Ausbildung

Lehrbücher der Pharmazeutischen Chemie seit 1880

Ihre Konzepte als Spiegel des wissenschaftlichen Fortschritts

Die Pharmazeutische Chemie des späten 19. Jahrhunderts legte ihren Schwerpunkt auf die Korrelationen zwischen der chemischen Struktur einer Substanz und ihrer pharmakologischen Wirkung. Gut 100 Jahre später stehen zunehmend Informationen über das chemische Verhalten des Arzneistoffes in vivo im Mittelpunkt des Interesses. Die Pharmazeutische Chemie von einst hat sich zu einer Medizinischen Chemie und einer Pharmazeutischen Analytik differenziert [22]. Dieser Wandel spiegelt sich in den Lehrbüchern der Pharmazeutischen Chemie wider.

Die Entwicklung der Pharmazeutischen Chemie und ihrer Lehrbücher vollzog sich vor dem Hintergrund eines enormen Erkenntniszuwachses: Ende des 19. Jahrhunderts kannte man etwa ein Dutzend chemisch definierte Arzneistoffe – zumeist anorganische Verbindungen. Die Rote Liste von 2006 enthält über 1500 Arzneistoffe, die überwiegend zu den organischen Verbindungen gehören. Zudem eröffnete die Molekularbiologie ein neues Verständnis der Arzneimittelwirkungen.

Arzneistoff-bezogene Chemie für ­Pharmazeuten

Bis ins zweite Drittel des 19. Jahrhunderts hatte man für die Chemieausbildung der Pharmazeuten keine speziell ausgerichteten Lehrbücher. Man verwendete die üblichen Chemiebücher, in denen zumeist auch die Randgebiete der Chemie berücksichtigt wurden. Als Beispiel sei das "Lehrbuch der Organischen Chemie mit besonderer Rücksicht auf Physiologie und Pathologie, auf Pharmacie, Technik und Landwirthschaft" [31] des Tübinger Ordinarius für Chemie Julius Eugen Schlossberger (1819–1860) genannt.

Ernst Albert Schmidt (1845-1921)

Zur Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert war das maßgebliche Lehrbuch für Pharmazeutische Chemie das "Ausführliche Lehrbuch der Pharmazeutischen Chemie" von Ernst Albert Schmidt (1845–1921; 1878 Professor in Halle/Saale, seit 1884 in Marburg [24]). Die 1. Auflage in zwei Bänden erschien 1879 bzw. 1882 [1], weitere Auflagen folgten 1887, 1892, 1898, 1901 und 1911. Der 1. Band der 4. Auflage hatte immerhin einen Umfang von 1143 Seiten einschließlich des Sachregisters, nicht umsonst wurde es als "Ausführliches Lehrbuch" bezeichnet. Die 6. und letzte Auflage erschien 1922/23 und umfasste insgesamt 2502 Seiten (inklusive Sachregister) – für ein Buch mit Lehrbuchcharakter außergewöhnlich. Der 2. Band erschien in zwei getrennt gebundenen Abteilungen: "Erste Abteilung: Organische Verbindungen mit offener Kohlenstoffkette, Zweite Abteilung: Organische Verbindungen mit geschlossenem Kohlenstoffringe". Inhaltlich handelt es sich um ein Lehrbuch der Chemie unter Berücksichtigung pharmazeutisch relevanter Stoffe. Ernst Schmidt gilt mit Recht als der Vater der Pharmazeutischen Chemie. Im Vorwort zur 1. Auflage heißt es:

Ueber die Art und Weise, in welcher heutzutage die pharmaceutische Chemie darzustellen und abzuhandeln ist, gehen die Meinungen der Fachgenossen sowohl in theoretischer, als auch in praktischer Beziehung weit auseinander. Während nach der Ansicht der Einen es erforderlich ist, die pharmaceutische Chemie stets im engen Zusammenhang mit der allgemeinen Chemie vorzutragen, genügt es nach der Meinung Anderer, die pharmaceutisch wichtigen Präparate aus der grossen Zahl von chemischen Verbindungen herauszugreifen und dieselben ohne weiteren systematischen Zusammenhang abzuhandeln.

In dem vorliegenden Buch ist die Aufgabe der pharmaceutischen Chemie in dem ersteren Sinne aufgefasst.

Im Vorwort zur 2. Auflage wird darauf verwiesen, dass die inzwischen erschienene Pharmacopoea germanica Ed. II (DAB 2) berücksichtigt und die Nomenklatur modernisiert wurde (Sulfat, Nitrat, Phosphat etc. statt schwefelsaures, salpetersaures, phosphorsaures Salz etc.). Auch in den späteren Auflagen wurde das jeweils gültige Arzneibuch berücksichtigt.

Hermann Thoms (1859–1931; von 1900 bis 1927 Professor der Pharmazie und ab 1906 Direktor des Pharmazeutischen Instituts in Berlin [24]) hat seit 1893 als zweiten Teil seiner "Schule der Pharmazie" [2a] auch eine kurz gefasste Chemie für Pharmazeuten verfasst. Das Buch war ursprünglich nur für den pharmazeutisch-chemischen Unterricht in der Apotheke geschrieben. Durch Anpassung und Erweiterung sollte das Buch aber auch für den studierenden Mediziner und den an der Hochschule studierenden Pharmazeuten ausreichende Unterlagen bieten. Im Vorwort der "Grundzüge der pharmazeutischen und medizinischen Chemie" (als 8., vermehrte und verbesserte Auflage der "Schule der Pharmazie, Chemischer Teil" [2b]) heißt es unter Bezug auf die 1. Auflage: Der Verfasser hat darin als Richtschnur für eine pharmazeutische Chemie bereits der Ansicht Ausdruck gegeben, dass der junge Pharmazeut, genau so wie der angehende Chemiker, mit den Grundlagen der Chemie vertraut gemacht werden müsse. Werden dann die pharmazeutisch wichtigen chemischen Stoffe in systematischem Zusammenhang mit den jeweiligen Teilen der reinen Chemie vorgetragen, so darf auch für jene erst ein volles Verständnis gefunden werden.

Auch Thoms verwies ausdrücklich darauf, dass die neue Ausgabe des Deutschen Arzneibuches (DAB 6) berücksichtigt wurde. Die 8. Auflage hat insgesamt 639 Seiten, davon gehören 256 Seiten zum anorganischen Teil und 298 Seiten zum organischen Teil. Letzterer ist gegliedert in "A. Fettreihe, B. Karbozyklische Verbindungen und C. Heterozyklische Verbindungen". Die letzte Ausgabe des Lehrbuches erschien 1931 kurz vor dem Tode von Hermann Thoms.

Nach dem Zweiten Weltkrieg bestimmten zunächst die Lehrbücher von Bodendorf sowie von Rosenmund und Vogt die Ausbildung in Pharmazeutischer Chemie. Ihr Umfang war drastisch reduziert, weil sie keine konkreten Herstellungsvorschriften enthielten. Mit Ludwig Gattermanns (1860–1920) "Die Praxis des Organischen Chemikers" (1. Auflage 1894) und wesentlich später mit dem "Praktikum der organisch-präparativen Chemie" (1. Auflage 1955) von Karl Winterfeld (1891–1971) standen für die organischen Praktika spezielle Vorschriftensammlungen zur Verfügung.

Kurt Bodendorf (1898–1976; von 1939 bis 1945 Professor in Breslau, von 1948 bis 1967 Direktor des Pharmazeutischen Institutes der TH Karlsruhe [24]) publizierte 1939 sein "Kurzes Lehrbuch der Pharmazeutischen Chemie. Auch zum Gebrauch für Mediziner" [3]. Nachdem die 1. Auflage schnell vergriffen war, erschienen eine 2. und 3. Auflage infolge besonderer Ungunst der Verhältnisse erst 1948. Bei der Neubearbeitung ist Bodendorf bemüht gewesen, Wünschen um stärkere Betonung spezieller pharmazeutischer Details zu entsprechen. Und weiter heißt es im Vorwort: Ich habe mich aber auch bei dieser Auflage nicht dazu entschließen können, das Buch durch solche Einzelheiten zu belasten, die im Arzneibuch und in den gebräuchlichen Kommentaren enthalten sind. Die Gliederung (Anorganischer Teil; Organischer Teil) entspricht dem der Chemielehrbücher. Die letzte, 6. Auflage erschien 1962. In einer Rezension von Benno Reichert (1906–1970) findet sich ein heute unverständlicher leichter Vorwurf [25]:

Einen verhältnismäßig breiten Raum nimmt die Besprechung der Naturstoffe (Alkaloide, Vitamine, Hormone, Antibiotika) ein. Ob diese Tatsache bei einem kurzen Lehrbuch der pharmazeutischen Chemie zu verantworten ist, mag bisweilen zweifelhaft erscheinen. Indessen wird hierdurch der Wert des Werkes keineswegs gemindert.


Rechtsgrundlagen und Dauer des Pharmaziestudiums in Deutschland [23]
Jahr
Rechtsgrundlage
Studienzeit
1875
Bekanntmachung zur "Prüfung der Apotheker"
3 Semester
1904
Prüfungsordnung
für Apotheker
4 Semester
1934
Prüfungsordnung
für Apotheker
6 Semester
1951
Studienplan für das Fach Pharmazie in der DDR
8 Semester
1971
Approbationsordnung
für Apotheker in der Bundesrepublik
7 Semester
1975
Studienplan für die Grundstudienrichtung Pharmazie in der DDR (obligator. Abschluss als Diplom-Pharmazeut)
10 Semester
1989
Approbationsordnung
für Apotheker
8 Semester
2005
Approbationsordnung
für Apotheker
8 Semester

Karl Wilhelm Rosenmund (1884–1965; von 1925 bis 1953 Direktor des Institutes für Pharmazeutische Chemie in Kiel [24]) und Hans Vogt (1913–1991; von 1958 bis 1974 Professor an der TH Karlsruhe) publizierten 1947 eine "Kleine Einführung in die pharmazeutische und medizinische Chemie. Teil I: Allgemeine und Anorganische Chemie" (216 Seiten) [4a]. 1953 folgte dann "Grundzüge der pharmazeutischen und medizinischen Chemie. Teil II: Organische Chemie" (207 Seiten) [4b]. Im Vorwort dieser Ausgabe heißt es:

Als nach dem Kriege Lehrbücher der pharmazeutischen Chemie nicht erhältlich waren, hatten die Verfasser es unternommen, durch Herausgabe eines solchen den für die Pharmaziestudenten bestehenden Notstand schnell zu beseitigen. Da schnelle Hilfe aber nicht durch ein umfangreiches Werk zu erbringen war, kam nur eine – nach Form und Inhalt – "Kleine Einführung in die pharmazeutische Chemie" in Frage. Der unter diesem Titel zuerst erschienene "Anorganische Teil" war rasch vergriffen, so dass ein Neudruck erforderlich wurde. Der zweite Teil, der die organische Chemie behandeln sollte, konnte wegen technischer Schwierigkeiten nicht zum gewollten Zeitpunkt erscheinen.

Während der 1. Teil in Wolfenbüttel, also in der damaligen britischen Besatzungszone erschien, wurde der bereits 1947 fertiggestellte, dann aber überarbeitete 2. Teil erst 1953 in der DDR publiziert. Die Verfasser weisen im Vorwort ausdrücklich darauf hin, dass im Buch auch die in der DDR üblichen Bezeichnungen – soweit bekannt – berücksichtigt wurden.

Das Buch ist in der Tat im Umfang recht knapp bemessen. Von den insgesamt (ohne Schrifttumsverzeichnis und Register) 207 Seiten entfallen 7 Seiten auf einen kurzen Allgemeinen Teil, 78 Seiten auf die Aliphatischen Verbindungen, 52 Seiten auf die Carbocyclischen Verbindungen, 26 Seiten auf die Heterocyclischen Verbindungen und 23 Seiten auf Naturstoffe verschiedenartiger Konstitution (u. a. Antibiotica, Vitamine, Hormone und Enzyme). Interessant ist folgender Hinweis im Vorwort der 5. und letzten Auflage von 1966:

Auf Wunsch des Verlages wurde für die Benutzer des Buches in der DDR nachträglich eine tabellarische Zusammenstellung derjenigen Arzneistoffe und Arzneimittel beigefügt, die in bezug zu den Monographien des während der Drucklegung erschienenen DAB 7 – DDR/64 stehen, die aber im Text des Buches zum Teil nicht unter den Arzneibuchbezeichnungen, sondern unter den üblichen chemischen Bezeichnungen, Warenzeichen, Trivialnamen usw., abgehandelt sind.

Die letzte Auflage (512 Seiten) hatte deutlich an Umfang zugenommen, u. a. durch die Einbeziehung der Anorganischen Chemie. Der Teil Anorganische Chemie (Allgemeine Chemie und Spezielle anorganische Chemie) erreichte fast den Umfang der Organischen Chemie. Bemerkenswert ist, dass auch Kapitel über pharmazeutische Hilfsstoffe und die organisch-chemische Nomenklatur enthalten waren. In der Rezension von E. Graf wird die Qualität der Strukturformeln bemängelt [30].

Neu: Gliederung nach Wirkstoffgruppen

Ein Paradigmenwechsel in der Gestaltung der Lehrbücher und damit auch im akademischen Unterricht in Pharmazeutischer Chemie erfolgte durch eine Gliederung nach Wirkstoffgruppen, also nach pharmakologischen Gesichtspunkten, anstatt nach rein chemischen Gesichtspunkten. Aus einer Chemie für Pharmazeuten wurde somit eine Pharmazeutische Chemie! Diese Darstellungsweise entsprach weitaus besser den Anforderungen des praktischen Apothekers und festigte zugleich dessen pharmakologische Kenntnisse.

Die "Arzneimittel-Synthese" [7] von Hans-Paul Kaufmann (1889–1971; von 1946 bis 1958 Direktor des Instituts für Pharmazie und Chemische Technologie in Münster) erschien im Jahre 1953. Außer den Synthesen sind auch Wege der Strukturaufklärung von Naturstoffen (Vitamine, Hormone, Antibiotika) mit aufgenommen. Das Buch ist mit 834 Seiten recht umfangreich und enthält auch Patentliteratur, konnte sich aber als Lehrbuch nicht durchsetzen.

Walter Hückel (1895–1973; von 1948 bis 1963 Direktor des Pharmazeutisch-chemischen Instituts in Tübingen) war auf dem Weg, ein für die damalige Zeit sehr modernes Lehrbuch ("Vorlesungen über Pharmazeutische Chemie und Arzneimittelsynthese") [8] zu schreiben. Im Vorwort zum 1. Band ("Anorganische Chemie") aus dem Jahre 1953 geht er auf die Unterschiede seiner Konzeption zu den bereits existierenden Lehrbüchern ein:

Die Lehrbücher über pharmazeutische Chemie geben nämlich bisher für die darüber zu haltende viersemestrige Vorlesung keine unmittelbare Unterlage. Sie enthalten deren Stoff eingebettet in die allgemeine, anorganische und organische Chemie, die im großen und ganzen nach denselben systematischen Gesichtspunkten geordnet sind wie in den rein chemischen Lehrbüchern. Somit bringen sie eine Chemie für Pharmazeuten, aber keine eigentliche pharmazeutische Chemie für sich.

Weiter weist er darauf hin, dass es für ein Lehrbuch der Pharmazeutischen Chemie nicht immer erforderlich ist, dieselben systematischen Gesichtspunkte der Stoffanordnung walten zu lassen wie in der reinen Chemie und dass für die Auswahl der pharmazeutisch wichtigen Stoffe das Deutsche Arzneibuch nicht maßgebend sein kann, da es veraltet ist. Letzteres war ein sehr wichtiger Gesichtspunkt; das DAB 6 stammte aus dem Jahre 1926, und in der Zwischenzeit war eine Fülle neuer Arzneistoffe auf den Markt gekommen. Auch das Folgende klingt bereits sehr modern:

Bei der Art der Stoffbehandlung habe ich mir zum Ziele gesetzt, die Verbindung zwischen pharmazeutischer Chemie und Medizin, speziell der Pharmakologie, besonders eng zu gestalten; im organischen Teil wird das noch mehr zum Ausdruck kommen als im anorganischen.

Der Organische Teil erschien 1954 (717 Seiten). In der Rezension von Ulrich Bogs (1908–1984) heißt es [26]: [...] bricht der Verfasser mit dem sonst auch bei pharmazeutisch-chemischen Lehrbüchern üblichen Schema für die Aufteilung des Stoffgebietes die chemische Systematik zu verwenden und einschränkend […] mit Nutzen nur neben einem Grundriß der organischen Chemie als Lehrbuch zu verwenden.

S. Pfeifer hat in seiner recht umfangreichen Rezension [27] u. a. die uneinheitliche und nicht den IUPAC-Empfehlungen entsprechende Nomenklatur und eine mitunter zu romanhafte und nicht sorgfältig durchgearbeitete Darstellung kritisiert. Die Bücher konnten sich als Lehrbücher für die Pharmazeutische Chemie nicht durchsetzen.

Mit den Büchern von Hückel deuten sich aber qualitative Veränderungen im akademischen Unterricht an. Der Wandel der Pharmazeutischen Chemie als Appendix der Chemie zum eigenständigen Fachgebiet innerhalb der Pharmazie wurde allerdings erst mit den Lehrbüchern von Auterhoff und Wagner erreicht.

Harry Auterhoff (1915-1983)

Das "Lehrbuch für Pharmazeutische Chemie" [10a] von Harry Auterhoff (1915–1983; von 1958 bis 1963 Direktor des Pharmazeutischen Instituts in Braunschweig, danach bis 1980 in Tübingen) und Joachim Knabe (1921–2005; damals Privatdozent in Braunschweig, von 1965 bis 1985 Professor für Pharmazeutische Chemie in Saarbrücken) erschien 1962 bei der Wissenschaftlichen Verlagsgesellschaft Stuttgart und war ein großer Erfolg. Bereits 1964 folgte die 2. Auflage, 1983 die 11. Auflage. Danach trat, bedingt durch den Tod Auterhoffs, eine etwas längere Pause ein. Koautor der 12. Auflage von 1991 [10b] war Hans-Dieter Höltje (Professor an der FU Berlin, seit 1996 in Düsseldorf). Die letzte, 14. Ausgabe erschien 1999.

Das Vorwort der 1. Auflage beginnt mit der Aussage: Die Pharmazeutische Chemie hat sich durch die raschen Fortschritte der Arzneimittelforschung insbesondere im Laufe der letzten 50 Jahre zu einer selbständigen Disziplin der Chemie entwickelt. Weiter wird ausgeführt, dass das Buch chemische Kenntnisse voraussetzt. Auf diese Weise konnte das umfangreiche Gebiet verhältnismäßig ausführlich nach pharmakologischen und pharmakologisch-therapeutischen Gesichtspunkten behandelt werden.

Der anorganisch-chemische Teil des Buches hält sich an das Periodensystem der Elemente und bedient sich der IUPAC-Nomenklatur. Der organisch-chemische Teil ist dagegen – nach Abhandlung von Arzneimitteln aus den wichtigsten einfacheren chemischen Stoffgruppen (Kohlenwasserstoffe, Aldehyde, Carbonsäuren usw.) – nach pharmakologisch-therapeutischen Gesichtspunkten (Lokalanästhetika, Antihistaminika usw.) gegliedert.

Ab der 12. Auflage wurde die Gliederung etwas verändert. Im Kapitel "Allgemeiner Teil" werden Wirkungsmechanismen, Rezeptortheorien, Transportvorgänge, Biotransformation und Prinzipien der Arzneistofffindung abgehandelt. Chemische Gruppenreaktionen, Gehaltsbestimmungen und Grundlagen der Instrumentellen Analytik werden im Kapitel "Analytik" zusammengefasst. Der Anorganisch-chemische Teil wurde stark gekürzt. Ein Anorganisch-chemischer und Organisch-chemischer Teil, in dem die nicht in die pharmakologischen Gruppen einzuordnenden Informationen untergebracht wurden, der aber eigentlich noch ein Relikt aus der vorhergehenden Lehrbuchgestaltung ist, wurde bis zur letzten Auflage beibehalten. Die Gliederung der pharmakologischen Gruppen wurden dem Buch von Ernst Mutschler "Arzneimittelwirkungen" angeglichen. Die meisten Formeln wurden dreidimensional gestaltet, was für ein Lehrbuch nicht immer unproblematisch ist.

In der DDR fehlte es an einem modernen Lehrbuch der Pharmazeutischen Chemie, obwohl zwei Titel von Mitarbeitern der Pharmazeutischen Industrie herausgebracht wurden: Von Josef Klosa ein dreibändiges Werk (je etwa 350 Seiten) mit den Titeln [6a]: "Entwicklung und Chemie der Heilmittel. Band I: Pharmazeutika der Pflanzenwelt; Band II: Vitamine, Hormone, Enzyme und Eiweißstoffe; Band III: Synthetische Pharmazeutika" (Berlin 1952). Noch im selben Jahr folgte in gleicher – schlechter – Ausstattung ein Band "Antibiotika" [6b]. Das Grundanliegen war sicherlich löblich, der Autor verfügte ohne Zweifel über eine immense Literaturkenntnis (zahlreiche Originalliteratur wurde als Fußnote beigefügt), das Buch war aber schon wegen der überaus zahlreichen Formelfehler als Lehrbuch völlig ungeeignet. Die Darstellung erfolgte aus Sicht der Industrie und war didaktisch ungeschickt, analytische Fragestellungen wurden völlig ausgelassen. Originell und auch heute noch mit Gewinn zu lesen ist der Versuch, die Entdeckungsgeschichte der einzelnen Arzneistoffe aufzuzeigen. Jedem Band war ein mehrseitiges Berichtigungsblatt beigefügt, das aber nur einen Bruchteil der notwendigen Korrekturen umfasste. Eine Neuauflage erfolgte nicht.

Als völlig ungeeignet für den akademischen Unterricht in der DDR erwies sich auch eine Übersetzung aus dem Russischen, der "Kurs für pharmazeutische Chemie" (1953) von P. L. Senow [5], weil die in der Sowjetunion verwendeten Arzneimittel sich außerordentlich von denen der DDR unterschieden. Sehr vorsichtig formulierte J. Richter in seiner Rezension [28]: Das Werk, das besonders denen wertvolle Hinweise geben kann, die sich mit wissenschaftlicher sowjetischer Literatur auf dem Gebiet der pharmazeutischen Chemie befassen, zeichnet sich durch drei Punkte besonders aus [...].

1961 erschien als Übersetzung aus dem Tschechischen das Buch "Synthetische Arzneistoffe" von Zdenek Budešinský (1913–1919) und Miroslav Protiva (1921–1998) [9]. Es war damals bereits veraltet (die Originalausgabe stammte aus dem Jahre 1954, wurde aber durch Ergänzungsartikel modernisiert) und mehr als Nachschlagewerk denn als Lehrbuch geeignet. Sein Schwerpunkt lag in der zum Teil recht umfangreichen Beschreibung der Synthesen.

Günther Wagner (1925-1999)

Einer der profiliertesten Pharmazeutischen Chemiker der DDR war Günther Wagner (1925–1999; von 1959 bis 1991 Professor für Pharmazeutische Chemie in Leipzig). Von ihm und seinem Mitarbeiter Hans Kühmstedt (Professor für Pharmazeutische Chemie in Greifswald) erschien zunächst als Band 7 im Rahmen der sehr erfolgreichen Reihe "Wissenschaftliche Taschenbücher" des Akademie-Verlages Berlin eine kurz gefasste (277 Seiten) "Pharmazeutische Chemie" [11a], die fünf Auflagen erlebte. Das Taschenbuch wendete sich zwar in erster Linie an interessierte Nicht-Pharmazeuten, wurde aber gern von Pharmaziestudenten als Repetitorium genutzt.

Eine entscheidende Wende in der Ausbildung der Pharmaziestudenten in der DDR wurde mit dem "Lehrbuch der Pharmazeutischen Chemie" [11b] von Günther Wagner eingeleitet, das unter Mitarbeit von Hans Kühmstedt, ab der 3. Auflage zusätzlich von Helmut Pischel, erstmals 1966 erschien. Das Buch gliederte sich in einen Allgemeinen und Speziellen Teil. Der Allgemeine Teil enthält Methoden zur Identifizierung, Reinheitsprüfung und Gehaltsbestimmung sowie einen Anorganisch-chemischen und Organisch-chemischen Teil. Erst im Speziellen Teil, der in der 1. Auflage etwa die Hälfte des Buches ausmacht, erfolgt dann die Behandlung der Arzneistoffe nach pharmakologischen Gruppen.

Die letzte Auflage des Lehrbuches erschien 1986. Es hatte nach der Wiedervereinigung den Nachteil, dass es zu sehr auf das Arzneimittelsortiment der DDR und die im Arzneibuch der DDR (AB/DDR) vorgeschriebene Analytik fixiert war.

Eine echte Bereicherung des Angebots an pharmazeutisch-chemischer Fachliteratur waren die 1976 erstmals erschienenen Taschenbücher Arzneimittelchemie I, II und III von Eberhard Schröder, Clemens Rufer und Ralph Schmiechen [13a], Vertretern der Pharmazeutischen Industrie (Schering AG). Als Band 4 der Reihe "Arbeitstechniken in der Pharmazeutischen Industrie" erschien dann 1982 unter Mitarbeit weiterer Autoren als Nachfolgewerk die mit 1138 Seiten recht umfangreiche "Pharmazeutische Chemie" [13b]. Dieses Werk richtete sich allerdings in erster Linie an Chemiker in der Arzneimittelforschung. Im Vorwort wird betont, dass die weitere Suche nach neuen Arzneimitteln nur auf einer rationalen Basis entwickelt werden kann. Voraussetzung hierzu ist das Zusammenwirken vieler naturwissenschaftlicher Disziplinen. Das erfordert Kenntnisse, die über ein spezielles Fachwissen hinausgehen und das Verständnis der Arbeit in benachbarten Fachrichtungen ermöglichen. Besonders dem Chemiker in der Arzneimittelforschung müssen Grundlagen der Pharmakologie, Biochemie und Physiologie geläufig sein, damit er die Synthese neuer potentieller Pharmaka sinnvoll planen kann [13b].

Nach einem sehr interessanten Kapitel "Grundlagen der Arzneimittelforschung" werden dann die Arzneistoffe nach pharmakologisch-therapeutischen Gesichtspunkten behandelt. Erwähnt werden muss, dass auch die wichtigsten Testmethoden für die jeweiligen Wirkstoffgruppen aufgenommen wurden. Im Unterschied zu den meisten anderen Büchern enthält der Band ein umfangreiches Literaturverzeichnis.

1978 erschien eine "Einführung in die Pharmazeutische Chemie" (460 Seiten mit Register [12]) von Otto-Erich Schultz (1908–1985; von 1956 bis 1977 Direktor des Pharmazeutischen Instituts in Kiel), das unter Mitarbeit des Internisten Hansgünter Lahrtz verfasst wurde. Im Vorwort wird betont, dass neben der medizinischen Anwendung besonderer Wert auf die pharmazeutisch-chemischen Prüfungen (Verfahren des DAB 7 und der Europäischen Pharmakopöe) gelegt wurde.

1979 erschien ein "Lehr- und Handbuch" mit dem Titel "Synthetische Arzneimittel. Übersicht, Synthese, Biotransformation, Analytik" [14] von Siegfried Ebel (Professor in Marburg, von 1983 bis 1999 in Würzburg). Das Buch beschränkt sich auf synthetische Arzneistoffe und will möglichst schnell umfassende Informationen über ein Arzneimittel (Stellung innerhalb der Stoffklasse oder der betreffenden pharmakologischen Gruppe, Synthese, Biotransformation und Analytik) geben. Es wird daher als "Lehr- und Handbuch" bezeichnet und bietet tatsächlich auf 584 Seiten sehr umfangreiche Informationen, die durch ausführliche Register erschlossen werden können. Eine Neuauflage erfolgte nicht.

Walter Schunack (Professor für Pharmazeutische Chemie in Mainz, von 1984 bis 2003 an der FU Berlin) spricht im Vorwort seines 1981 erstmalig erschienenen Lehrbuches "Arzneistoffe. Lehrbuch der Pharmazeutischen Chemie" [15] von einer biochemisch orientierten Pharmazeutischen Chemie und betont, dass im Lehrbuch eine Synthese stofflich-chemischer und biochemischer Aspekte angestrebt wird. Koautoren sind Klaus Mayer , Mainz, und Manfred Haake , Marburg. Das Buch gliedert sich in einen Allgemeinen, Analytischen und Speziellen Teil. Der Allgemeine Teil enthält die Kapitel "Strukturbedingte Eigenschaften von Arzneistoffen, Arzneistoffsynthese (Peptidsynthese und Gewinnung von Enantiomeren), Arzneistoffentwicklung und Biotransformation. Im Analytischen Teil wird außer der Arzneimittelanalytik auch die Klinische Chemie abgehandelt. Im Speziellen Teil werden die einzelnen Wirkstoffgruppen behandelt, einschließlich Vitamine und Diagnostika. H.-H. Otto schrieb in seiner Rezension [29], dass Gliederung und Überschriften denen des Gegenstandskataloges 2 weitgehend entsprechen. Die 1. Auflage umfasste 608 Seiten, eine 2. und letzte Auflage erschien 1983.

Medizinische Chemie als In-vivo-Chemie der Arzneistoffe

Wesentliche Impulse für die Gestaltung der Lehrbücher der Pharmazeutischen Chemie kamen von Hermann Josef Roth (von 1966 bis 1983 Direktor des Pharmazeutischen Instituts in Bonn, danach bis 1994 Professor in Tübingen). 1988 erschien sein Lehrbuch "Arzneistoffe. Struktur – Bioreaktivität – Wirkungsbezogene Eigenschaften" [18] mit Helmut Fenner (Professor für Pharmazeutische Chemie an der FU Berlin) als Koautor. Synthese und Gewinnung sowie Arzneistoffanalytik waren bewusst ausgeklammert, denn Roth hatte sie zuvor in anderen Werken abgehandelt. 1982 hatte er mit Axel Kleemann (Degussa AG) eine "Arzneistoffsynthese" [16a] publiziert und 1983 durch einen Band "Arzneistoffgewinnung. Naturstoffe und Derivate" [16b] ergänzt. Beide Titel wurden nicht neu aufgelegt. Eine "Pharmazeutische Analytik" [17a] mit dem Koautor Gottfried Blaschke (damals in Bonn, von 1980 bis 2002 Professor für Pharmazeutische Chemie in Münster) sowie eine "Arzneistoffanalyse" mit Kurt Eger (damals in Bonn, von 1992 bis 2007 Professor für Pharmazeutische Chemie in Leipzig) und Reinhard Troschütz (damals in Bonn, seit 1988 Professor für Pharmazeutische Chemie in Erlangen) waren 1978 bzw. 1981 erschienen und erlebten weitere Auflagen [17b, c].

Im Vorwort zur 1. Auflage der "Arzneistoffe" erläutert Roth, was er unter Bioreaktivität und wirkungsbezogenen Eigenschaften versteht:

Unter Bioaktivität können alle Vorgänge eingeordnet werden, die mit der aktiven und passiven chemischen Veränderung des Wirkstoffes zusammenhängen. Aspekte der Bioreaktivität sind: Aktivierung von Wirkstoffen, Inaktivierung, Redoxaktivität, Bildung kovalenter Addukte, Komplexbildung, Metabolisierung (Biotransformation) – Interaktion mit anderen Wirkstoffen. Zum Begriff der chemisch physikalischen Bioreaktivität gehören: Auslösung pharmakodynamischer Effekte, Enzymbeeinflussung durch Aktivierung und Desaktivierung, Änderung der Tertiärstruktur von Proteinen, Veränderung elektrophysiologischer Vorgänge usw. Wirkungsbezogene Eigenschaften [...] beeinflussen die pharmazeutische Verfügbarkeit, die Bioverfügbarkeit, die Pharmakokinetik und die Pharmakodynamik.

 

Es geht also um das Schicksal des Arzneistoffes bzw. seines Metaboliten im Organismus bis hin zur Wechselwirkung mit dem wirkungsauslösenden Rezeptor – in der Regel einem Protein. Eine 3. Auflage der "Arzneistoffe" erschien 2000 mit insgesamt 806 Seiten. Allgemeine Kapitel fehlen.

Das erste deutschsprachige Buch, das sich mit sehr weit gesteckten Aspekten der Arzneimittelforschung beschäftigte, war "Grundlagen der Arzneimittelforschung und der synthetischen Arzneimittel" (1963 [10c]) von Jakob Büchi (1903–1986; von 1936 bis 1973 Professor für Galenische bzw. Pharmazeutische Chemie in Zürich). Es enthält u. a. Kapitel über Zusammenhänge der physikalisch-chemischen Eigenschaften und der pharmakologischen Wirkung, Biotransformation, Struktur-Wirkungs-Beziehungen und Wirkungsmechanismen.

Unter dem Titel "Medizinische Chemie" erschien "The Organic Chemistry of Drug Design and Drug Action" (Academic Press, 1992) von Richard B. Silverman 1995 auf Deutsch [19]. Der Herausgeber der deutschen Ausgabe, Joachim K. Seydel, bezieht sich im Vorwort auf die IUPAC-Definition für Medizinische Chemie: Medizinische Chemie ist eine auf der Chemie basierende Disziplin, die verschiedene Aspekte der biologischen, medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaften einschließt. Sie befasst sich mit der Entdeckung, Entwicklung, Identifizierung und der Synthese biologisch aktiver Verbindungen, der Interpretation ihres Wirkungsmechanismus auf molekularer Ebene und dem Metabolismus der Wirkstoffe. Seydel weist noch darauf hin, dass auch die computergestützte Ableitung von Struktur-Wirkungs-Beziehungen dazu gehören. Das Buch wendet sich an Organiker, Biochemiker und Pharmazeutische Chemiker. Die Gliederung entspricht dem Anliegen einer Wirkstoffentwicklung (u. a. Kapitel Wirkstoffentdeckung, Rezeptoren, Enzyme, Enzyminhibierung, DNA, Metabolisierung, Prodrugs). Für die Ausbildung der Pharmazeuten ist es als Ergänzung zu Lehrbüchern, bei denen die Gliederung nach pharmakologischen Gruppen erfolgt, nur zu empfehlen.

In diesem Zusammenhang soll erwähnt werden, dass bereits 1994 an der Martin-Luther-Universität in Halle eine Professur "Medizinische Chemie" mit Schwerpunkt computerunterstützte Struktur-Wirkungs-Beziehungen besetzt wurde (Michael Wiese, jetzt Universität Bonn).

1996 erschien "Wirkstoffdesign – der Weg zum Arzneimittel " [19a] von Hans-Joachim Böhm, Gerhard Klebe (seit 1996 Professor für Pharmazeutische Chemie in Marburg) und Hugo Kubinyi. Das Buch entstand durch längere Zusammenarbeit der Autoren im Wirkstoffdesign des Hauptlaboratoriums der BASF und durch mehrjährige Vorlesungsaktivität. Im Vorwort betont Ernst Mutschler, dass das Buch umfassend und auf ungewöhnliche und zugleich überzeugende Art den Weg […] zum Arzneimittel beschreibt. Die einzelnen Kapitel beschäftigen sich u. a. mit der Leitstruktursuche, mit experimentellen und theoretischen Methoden, mit quantitativen Struktur-Wirkungs-Beziehungen. Das letzte Kapitel bringt einige Beispiele für Erfolge beim rationalen Wirkstoffdesign. Das Buch dürfte vor allem zur Gestaltung eines Wahlpflichtfaches von besonderer Bedeutung für die Studenten sein, die sich mit Fragen der Wirkstoffentwicklung beschäftigen wollen.

Unter dem Titel "Medizinische Chemie. Targets und Arzneistoffe" [20] ist im Jahre 2005 ein Nachfolger des Buches von Roth und Fenner erschienen. Autoren sind Dieter Steinhilber, Manfred Schubert-Zsilavecz (seit 1995 bzw. 1997 Professoren für Pharmazeutische Chemie in Frankfurt/Main) und Hermann Josef Roth. Mit diesem Buch wird das biochemische Verhalten des Arzneistoffes in den Mittelpunkt der Betrachtung gestellt, was für ein Verständnis der therapeutischen Wirkung notwendig ist. Sehr zu begrüßen sind die vielen Abbildungen mit schematischen Darstellungen auch zum Wirkungsmechanismus, die für Lehrzwecke vom Verlag auch auf CD zur Verfügung gestellt werden. Zu bedauern ist höchstens, dass eine Gesamtbetrachtung des chemischen Verhaltens in vivo und in vitro (Stabilität, Reaktivität) nicht mehr erfolgt.

Pharmazeutische Chemie als Grundlage für den Beruf

Der Schwerpunkt der Pharmazeutischen Chemie verlagerte sich bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts von der anorganischen zur organischen Chemie. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts kam es zur Differenzierung der Pharmazeutischen Chemie in Medizinische Chemie und Pharmazeutische Analytik. In der Medizinischen Chemie hat sich der Schwerpunkt von der Synthese auf biochemische Fragestellungen wie Schicksal der Arzneistoffe in vivo, molekularer Wirkungsmechanismus etc. verschoben. Damit wird dem Apotheker eine rationale Basis für seine Beratung von Patient und Arzt gegeben.

Die Chemie für Pharmazeuten wandelte sich in drei Etappen zur Pharmazeutischen Chemie, was sich in den Lehrbüchern widerspiegelt:

1. Gliederung der Arzneistoffe nach rein chemischen Gesichtspunkten (u. a. anorganische und organische Chemie): Lehrbücher von Schmidt, Thoms, Bodendorf sowie Rosenmund und Vogt.

2. Gliederung der Arzneistoffe nach pharmakologischen Gesichtspunkten, zunächst noch unter Einbeziehung der Analytik (Lehrbücher von Auterhoff und Wagner), wobei Analytik und Synthese tendenziell immer mehr zugunsten der biochemischen Wirkungsmechanismen zurückgedrängt wurden (Lehrbücher von Roth et al. sowie Steinhilber et al.).

3. Darstellung nach Schwerpunkten der Arzneistoffentwicklung, des Drug-Design und molekularer Wechselwirkungspartner ("Medizinische Chemie" von Silverman).

Die Pharmazeutische Chemie, wie sie gegenwärtig an den Hochschulen auf der Basis der modernen Lehrbücher vermittelt wird, trägt dazu bei, dass der Pharmazeut als Fachmann für das Arzneimittel qualifiziert ist. Auf dieser Qualifikation beruht der Anspruch, dass sich eine medizinisch und ökonomisch vertretbare Arzneimitteltherapie nur unter maßgeblicher Mitwirkung von Pharmazeuten umsetzen lässt.

 

Literatur

[1] Schmidt, Ernst: Ausführliches Lehrbuch der pharmaceutischen Chemie. Erster Band: Anorganische Chemie. Friedrich Vieweg & Sohn, Braunschweig 1879 (XX + 900 S.), Zweiter Band: Organische Chemie. Friedrich Vieweg & Sohn, Braunschweig 1882 (XXVII + 1259 S.), 6. Aufl. 1922/23.

[2a] Schule der Pharmazie. Hrsg.: Johannes Holfert, Hermann Thoms, Ernst Mylius, Karl Friedrich Jordan. Chemischer Theil. Julius Springer, Berlin 1893 (5 Bände).

[2b] Thoms, Hermann: Grundzüge der pharmazeutischen und medizinischen Chemie, 8. Aufl. Julius Springer, Berlin 1927, 9. Aufl. 1931.

[3] Bodendorf, Kurt: Kurzes Lehrbuch der Pharmazeutischen Chemie. Auch zum Gebrauch für Mediziner. Julius Springer, Berlin 1939 (X + 392 S.), 2. u. 3. Aufl. 1949 (459 S.), 4. Aufl. 1954 (482 S.), 5. Aufl. 1958, 6. Aufl. 1962 (VIII + 504 S.).

[4a] Rosenmund, Karl Wilhelm, Hans Vogt: Kleine Einführung in die pharmazeutische und medizinische Chemie. Teil I: Allgemeine und Anorganische Chemie. Wolfenbütteler Verlagsanstalt, Wolfenbüttel-Hannover 1947.

[4b] Rosenmund, Karl Wilhelm, Hans Vogt: Grundzüge der Pharmazeutischen und Medizinischen Chemie. Teil II: Organische Chemie. Theodor Steinkopff, Dresden und Leipzig 1953, 3. Aufl. 1956, 5. Aufl. 1966.

[4c] Rosenmund, Karl Wilhelm, Hans Vogt (unter Mitarbeit von Jörg Schnekenburger): Grundzüge der Pharmazeutischen und Medizinischen Chemie, 5. neu bearb. u. erw. Aufl. Theodor Steinkopff, Dresden 1966.

[5] Senow, P.L.: Kurs für pharmazeutische Chemie. Staatlicher Verlag für medizinische Literatur, Medgis, Moskau 1952.

[6a] Klosa, Josef: Entwicklung und Chemie der Heilmittel. Band 1: Pharmazeutika der Pflanzenwelt (1952); Band 2: Vitamine, Hormone, Enzyme und Eiweißstoffe (1953). Band 3: Synthetische Pharmazeutika (1952). Verlag Technik, Berlin 1952.

[6b] Klosa, Josef: Antibiotika. Verlag Technik, Berlin 1952.

[7] Kaufmann, Hans-Paul: Arzneimittel-Synthese. Springer, Berlin 1953.

[8] Hückel, Walter: Vorlesungen über pharmazeutische Chemie und Arzneimittelsynthese für Studierende und Apotheker. Bd. 1: Anorganischer Teil, Bd. 2: Organischer Teil. Enke, Stuttgart 1953 bzw. 1954.

[9] Budešinský, Zdenek, Miroslav Protiva: Synthetische Arzneimittel. Übersetzung aus dem Tschechischen von Harald Hedenetz und Walter Künzel. Nach einer Neubearbeitung durch die Autoren in deutscher Sprache herausgegeben von Walter Knobloch. Akademie-Verlag, Berlin 1961.

[10a] Auterhoff, Harry, unter Mitarbeit von Joachim Knabe: Lehrbuch der Pharmazeutischen Chemie. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 1962; 2. Aufl. 1964, 3. Aufl. 1965, 4. Aufl. 1966, 5. Aufl. 1968, 6. Aufl. 1976, 7. Aufl. 1976, 8. Aufl. 1976, 9. Aufl. 1978, 10. Aufl. 1980, 11. Aufl. 1983.

[10b] Auterhoff, Harry, Joachim Knabe, Hans-Dieter Höltje: Lehrbuch der Pharmazeutischen Chemie, 12. Aufl. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 1991, 13. Aufl. 1994, 14. Aufl. 1999.

[10c] Büchi, Jakob: Grundlagen der Arzneimittelforschung und der synthetischen Arzneimittel. Birkhäuser, Basel 1963.

[11a] Wagner, Günther, Hans Kühmstedt: Pharmazeutische Chemie. Akademie-Verlag (Reihe Wissenschaftliche Taschenbücher), Berlin 1963, 2. Aufl. 1965, 3. Aufl. 1970, 4. Aufl. 1978, 5. Aufl. 1985.

[11b] Wagner, Günther, unter Mitarbeit von Hans Kühmstedt, (ab der 3. Aufl. zusätzlich unter Mitarbeit von Helmut Pischel): Lehrbuch der Pharmazeutischen Chemie. Verlag Volk und Gesundheit, Berlin 1966, 2. Aufl. 1970, 3. Aufl. 1981, 4. Aufl. 1986.

[11c] Ehrhart, Gustav, Heinrich Ruschig (Hrsg.): Arzneimittel. Entwicklung – Wirkung – Darstellung. Band 1: Pharmakodynamika. Band 2: Chemotherapeutica. Verlag Chemie, Weinheim 1968.

[11d] Ehrhart, Gustav, Heinrich Ruschig (Hrsg.): Arzneimittel. Entwicklung – Wirkung – Darstellung, 2. Aufl. Band 1: Therapeutica mit Wirkung auf das zentrale Nervensystem. Band 2: Therapeutica mit Wirkung auf das periphere Nervensystem. Band 3: Therapeutica mit Wirkung auf den Respirations- und Verdauungstrakt; Hormone. Band 4: Chemotherapeutica, Teil 1. Band 5: Chemotherapeutica, Teil 2. Verlag Chemie, Weinheim 1972.

[12] Schultz, Otto-Erich, unter Mitarbeit von Hg. Lahrtz: Einführung in die pharmazeutische Chemie. Verlag Chemie, Weinheim 1978, 2. Aufl. 1984.

[13a] Schröder, Eberhard, Clemens Rufer, Ralph Schmiechen: Arzneimittelchemie (3 Bände), Thieme, Stuttgart 1978.

[13b] Schröder, Eberhard, Clemens Rufer und Ralph Schmiechen (unter Mitarbeit von R. Albrecht, K. Lübke und K. Prezewowsky): Pharmazeutische Chemie. Thieme, Stuttgart, New York 1982.

[14] Ebel, Siegfried: Synthese der Arzneimittel. Ein Lehr- und Handbuch. Übersicht, Synthese, Biotransformation, Analytik. Verlag Chemie, Weinheim, New York 1979.

[15] Schunack, Walter, Klaus Mayer, Manfred Haake: Arzneistoffe: Lehrbuch der pharmazeutischen Chemie. Vieweg & Sohn, Braunschweig 1981, 2. Aufl. 1984.

[16a] Roth, Hermann Josef, Axel Kleemann: Arzneistoffsynthese. Pharmazeutische Chemie I. Thieme, Stuttgart 1982.

[16b] Kleemann, Axel, Hermann Josef Roth: Arzneistoffgewinnung. Naturstoffe und Derivate. Thieme, Stuttgart 1983.

[17a] Roth, Hermann Josef, Gottfried Blaschke: Pharmazeutische Analytik. Thieme, Stuttgart 1978, 3. Aufl. 1989.

[17b] Roth, Hermann Josef, Kurt Eger, Reinhard Troschütz: Arzneistoffanalyse. Reaktivität – Stabilität – Analytik. Pharmazeutische Chemie II. Thieme, Stuttgart 1981, 2. Aufl. 1985, 3. Aufl. 1990, Nachdruck der 3. Aufl. G. Fischer, Stuttgart 1996.

[17c] Eger, Kurt, Reinhard Troschütz, Hermann Josef Roth: Arzneistoffanalyse, 4. Aufl. Deutscher Apotheker Verlag, Stuttgart 1999, 5. Aufl. 2006.

[18] Roth, Hermann Josef, Helmut Fenner: Arzneistoffe. Struktur – Bioreaktivität – Wirkungsbezogene Eigenschaften. Pharmazeutische Chemie III. Thieme, Stuttgart 1988, 2. Aufl. 1994; Nachdruck der 2. Aufl. G. Fischer, Stuttgart 1997, 3. Aufl. Deutscher Apotheker Verlag, Stuttgart 2000.

[19] Silverman, Richard B. (Hrsg. der Übersetzung: Joachim K. Seydel): Medizinische Chemie für Organiker, Biochemiker und Pharmazeutische Chemiker. Verlag Chemie, Weinheim 1994.

[19a] Böhm, Hans-Joachim, Gerhard Klebe, Hugo Kubinyi: Wirkstoffdesign. Der Weg zum Arzneimittel. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 1996.

[20] Steinhilber, Dieter, Manfred Schubert-Zsilavecz und Hermann Josef Roth: Medizinische Chemie. Targets und Arzneistoffe. Deutscher Apotheker Verlag, Stuttgart 2005.

[21] Hunnius Pharmazeutisches Wörterbuch, 8. Aufl. Neu bearbeitet und erweitert von Artur Bürger und Helmut Wachter. Walter de Gruyter, Berlin, New York 1998.

[22] Friedrich, Christoph: Zur Herausbildung der Pharmazeutischen Analytik an deutschen Universitäten im 19. und 20. Jahrhundert. Pharmazie 47 (1992) 935-941.

[23] Rankenburg, Heinz: Die Apothekerausbildung im Spiegel der deutschen Prüfungs- und Approbationsordnungen von 1875 bis 1989. Peter Lang, Europäischer Verlag der Wissenschaften, Frankfurt am Main 1996.

[24] Deutsche Apotheker-Biographie (Hrsg.: Wolfgang-Hagen Hein, Holm-Dietmar Schwarz), 2 Bände, 2 Ergänzungsbände. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 1975, 1978, 1986 bzw. 1997; Pötsch, Winfried R., Annelore Fischer, Wolfgang Müller: Lexikon bedeutender Chemiker. Bibliographisches Institut, Leipzig 1988.

[25] Reichert, Benno: Rezension, Pharmazie 5 (1950) 140.

[26] Bogs, Ulrich. Rezension, Pharmazie 10 (1955) 455.

[27] Pfeifer, S.: Rezension, Pharmazie 17 (1962) 377-378.

[28] Richter, J.: Rezension, Pharmazie 8 (1953) 880.

[29] Otto, H.-H.: Rezension, DAZ 121 (1981) 1786.

[30] Graf, E.: Rezension. DAZ 105 (1965) 1203.

[31] Schlossberger, Julius Eugen: Lehrbuch der Organischen Chemie mit besonderer Rücksicht auf Physiologie und Pathologie, auf Pharmacie, Technik und Landwirthschaft. C. F. Wintersche Verlagshandlung, Leipzig, Heidelberg 1849, 4. Aufl. 1857.

 


Für die Verfasser: 

Prof. Dr. Peter Nuhn 

Institut für Pharmazie 

Wolfgang-Langenbeck-Str. 4

06120 Halle

 

 

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