Gesundheitspolitik

Keine Chance für Pick-up-Verbot?

Staatssekretär fordert Apotheker zur konstruktiven Mitarbeit an Rahmenbedingungen auf

Berlin (ks). Der Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium (BMG), Klaus Theo Schröder, hält Versandapotheken für eine "notwendige Ergänzung" zu den Präsenzapotheken. Er ist überzeugt, dass sie vor allem Chronikern, älteren Patienten sowie Menschen in ländlichen Regionen Vorteile bieten. Kritischer sieht Schröder Arzneimittel-Pick-up-Stellen in Gewerbebetrieben. Allerdings lassen sich diese aus seiner Sicht nicht verbieten. Der FDP-Politiker Daniel Bahr ist da ganz anderer Ansicht.

Mehr als fünf Jahre nach Aufhebung des Versandverbotes für Arzneimittel zog der Staatssekretär vergangene Woche beim Kongress des Bundesverbands Deutscher Versandapotheker (BVDVA) eine positive Bilanz: Es habe eine Veränderung stattgefunden, ohne dass die Präsenzapotheke in ihrer Existenz gefährdet sei. "Die antizipierten negativen Effekte hat es nicht gegeben", formuliert es der Staatssekretär. Vielmehr trage der Versandhandel dazu bei, die Arzneimittelversorgung auf einem hohen Niveau zu halten. Zudem habe er den Preiswettbewerb im OTC-Markt entfacht: "Ohne Versandapotheken hätten wir hier keine Bewegung gehabt", erklärte Schröder. Auch was die Beratung betrifft, begrüßt der Staatssekretär die unterschiedlichen Angebote beider Apothekenformen: Oftmals sei das direkte Gespräch in der Apotheke von Vorteil; zuweilen sei Patienten aber auch die anonyme Beratungssituation einer Versandapotheke lieber. Angesichts der rund 2300 in Deutschland zugelassenen Versandapotheken – darunter etwa 40 mit mehr als 1000 Aussendungen pro Tag – sind die mittelständischen Unternehmen nach Schröders Worten auch als Standortfaktoren wichtig. Für das BMG gibt es damit eine Vielzahl von Gründen, warum es von einem Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln nichts wissen will. Die deutschen Regelungen hätten sich vielmehr bewährt und seien "für viele in Europa beispielhaft", betonte Schröder.

"Klare Signale" aus dem Justizministerium

Auch ein Verbot von Bestell- und Abholstellen für Arzneimittel sei "im Augenblick in der Großen Koalition nicht zu realisieren", sagte Schröder. Erst kürzlich habe es ein klares Signal aus dem Bundesjustizministerium gegeben, dass ein solcher Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb rechtlich nicht zulässig sei. Statt eines Verbotes plädiert Schröder für "klare Rahmenbedingungen für Pick-ups". Auch wenn die Gespräche in der Regierungskoalition derzeit stockten, könne er "nicht ausschließen, dass es eine weitere Diskussion gibt". Er appellierte an die Apotheker, sich hier konstruktiv einzubringen. Beim BVDVA stößt er damit auf offene Ohren. Der Verbandsvorsitzende Christian Buse sieht in Pick ups zwar nicht den "Untergang des Morgenlandes". Klare Regelungen hält er jedoch für zwingend notwendig – "bis dahin lehnen wir das Modell ab", sagte Buse.

FDP für Verbot

In der FDP-Bundestagsfraktion hält man derartige Rahmenbedingungen dagegen für kontraproduktiv. Es könne nicht sein, dass sich ein Gewerbebetrieb den Anschein einer Apotheke gebe, jedoch nicht den Pflichten nachkomme, die Apotheken obliegen, erklärte der FDP-Gesundheitspolitiker Daniel Bahr. Dies führe zu "nicht hinnehmbaren Verzerrungen". Zudem werde auf diese Weise schnell die Apothekenpflicht schlechthin in Frage gestellt. Bahr hat daher noch immer Hoffnung, dass es im Rahmen der Novellierung des Arzneimittelgesetzes zu einem Pick-up-Verbot kommt. Schließlich habe sich vergangene Woche bei der Anhörung zum Gesetzentwurf eine breite Unterstützung für dieses von der FDP verfolgte Ziel gezeigt.

Kontext-Unterschiede bei den Liberalen

Bahrs Kollege Jorgo Chatzimarkakis, der die Liberalen im Europaparlament vertritt, gibt sich beim Thema Pick up weitaus gelassener. Für ihn ist es eine reine Frage der Haftung: "Wenn etwas schief geht, muss der Apotheker haften – auch bei Pick ups". So sei aber die Gefahr, dass etwas passiert ziemlich gering. Bislang seien jedenfalls keine Missbrauchs- und Schadenfälle bekannt, erklärte Chatzimarkakis. Der Liberale ist ohnehin ein Freund der Veränderung. Die "Wir wollen, dass alles so bleibt wie es ist"-Mentalität viele Politiker und Ministerialbeamten missfällt ihm – gerade im Hinblick auf die Apotheker. Selbst zwischen Liberalen im Bund und in Europa gebe es "Kontext-Unterschiede". Aus seiner Sicht ist es eine "Verschwendung volkswirtschaftlicher Ressourcen", so viel in die umfassende Ausbildung von Pharmazeuten zu investieren, die am Ende nur als Verkäufer hinter einem Schalter stehen. "Wir müssen die Apotheker einbinden in die Gesundheitsberatung und Prävention", so Chatzimarkakis. "Es gibt viele Chancen für die Apotheke der Zukunft."

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