Management

Interne Kommunikation im Apothekenteam

„Hintenrum“ und mit doppelten Botschaften oder doch lieber direkt?

Die interne Kommunikation am Arbeitsplatz beeinflusst Ihre Arbeitsqualität, Ihre Arbeitszufriedenheit, Ihr Verhalten gegenüber Kollegen und Kunden und damit den unternehmerischen Erfolg der ganzen Apotheke. Über 82% des Apothekenpersonals sind Frauen: Welche kommunikativen Herausforderungen müssen Frauen (und auch Männer) an diesen Arbeitsplätzen meistern, vor allem in vorwiegend weiblichen Teams?

Kommunikation schafft Unternehmenskultur, und Kommunikation spiegelt die Unternehmenskultur – das ist die Summe der gelebten Selbstverständlichkeiten in einem Unternehmen – also das, was Sie täglich tun und erleben, und was Sie als selbstverständlich empfinden. Ein Bei-spiel: Wie viel Zeit hat man bei Ihnen, um in der Apotheke anzukommen? Sind Sie noch nicht aus dem Mantel geschlüpft und werden schon mit ersten Arbeitsanweisungen oder Proble-men überfallen? Oder empfängt Sie ein freundlicher Gruß, ein lachendes Gesicht, und Sie merken auf angenehme Weise, dass Sie gleich gebraucht werden? Theoretische Sprüche in einem Unternehmenshandbuch helfen da wenig: Nur wenn Slogans wie „Zeit zum Ankommen“ gelebt werden, sind sie Teil der Unternehmenskultur. Wenn Ihre Kunden das auch wahrnehmen sollen, muss das Apothekenteam dies erst einmal selbst vorleben.


Auf diese Themenbereiche bezieht sich die Kommunikation im Team:

  • Arbeitsorganisation: Führen, delegieren, Aufgaben verteilen, Dienst- und Urlaubspläne arrangieren.

  • Informationen weitergeben: Arbeitseinweisungen „wie soll etwas gemacht werden“, Ergebnisse zurückmelden (z. B. was wurde erledigt, was nicht), Fachinformationen, Nachrichten über Patienten.

  • Feedback: Mitarbeitergespräche und situatives Feedback, z. B. wie wurde etwas erledigt, wer ist womit (un)zufrieden, was ist positiv oder anstößig aufgefallen?

  • Privatgespräche: Wie geht es der Familie, wie war das Wochenende, was macht der Garten?

  • Informelle Arbeitskommunikation: Wie geht es dir heute? Wieso steht das da noch rum? Stellen Sie sich vor, gestern …

  • Metakommunikation: Darüber reden, wie wir miteinander reden bzw. wie wir miteinander umgehen, wo Informationsdefizite bestehen oder wo zu viel „gequatscht“ wird.


Wie bedeutsam einige Bestandteile der eigenen Unternehmenskultur sind, merken manche Angestellten erst, wenn sie ihre Apotheke mit einer anderen Arbeitsstelle vergleichen. Zwei Angestellte auf einem Kongress: „Was, das kannst du einfach so zu deinem Chef sagen!?“ – „Ja, wieso nicht?“ Die erste ist mächtig erstaunt, dass ein Chef offen ist für die spontane Kritik aus dem Munde seiner PTA. Für die zweite ist das selbstverständlich, denn in ihrer Apotheke ist allen klar: Gegenseitige Kritik ist nicht Teil eines Machtgerangels, sondern ein konstruktiver interner Wettbewerb um hohe Qualität. Dieser Bestandteil der internen Kommunikation, „den Chef kritisieren ist erlaubt“, spiegelt einen Aspekt der Unternehmenskultur: „Kritik ist zum Lernen da – für alle.“

Was sagt die Kommunikation aus?


An der Kommunikation im Team ist zu erkennen:

  • Wie offen sprechen wir an, was zu tun ist oder was uns bewegt?

  • Wie verbindlich sind unsere Aussagen und Zusagen?

  • Wie wertschätzend gehen wir miteinander um?

Warnzeichen nutzen

Kommunikation gehört zwar zu den „weichen“ Faktoren bei der Qualitätsbeurteilung, aber auch harte Zahlen lassen sich ermitteln:

  • Verbindlichkeit von Zusagen und Absprachen im Team und mit der Leitung

  • Fehlzeiten und Krankenstand

  • Fluktuation

Manche „Wahrheiten“ werden erst ausgesprochen, wenn es schon zu spät ist. Würde man z. B. die letzten drei Kündigungen von Angestellten analysieren, so fänden sich oft deutliche Anhaltspunkte: Zusagen und Versprechen der Apothekenleitung wurden nicht eingehalten, Absprachen waren nicht verbindlich – und dann laufen gute Angestellte schließlich davon!

Dieser interne Qualitätsmangel schlägt voll auf die Beziehung zu den Kunden durch: Wenn die eine Kollegin dem Kunden etwas zusagt, aber die andere fühlt sich nicht daran gebunden, ist auch die Enttäuschung des Kunden vorprogrammiert. Ein deutliches, aber grausames Zeichen für gescheiterte interne Kommunikation ist diese Aussage an eine Kundin: „Kommen Sie das nächste Mal einfach direkt zu mir, ich habe immer vormittags Dienst.“ Die Beziehung zwischen diesem Teammitglied und der Kundin mag zwar funktionieren, aber die Bindung der Kundin an diese Apotheke ist fraglich. Höchste Zeit, um im Team darüber zu sprechen, wie dieser Notstand beseitigt werden kann!

Der wichtigste Gesichtspunkt, um die Qualität der internen Kommunikation zu beurteilen, ist die gezeigte Wertschätzung, z. B. in der Kundenansprache: „Da kann Sie meine Kollegin, Sybille Peters, sehr gut beraten. Sie kennt sich mit … besonders gut aus.“ Wer Frau Peters so ankündigt, traut ihr etwas zu. Geringschätzig wäre dagegen der Verweis: „Das macht dann die Kollegin.“

Wertschätzung ist auch an „bitte“, „danke“ und klar formulierten Aufforderungen zu erkennen. „Herr Radtke, könnten Sie mir nachher bitte mit der Box helfen?“ ist wertschätzender als ein manipulatives „och, Herr Radtke, endlich sind Sie da, die Box ist mal wieder so schweeer!“ In der klaren Ansage ist kein Vorwurf versteckt wie im „mal wieder“, und man muss den Kollegen auch nicht mit „och“ und „endlich sind Sie da“ beschwichtigen.

Was die Kommunikation im Team beeinträchtigt

Virginia Satir (auf deren Werk die Techniken von NLP, der Neurolinguistischen Programmierung, maßgeblich basieren) nennt vier häufig praktizierte Muster dysfunktionaler Kommunikation: beschwichtigen, ablenken, anklagen und rationalisieren.

Diese Kommunikationsmuster sind vor allem dazu da, um Angst abzuwehren. Vordergründig mag die Beschwichtigung ja funktionieren, z. B. wie im folgenden Dialog:

Chefin: „Wieso steht das jetzt immer noch hier herum!?“ (= Anklage)

Angestellte: „Es tut mir leid (= Beschwichtigung), das Telefon hat dauernd geklingelt, ich bin noch nicht dazu gekommen.“

Chefin: „Na gut, aber bis heute Abend will ich das hier nicht mehr sehen!“

Innerlich fühlt sich die Angestellte aber ungerecht behandelt und von ihrer Chefin missverstanden. Die Chefin hingegen fühlt sich nicht ernst genommen, weil ihre Erwartung bisher nicht erfüllt wurde. Möglicherweise hatten beide einen stressigen Tag und leiden unter der Angst, mit ihrer Arbeit einfach nicht hinterher zu kommen. Aber wer will sich das schon eingestehen? Stattdessen geben beide Kommunikationspartnerinnen doppeldeutige Botschaften ab.

Satir nennt Gründe, warum solche Botschaften entstehen, z. B.:

  • Niedriges Selbstwertgefühl

  • Angst, die Gefühle anderer zu verletzen

  • Angst, die Beziehung zerbricht, Angst vor Vergeltung oder Kündigung

  • „Was gerade geschieht, liegt nur an mir“ (und nicht etwa an der Art, wie wir uns ausdrücken oder wie es dem anderen gerade geht), „deswegen muss ich besonders vorsichtig sein.“

Eine offene, wertschätzende und verbindliche Kommunikation würde sowohl auf die Anklage als auch auf die Beschwichtigung verzichten und stattdessen Kooperation anbieten:

Chefin: „Ich sehe, Sie sind noch nicht dazu gekommen, das … wegzuräumen. Mich ärgert das, weil ich schon das zweite Mal fast darüber stolpere.“ (= Feedback und extra formulierte emotionale Botschaft)

Angestellte: „Oje, das war mir nicht bewusst. Zum Glück ist nichts passiert. Mich stört es eigentlich auch schon die ganze Zeit.“ (= echte Gefühle, authentisch kommuniziert)

Chefin: „Was kann ich tun, damit das endlich weggeräumt wird?“ (= konstruktive Frage, verbunden mit einem Ziel)

Angestellte: „Das Telefon klingelt heute fast ständig, deswegen bin ich noch nicht dazu gekommen. Wenn Sie jemanden bitten, mich für die nächste Viertelstunde am Telefon zu entlasten, könnte ich es gleich machen.“ (= direkte Antwort auf die Frage, Lösung)

Die betroffene Angestellte kann sich ja nicht zerreißen – sie hat sich bisher dazu entschieden, lieber Telefonate anzunehmen als die Ware wegzuräumen. Jetzt ist die Chefin am Zug, um entweder die Prioritäten neu zu setzen („gut, dann lassen Sie das Telefon jetzt klingeln, bis Sie mit Wegräumen fertig sind“) oder die Aufgaben am Telefon anderweitig zu delegieren.

Sicherlich macht es mehr Mühe, die Kommunikation im Team von doppelten Botschaften zu befreien und sowohl Sachthemen als auch Gefühle („mich ärgert das …“) direkt anzusprechen. Es lohnt sich aber, weil dann keine unerwünschten Nebenwirkungen wie bei den doppelten Botschaften entstehen!

Doppelte Botschaften …


… in der Teamkommunikation sind wie unerwünschte Nebenwirkungen bei Arzneimitteln: Nicht jeder leidet darunter, aber mit einer gewissen Häufigkeit treten eben doch Probleme auf, und auch Wechselwirkungen sind nicht ausgeschlossen.

Zusammenarbeit in überwiegend weiblichen Teams

82% der Angestellten in Apotheken sind Frauen. Welche Rolle spielt diese Teamzusammensetzung? In den 1980er Jahren haben sich Soziologinnen, Pädagoginnen und Sprachwissenschaftlerinnen intensiv mit dem Thema Kommunikation und Geschlecht auseinandergesetzt. Brigitte Altenkirch hat „die Moral des Nicht-Verletzens in Arbeitsbeziehungen von Frauen“ beschrieben. Demnach vermeiden es Frauen häufig, mutig aus der Gruppe hervorzutreten und, durchaus konfliktbereit, offene Fragen zu stellen oder eine eigene, vielleicht unwillkommene Meinung darzulegen. Gerade diese Frauen verstoßen gegen den ungeschriebenen Verhaltenskodex des Nicht-Verletzens und werden von der Gruppe sanktioniert.

Eine Kollegin, die ihre Ansprüche oder ihr Wissen häufig und auffällig im Team einbringt, riskiert mit diesem Verhalten Konflikte. Weil es nicht als die offizielle Rolle einer einzelnen Kollegin im Team betrachtet wird, die Kollegen und Kolleginnen so zu „aktivieren“, wird ihr engagiertes Verhalten misstrauisch beäugt. Sobald jemand seine persönlichen Interessen verletzt sieht, hat die Kollegin gegen die Moral des Nicht-Verletzens verstoßen. Dass eine sich anders verhält als der überwiegende Teil des Teams, und wenn sie damit auch noch erfolgreich ist, wird als unausgewogen empfunden.

Umgekehrt zeigt sich ein Team erstaunlich leidensfähig, wenn seine Mitglieder (und die Führungskräfte!) es zulassen, dass sich jemand um bestimmte Aufgaben herumdrückt. Es würde die betreffende Kollegin ja möglicherweise verletzen, wenn man ihr deutlich sagte, wie sehr ihr Verhalten die anderen verärgert und wie ungerecht sie es empfinden. Trotzdem hält die Moral des Nicht-Verletzens viele Frauen davon ab, das Problem offen anzusprechen. Altenkirch dazu: „Unter dem Siegel der Verschwiegenheit greifen Frauen Abwesende in aller Heimlichkeit und sich gegenseitig bestärkend an, um hinterher den anderen wieder als Unschuldslämmer gegenüberzutreten.“

Die Moral des Nicht-Verletzens verhindert, dass das Problem offen angesprochen wird, Angst vor Vergeltung breitet sich aus, und das verstärkt die von Virginia Satir beschriebene dysfunktionale Kommunikation.

So wird Ihre Kommunikation im Team erfolgreich

Wie in der Pharmazie empfiehlt es sich auch in der Kommunikation sehr, die Empfehlung eines Heilmittels auf eine gründliche Diagnose zu stützen. Welche spezifischen Kommunikationsprobleme in genau diesem Team, welche bisher erfolgreich praktizierten Lösungen sind bereits zu erkennen?

  • Arbeitsorganisation: Gestalten Sie Ihre Kommunikation über die Arbeitsorganisation transparent und verbindlich. Dies hängt vom Führungsstil und vom allgemeinen Organisationsgrad der Apotheke ab: Unternehmensziele aufstellen, kommunizieren und Erreichtes feiern; Stellen-, Arbeitsplatz- und Verfahrensbeschreibungen nutzen.

  • Informationen weitergeben: Richten Sie verlässliche Routinen ein. Ersetzen Sie z. B. eine freifliegende Zettelwirtschaft durch wieder auffindbare Telefonnotizen. Einigen Sie sich auf allgemein verbindliche Verfahren, z. B. was mündlich geht, was handschriftlich festgehalten wird und was im Computer einzugeben ist.

  • Feedback: Lernen, üben, praktizieren und verfeinern Sie alle Methoden von konstruktivem Feedback. Entwickeln Sie Ihre Sensibilität, wann und in welcher Form für jede/n im Team ein Feedback hilfreich und willkommen ist. Führungskräfte sollten besonders hier ein gutes Vorbild geben.

  • Privatgespräche: Finden Sie ein von allen Teammitgliedern akzeptiertes Maß, wie umfangreich Sie Ihren privaten Austausch halten wollen. Unterscheiden Sie zwischen den ausführlichen Fortsetzungsserien aus dem Privatleben – das gehört eher in die Freizeit – und einer knappen Zusammenfassung, etwa die Antwort auf die Frage „wie geht es Ihnen?“ Akzeptieren Sie auch, wenn jemand nicht so viel Privates preisgeben möchte.

  • Informelle Arbeitskommunikation: Nicht verwechseln mit Privatgesprächen, sondern als echte Zuwendung und wertvollen Teil der Zusammenarbeit gelten lassen. Finden Sie Gelegenheiten für informelle Kommunikation, z. B. in Pausen. Verknüpfung mit Feedback und Metasprache zeigt, dass Sie sensibel miteinander umgehen: „Sie haben vorher bei dem …-Kunden sehr angespannt gewirkt – war da was, worüber wir reden sollten?“ Kommunizieren Sie öfter direkt als über Dritte.

  • Metakommunikation: Besprechen Sie die vorgenannten fünf Punkte regelmäßig, um Ihre Kommunikation laufend zu verbessern; beachten Sie vor allem die Erfolge.

Vor allem aber scheint es mir nötig, in den vielen weiblich geprägten Apothekenteams die Moral des Nicht-Verletzens kritisch zu hinterfragen. Aufeinander Rücksicht nehmen und die Sichtweise der anderen mitzubedenken ist ja nach wie vor konstruktiv. Gefährlich sind jedoch die „hintenrum“ ausgesprochenen, im Verborgenen ausgebreiteten oder in doppelten Botschaften versteckten Kommunikationsanteile. Widerspruch, Einzelmeinungen und eine offene, auf erfolgreiche Zusammenarbeit bezogene Kommunikation werden dann möglich, wenn man auch mal riskiert, jemandem auf die Füße zu treten.


Vera Naumann, Rohrdorf bei Eutingen, E-Mail: info@vera-naumann.de


Literatur

Kirsten Lennecke: Kommunikation im Team. – Reihe CheckAP im Deutschen Apotheker Verlag 2004

Virginia Satir: Kommunikation, Selbstwert, Kongruenz. Konzepte und Perspektiven familien-therapeutischer Praxis. – Junfermann 72004. Darin: Kommunikationsmuster (S. 115-140)

Brigitte Altenkirch: Die Moral des Nicht-Verletzens in Arbeitsbeziehungen von Frauen. (S. 104 – 115). In: Christina Thürmer-Rohr (Hg.): Mittäterschaft und Entdeckungslust. Orlanda Frauenverlag 1989

Das könnte Sie auch interessieren

Heikle Themen professionell ansprechen – Teil 1

Unangenehmer Körpergeruch – wie spricht man es am besten an?

Kontrolle – nicht nur notwendiges Übel, sondern auch Mittel zur Motivation

Vertrauen allein genügt nicht

Die Eingliederung beginnt schon vor dem 1. Arbeitstag

„Neue“ im Team

Besser führen dank Feedback aus dem Team

Der blinde Fleck

Wie Sie die Energie und die Resilienz im Team steigern können

Gute Beziehungen, bessere Leistungen

Plädoyer für eine bessere Führungskultur

Mehr Dialog, mehr Engagement

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.