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Referentenentwurf zur AMG-Novelle vorgelegt

BERLIN (ks). Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) hat am 22. Dezember den Referentenentwurf für die 15. Novelle des Arzneimittelgesetzes (AMG) vorgelegt. Angesichts der in diesem Jahr anstehenden Bundestagswahl und der sich daraus ergebenden Kürze des Gesetzgebungsverfahrens halten sich die geplanten Änderungen in Grenzen.

Ausgangspunkt der Novelle ist, dass das AMG an die europäischen Verordnungen über Kinderarzneimittel und über Arzneimittel für neuartige Therapien angepasst werden muss. Daneben sind Neuerungen, die sich aus den Vollzugserfahrungen ergeben erforderlich. Geändert werden sollen auch andere Rechtsvorschriften, die teils mit Änderungen des AMG zusammenhängen. Dies betrifft das Betäubungsmittelgesetz, das Transfusionsgesetz und die Verordnung über homöopathische Arzneimittel. So soll etwa letztere aufgehoben und damit das bisherige Nebeneinander von gesetzlichen und Rechtsverordnungsvorschriften im Bereich der homöopathischen Arzneimittel beendet werden. Entsprechendes soll für traditionelle pflanzliche Arzneimittel gelten.

Versorgungsauftrag für Großhändler

Geändert werden aber auch Gesetze, die überwiegend andere Regelungsziele verfolgen. So sind Neuregelungen für den pharmazeutischen Großhandel vorgesehen. Dieser soll mit einem neu eingefügten § 52 b AMG (Bereitstellung von Arzneimitteln) in den öffentlichen Versorgungsauftrag einbezogen werden. Das Gleiche gilt für die pharmazeutischen Unternehmer. Sie "müssen im Rahmen ihrer Verantwortlichkeit eine bedarfsgerechte und kontinuierliche Belieferung vollversorgender Arzneimittelgroßhandlungen gewährleisten", heißt es im Gesetzentwurf. Bislang obliegt nur den Apotheken ein gesetzlicher Versorgungsauftrag (§ 1 Apothekengesetz). Apotheken sind jedoch zur Erfüllung ihres Versorgungsauftrages auf eine kontinuierliche Belieferung mit Arzneimitteln und eine funktionierende Infrastruktur zur Distribution und Lagerung von Arzneimitteln angewiesen, wird in der Begründung des Referentenentwurfs ausgeführt. Daher sei es gerechtfertigt, neben den Apotheken auch die pharmazeutischen Unternehmer und den Großhandel in den öffentlichen Versorgungsauftrag mit einzubinden. Um dem Großhandel die Erfüllung dieser Aufgabe zu ermöglichen, sollen die Großhandelsspannen neu gestaltet werden – allerdings noch nicht sofort. Das BMG und das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie erhalten vielmehr den Auftrag, einen Vorschlag zur Neugestaltung der Großhandelsspanne in der Arzneimittelpreisverordnung vorzulegen, der zum 1. Januar 2010 umgesetzt werden und in Kraft treten kann. Laut Referentenentwurf sollen die Großhandelszuschläge von dem derzeitigen prozentualen, preisabhängigen Zuschlag auf einen preisunabhängigen Fixbetrag plus prozentualem Logistikzuschlag umgestellt werden.

Bedenkliche Arzneimittel und Fälschungen

Weitere Regelungen betreffen etwa bedenkliche Arzneimittel. In § 5 Abs. 1 AMG soll das Verbot des Inverkehrbringens bedenklicher Arzneimittel auf die Anwendung bedenklicher Arzneimittel bei anderen Personen erstreckt werden. Dies soll eine Strafbarkeitslücke schließen. Auch das Problem der Arzneimittelfälschungen wird in der AMG-Novelle aufgegriffen. In § 8 AMG sollen die Verbote zum Schutz vor Arzneimittelfälschungen auf gefälschte Wirkstoffe erweitert werden. Es wird ein ausdrückliches Verbringungsverbot für gefälschte Arzneimittel und gefälschte Wirkstoffe festgeschrieben. Diesbezüglich gibt es auch Regelungen in § 68 AMG (erleichterter Informationsaustausch mit Drittstaaten im Fall von Arzneimittelrisiken) sowie in § 74 AMG. Im Bereich der klinischen Prüfung von Arzneimitteln soll in § 42a AMG klargestellt werden, dass die Ethik-Kommission ihre zustimmende Bewertung zurücknehmen oder widerrufen kann, wenn die für die Erteilung erforderlichen Voraussetzungen weggefallen sind oder bei Erteilung nicht vorlagen. In § 63b AMG werden Prüfpräparate aus den allgemeinen Meldepflichten für Nebenwirkungen herausgenommen.

Änderungen im SGB V

Änderungen gibt es auch im Fünften Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB V). So wird zur Vermeidung von ungerechtfertigten Belastungen durch die Einführung von Krankengeldwahltarifen eine Regelung getroffen, die hauptberuflich selbstständig Erwerbstätigen, unständig und kurzzeitig Beschäftigten als zusätzliche Option neben den Wahltarifen die Wahl eines "gesetzlichen" Krankengelds (Krankengeldanspruch ab der siebten Woche der Arbeitsunfähigkeit gegen Zahlung des allgemeinen Beitragssatzes) ermöglicht. Darüber hinaus ist im SGB V vorgesehen, dass Einkaufsvorteile und Rabatte von pharmazeutischen Unternehmern für Arzneimittel, die aufgrund besonderer Fallgestaltungen nicht unter das Rabattverbot des § 78 Abs. 3 AMG fallen – etwa Rabatte bei onkologischen Rezepturen – den Krankenkassen zur Entlastung der Beitragszahler weitergeleitet werden. Als Folge bedarf es einer Änderung in der Arzneimittelpreisverordnung. Überdies sind Regelungen zur elektronischen Gesundheitskarte vorgesehen.

Standardzulassungen bleiben bestehen

Eine Abschaffung von Standardzulassungen, wie sie im Vorfeld der Vorlage des Referentenentwurfs diskutiert wurde, ist nicht vorgesehen. Jetzt beschränkt man sich auf einige Änderungen: So soll es eine regelmäßige Überarbeitung und Aktualisierung der zugrunde liegenden Monographien geben. Auch die Anzeigepflicht für die Nutzung der Standardzulassungen soll insbesondere auf die nicht apothekenpflichtigen Arzneimittel erweitert werden. Darüber hinaus ist eine Gebührenpflicht für die Nutzung der Standardzulassung vorgesehen. Individualzulassungen sollen zukünftig auch dann beantragt werden können, wenn für das betreffende Arzneimittel eine Standardzulassung existiert.

Kritik vom VFA

Die Verbände und Betroffenen sind aufgerufen bis zum 16. Januar 2009 zum Referentenentwurf Stellung dazu nehmen. Der Verband der Forschenden Arzneimittelhersteller (VFA) äußerte sich bereits kritisch zu der vorgesehenen Regelung, dass Pharmaunternehmen zur Lieferung an Großhändler verpflichtet werden sollen: "Grundsätzlich steht die Pharmaindustrie für eine Pluralität der Vertriebswege", erklärte VFA-Hauptgeschäftsführerin Cornelia Yzer. Deshalb müsse der Hersteller die Entscheidung treffen können, ob er den Weg über den Großhandel wählt, ob er die Direktlieferung an die Apotheke vorzieht oder ob er beide Optionen nutzen will. "Jede Zementierung von Vertriebswegen durch den Gesetzgeber sehen wir deshalb kritisch. Eine wettbewerbliche Lösung, die es dem Markt überlässt, welche Liefermodelle sich künftig durchsetzen, wäre die bessere Lösung", sagte Yzer.

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