPViren ausgelöst. Das Problem aber ist, dass diese Warzen stark hyperkeratinisiert sind. Durch dieses tote Hornmaterial penetriert kaum ein Wirkstoff. Das ist bei Warzen im Schleimhautbereich einfacher, denn dort gelangt der Wirkstoff sehr gut in die Basalzellen, in denen die Viren sitzen, und die Therapieerfolge sind wesentlich besser. In der täglichen Praxis führen wir deshalb bei Handwarzen zuerst eine Keratolyse durch und setzen den Wirkstoff erst dann ein.

DAZ: Herr Professor Stockfleth, herzlichen Dank für das Gespräch!

 

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