Gesundheitspolitik

ABDA fordert Rezept-Sammelverbot für Pick-ups

Die 15. AMG-Novelle ist noch für Überraschungen gut: Arzneimittel-Abholstellen sollen mit Auflagen belegt werden

Berlin (ks). Im Bundesgesundheitsministerium (BMG) wird derzeit eifrig am Kabinettsentwurf der 15. Novelle des Arzneimittelgesetzes gefeilt. Vorgesehen ist, dass sich die Bundesregierung am 18. Februar mit der Materie befasst. Bereits im Referentenentwurf waren gewichtige Neuregelungen für den pharmazeutischen Großhandel und neue Abrechnungsmodalitäten für Zytostatika-Rezepturen enthalten. Noch nicht vorgesehen war eine Regelung zu Arzneimittel-Pick-up-Stellen. Doch auch eine solche soll nun Eingang ins Gesetz finden – allerdings nicht in Form eines generellen Verbots. Die ABDA hat dem BMG hierzu selbst Vorschläge unterbreitet. Wir dokumentieren den hierzu erfolgten Schriftwechsel im Wortlaut.

Nach der ersten Verbändeanhörung im Januar im BMG sickerte die Absicht des Ministeriums, eine Regelung für Pick-ups zu finden, bereits durch. Nun bekommt sie reale Konturen: Um einen Wildwuchs der ungeliebten Abholstellen zu verhindern, soll es Gewerbebetrieben verboten werden, Rezepte einzusammeln. Zudem sollen nur solche Betriebe als Abholstellen in Betracht kommen, die auch freiverkäufliche Arzneien anbieten. Auch für die Übergabe und Lagerung der Arzneimittel sollen dezidierte Vorgaben gemacht werden. Bei manch einem Beobachter stieß es auf Verwunderung, dass die ABDA nun selbst derartige Vorschläge unterbreitet. Schließlich war es ihre bisherige Linie, den Arzneimittelversand für verschreibungspflichtige Arzneimittel wieder zu verbieten. Nicht einmal über ein Pick-up-Verbot, wie es etwa die FDP befürwortet, wollte man bei der ABDA bis vor Kurzem diskutieren. Doch die Standesvertreter sahen sich offenbar unter Zugzwang. Denn das BMG will weder den Rx-Versand noch Pick-ups schlicht verbieten.


Den Stand der Diskussion zeigt folgender Schriftwechsel:


28. Januar 2009

Schreiben der ABDA an den Parlamentarischen Staatssekretär im BMG, Ralf Schwanitz:

Stellungnahme dar ABDA zur aktuellen politischen Diskussion um die Ausgestaltung des Versandweges für Arzneimittel über "Pick-up-Stellen". Die ABDA nimmt zur Kenntnis, dass CDU/CSU und BMG/SPD nicht bereit sind, die Bereitstellung von Arzneimitteln, die von Apotheken versandt wurden, zur Abholung in gewerblichen Unternehmen zu unterbinden. Unter dieser Voraussetzung hält es die ABDA für erforderlich, im Interesse einer sicheren und für den Verbraucher transparenten Versorgung die nachstehenden Punkte zu regeln.


1. Übergabemodalitäten

– Verpackung der Arzneimittel für jeden Empfänger getrennt und mit Name und Anschrift des Empfängers versehen

– Unversehrte Aushändigung der verschlossenen Lieferung an den Empfänger

– Selbstbedienungsverbot, auch für die Arzneimittel in der Versandpackung

Begründung: Kenntnisnahme des Personals oder anderen Kunden von den Arzneimitteln, die der Patient erhält, muss verhindert werden (Datenschutz, Vertraulichkeit); Sicherung der Übergabe nur an den richtigen Empfänger.

– Rücksendeverpflichtung bei Nichtabholung (Frist 3 Tage)

Begründung: Die Versandapotheke muss Kenntnis davon erlangen können, wenn der Patient seine Arzneimittel nicht pünktlich abholt (Vermeidung von Versorgungslücken und/oder falschen Einnahmezeitpunkten).


2. Räumlichkeiten

– Lagerung in getrennten Räumlichkeiten außerhalb des Verkaufsraums:

Begründung: Arzneimittelsicherheit und Datenschutz


3. Rezeptsammelverbot

– Verbot von Rezeptsammlung/der Entgegennahme von Rezepten in Gewerbebetrieben (Auslieferung bleibt erlaubt)

Begründung:

– Die freie Entscheidung des Patienten über die Wahl des Vertriebsweges (Versorgung durch die Präsenzapotheke oder Lieferung im Versand-weg) muss erhalten bleiben. Wenn die Versandapotheke mit Unterstützung der Abholstelle massiv für den Versandweg werben darf, der öffentlichen Präsenzapotheke diese Anwerbung (aus gutem Grund) untersagt ist, wird die Entscheidungsfreiheit des Patienten beeinträchtigt.

– Ungleiche Werbemöglichkeiten gefährden in unterversorgten Gebieten die umfassende Arzneimittelversorgung durch Präsenzapotheken.


29. Januar 2009

Antwort von Staatssekretär Rolf Schwanitz an die ABDA:

Sehr geehrter Herr Wolf, die Koalitionsfraktionen und das Bundesministerium für Gesundheit haben sich darauf verständigt, dass für eine Regelung zur Thematik Bestell- und Abholservice oder ähnlichen Abgabeformen von Arzneimitteln sowohl der von Ihnen am 28. Januar 2009 übersandte Vorschlag als auch die Ihnen von mir dazu unterbreiteten Vorschläge von Qualitätskriterien erwogen werden.

Es ist ausdrücklich zu begrüßen, dass die ABDA den Versandhandel als solchen auch mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln und Abholstellen in Gewerbebetrieben nicht mehr in Frage stellt.

Die Verständigung hat das Ziel, im Interesse einer hohen Patientensicherheit sowie einer geordneten und sicheren Aushändigung der Arzneimittel weitere Kriterien zur Unterhaltung solcher Abholstellen rechtlich zu regeln. Verantwortlich für die Einhaltung der Kriterien ist der Apotheker, der die Genehmigung für den Versandhandel mit Arzneimitteln hat. Diese Kriterien sind:

– die Anforderungen nach § 11a Apothekengesetz, deren Erfüllung bisher für die Versanderlaubnis schriftlich zu versichern ist, sind zukünftig zu gewährleisten,

– Verbot der Sammlung und Entgegennahme von Rezepten in Gewerbebetrieben,

– Abholservice nur, wo auch freiverkäufliche Arzneimittel verkauft werden,

– Lagerung in einem getrennten und sicheren Raum,

– im Interesse einer höheren Patientensicherheit Aushändigung nur durch Personal, das speziell mit dieser Aufgabe beauftragt ist,

– Prüfung der Identität des Abholers,

– für jeden Empfänger getrennte Verpackung und Aushändigung unversehrter sowie mit Name und Anschrift des Empfängers versehene Verpackung,

– Rücksendeverpflichtung bei Nichtabholung mit Frist von sieben Tagen,

– eine Möglichkeit, kostenlose Beratung durch pharmazeutisches Personal der Versandapotheke in Anspruch zu nehmen sowie

– gesetzliche Klarstellung zur Anzeigepflicht von Abholstellen bei den zuständigen Landesbehörden und Überwachungsmöglichkeit.

Ich weise darauf hin, dass die gesetzliche Umsetzung der genannten Kriterien insbesondere des Verbots der Sammlung von Rezepten noch der Prüfung durch die Verfassungsressorts bedarf.

Ich bitte bis 2. Februar 2009 zu bestätigen, ob dieses Paket von Vorschlägen akzeptiert wird. Andernfalls bleibt es bei der derzeitigen rechtlichen Lösung.

Rolf Schwanitz


2. Februar 2009

Schreiben der ABDA an Staatssekretär Rolf Schwanitz:

Sehr geehrter Herr Staatssekretär Schwanitz, der Gesamtvorstand der ABDA, bestehend aus den Präsidentinnen und Präsidenten der Landesapothekerkammern und den Vorsitzenden der Landesapothekerverbände, vertritt nach wie vor die Auffassung, dass nur ein Beschränken des Arzneiversandes auf das europarechtlich gebotene Maß die notwendige Arzneimitteltherapiesicherheit garantieren kann. Für Tierarzneimittel scheint dies für die Bundesregierung auch unstrittig zu sein. Wir nehmen mit größtem Bedauern zur Kenntnis, dass ein gleicher Sicherheitsstandard für Humanarzneimittel wie für Tierarzneimittel offensichtlich zurzeit nicht mehrheitsfähig ist.

Ausschließlich vor diesem Hintergrund und zur Vermeidung weiterer Ausuferungen und unerwünschter unkontrollierter Entwicklungen spricht sich der Vorstand der ABDA dafür aus, gesetzliche Regelungen zur Regulierung von Abholstellen für Arzneimittel zu treffen. Die von ihnen formulierten Kriterien können dazu beitragen.

Geschäftsgrundlage für das Paket ist ein Verbot des gewerblichen Einsammelns von Rezepten außerhalb der bestehenden Regelungen der ApBetrO.

Heinz-Günter Wolf

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