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Belieferungsanspruch des Großhandels in der Kritik

BERLIN (ks). Am 20. Januar fand im Bundesgesundheitsministerium eine Anhörung zur 15. Novelle des Arzneimittelgesetzes statt. Dabei stand die sogenannte Belieferungspflicht an den Großhandel durch die pharmazeutische Industrie im Fokus. Der Pharmagroßhandel und die Industrie sollen in den Versorgungsauftrag einbezogen werden. Daraus folgt auch ein Belieferungsanspruch des Handels durch die Hersteller. Pharmaverbände äußerten sich im Vorfeld der Anhörung kritisch zu der vorgesehenen Regelung.
Muss alles in die Kiste? Die Pharmaverbände wehren sich gegen die in der AMG-Novelle vorgesehene Verpflichtung der Industrie, den Großhandel zu beliefern.
Foto: PHOENIX Pharmahandel

"Die Belieferungspflicht wäre der falsche Weg. Grundsätzlich sollte der Hersteller entscheiden, welchen Vertriebsweg er für sein Produkt wählt", erklärte die Hauptgeschäftsführerin des Verbandes Forschender Arzneimittelhersteller (VFA), Cornelia Yzer. Dabei seien verschiedene Lösungen denkbar: Der Weg über den Großhandel, die Direktlieferung an die Apotheke oder die Nutzung beider Optionen. "Angesichts der Vielzahl von Herstellern, Großhändlern und Apotheken wäre hier Raum für verschiedene Modelle, die im Wettbewerb miteinander stehen. Die beste Lösung sollte dann der Markt hervorbringen und nicht der Gesetzgeber", sagte Yzer.

BAH: unangemessener Eingriff

Der Vorsitzende des Bundesverbands der Arzneimittel-Hersteller (BAH), Hans-Georg Hoffmann, erklärte gegenüber dem "Handelsblatt" (Ausgabe vom 19. Januar), die geplante Regelung "wäre ein unangemessener Eingriff in die Freiheit der Vertriebspolitik unserer Unternehmen". BAH-Chef Hoffmann hat zwar Verständnis für die Sorgen der Händler, die wegen des zunehmenden Direktvertriebs einen Margenverfall beklagen, hält ihnen jedoch vor, selbst nicht unschuldig an ihrer Misere zu sein. So sei der Direktvertrieb auch eine Reaktion der Hersteller auf die Praxis mancher Großhändler – und auch Apotheker –, für den deutschen Markt bestimmte Medikamente ins höherpreisige Ausland zu exportieren, um an der Preisdifferenz zusätzlich zu verdienen.

BPI warnt vor Chaos

Barbara Sickmüller, stellvertretende Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industrie (BPI) betonte, dass es keine Notwendigkeit gebe, die Vertriebswege des Arzneimittelmarktes neu zu regeln: "Die Versorgung von Patienten mit Medikamenten ist in Deutschland vorbildlich durch ein engmaschiges Netz gewährleistet". Sickmüller zufolge sind die Pläne der Bundesregierung gemeinschafts- und verfassungsrechtlich bedenklich. Auch die vorgesehene Änderung der Arzneimittelpreisverordnung missfällt dem BPI. Nach dem aktuellen Gesetzentwurf sollen die Großhandelszuschläge zum 1. Januar 2010 vom derzeitigen prozentualen preisabhängigen Zuschlag auf einen preisunabhängigen Fixbetrag plus prozentualem Logistikzuschlag umgestellt werden. "Dies hätte weitreichende Folgen – von einer Verteuerung günstiger Arzneimittel bis hin zur erneuten Änderung der Festbeträge und Zuzahlungsbefreiungsgrenzen für Arzneimittel. Das Chaos wäre perfekt", warnt Sickmüller.

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