Aus Kammern und Verbänden

Lebenslanges Lernen – auch für unterrichtende Apotheker

Auf ihrer 19. Jahrestagung befassten sich die "Apotheker im Unterricht" mit moderner Didaktik und Lehrplangestaltung, mit der Evaluation der Schul- und Unterrichtsqualität sowie mit speziellen Fragen der PTA-Ausbildung. Mehr als 50 Teilnehmer nahmen an der Veranstaltung in der PTA-Schule Frankfurt am 5. und 6. September teil.

Angestoßen durch den Bologna-Prozess, gilt nun "lebenslanges Lernen" auch für die berufliche Ausbildung. Welche Auswirkungen hat dies auf die Didaktik und die Lehrplangestaltung im Bereich der PTA-Ausbildung? Dieser Frage ging Frau Prof. Dr. Annette Nauerth in ihrem Seminar "Didaktik und Curriculumentwicklung im Bereich PTA" nach.

Kompetenzen erwerben

Heute ist die Fragestellung nicht mehr: Was muss ein Schüler am Ende seiner Ausbildung wissen, sondern: Welche Kompetenzen soll der Schüler besitzen? Daher steht nicht mehr der "Unterricht" im Vordergrund des didaktischen Handelns. Wichtig ist jetzt die Gestaltung von Lerngelegenheiten und Lernumgebung, die das individuelle, selbstgesteuerte Lernen unterstützen sollen. Das theoretische Wissen soll mit Kopf, Herz, Hand und allen Sinnen erworben werden. Wichtiger als das reine Faktenwissen sind Fach-, Methoden- und Sozialkompetenz, wobei man unter Kompetenzen stabile handlungsrelevante Fähigkeiten versteht, die in der Schule und durch Erfahrungen erworben werden. Das bedeutet für die Ausbildung: weg von den Unterrichtsfächern hin zu Lernfeldern, in denen die Lernsituation möglichst nahe an die Berufssituation herankommt. Das hat zwar die Kultusministerkonferenz schon Mitte der 90er Jahre für die berufliche Ausbildung in der Bundesrepublik beschlossen, aber noch nicht alle Bundesländer haben diesen Beschluss umgesetzt.

Wie die Hochschulausbildung soll auch die berufliche Ausbildung in Module aufgeteilt werden, die mit ECTS-Punkten versehen werden. Damit soll zugleich der Übergang in die Hochschulausbildung erleichtert werden.

Problemorientiertes Lernen ( POL) …

… ist eine der Unterrichtsmethoden, die beim Schüler Qualitäten entwickelt, sich selbstständig über ein Fachgebiet zu informieren, fächerübergreifend zu denken und im Team zu arbeiten.

Eine kleine Lerngruppe erhält eine Aufgabe und löst sie im Siebensprung, das heißt: Sie klärt zuerst undeutliche Termini und Begriffe, definiert und analysiert dann das Problem, um im nächsten Schritt die verschiedenen Erklärungen zu ordnen und systematisch zu inventarisieren. Dann formuliert die Gruppe Lernziele und sammelt zusätzliche Informationen außerhalb der Gruppe. Im letzten Schritt überprüft sie die neuen Informationen. Der Lehrer begleitet den Lernprozess und achtet darauf, dass die Gruppe das Lernziel erreicht. Er vermittelt kein Wissen, sondern gibt höchstens Anregungen und steht bei Anfrage zu Verfügung.

Curriculum am Beispiel "Gefahrstoffe"

In einem Curriculum werden die Lernziele, Lerninhalte, Lernprozesse und die Lernorganisation einer Ausbildung beschrieben. Es entsteht in vier Konstruktionsphasen:

  • In der Legitimierungs- und Begründungsphase werden die Leitideen und Leitziele festgelegt.
  • Dann werden die Handlungsfelder, die Lernvoraussetzungen und die wissenschaftliche Disziplin analysiert.
  • Die dritte Phase enthält die Module der Ausbildung. Es werden die Lernziele und -inhalte sowie die dabei angewendeten Lehr- und Lernmethoden genannt.
  • In der Konstruktionsphase erfolgt die Implementation, z. B. die Auswahl der Lehrkräfte und Organisation der Ausstattung, sowie die Evaluation.

Nach diesem Muster haben die Teilnehmer in kleinen Gruppen ein Curriculum für ein Unterrichtsfach ausgearbeitet.

Im Anschluss stellte Maria Regina Emsbach ihr neues Buch "Gefahrstoffe, Pflanzenschutz, Umweltschutz" (Reihe Paperback PTA, Deutscher Apotheker Verlag, 2008) vor, das wie ein Curriculum aufgebaut ist und es dadurch dem unterrichtenden Apotheker erleichtert, moderne Didaktikmethoden wie "Problemorientierter Unterricht" und "Unterricht in Lernfeldern" anzuwenden. Die dazugehörige CD enthält den Stoff in interaktiven Modulen.

Qualitätsanalyse für den Unterricht

Qualitätssicherung ist in allen Arbeitsbereichen ein wichtiges Anliegen und wird zunehmend auch als Wettbewerbsvorteil angesehen. Das gilt auch für Schulen. In mehreren Bundesländern sind die staatlichen Schulen zur Qualitätsanalyse, Fremdevaluation oder Schulinspektion verpflichtet. Für die privaten PTA-Schulen besteht zwar keine solche Verpflichtung, doch sollten auch sie ihre Schul- und Unterrichtsqualität messen. Apothekerin Helga Hochkammer, Leiterin der PTA-Lehranstalt Duisburg, schilderte in ihrem Vortrag, wie sie mit ihrem Kollegium die Qualitätsanalyse plant. Sie befolgen dabei wesentlich das standardisierte Verfahren SEIS (Selbstevaluation in Schulen) der Bertelsmann Stiftung. Kriterien für die Unterrichtsqualität sind die fachliche und didaktische Gestaltung des Unterrichts, die Unterstützung eines aktiven Lernprozesses sowie die Lernumgebung und -atmosphäre.

Kollegen aus Niedersachsen, die an ihrer Schule bereits Erfahrungen mit der Schulinspektion gesammelt haben, bestätigten Frau Hochkammer und ihrem Kollegium, dass die SEIS eine gute Grundlage für eine Weiterentwicklung ist.

Statement zur PTA-Ausbildung

Im letzten Teil der Veranstaltung stellte die stellvertretende Vorsitzende des BApÖD, Edelgard Speer-Töppe, die Ergebnisse der Diskussionen zur Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für PTA (APrV-PTA) vor. Nach wie vor ist die Apotheke der größte Arbeitsplatz für PTA. Mit Abstand folgen Krankenhaus, Industrie und öffentlicher Gesundheitsbereich. Die Zahl der freiberuflich tätigen PTA nimmt zu. Die PTA-Ausbildung muss demnach einerseits eine breite und stabile Grundlage für die Tätigkeit in der Apotheke schaffen, andererseits so angelegt sein, dass die PTA sich spezialisieren und weiterbilden kann.

Eine völlige Neuorientierung der PTA-Ausbildung ist nach Ansicht des BApÖD nicht erforderlich. Auf die geänderten Anforderungsprofile kann mit einer Verlagerung von Schwerpunkten in der Ausbildung reagiert werden.

Bisher werden in der APrV-PTA für die einzelnen Unterrichtsfächer starre Mindeststundenzahlen vorgeschrieben. Eine Alternative, die die meisten Lehrer allerdings (noch) ablehnen, wäre, die Mindest- und Höchststundenzahlen für jedes Fach variabel festzulegen und nur noch die Gesamt-Mindeststundenzahl für den Ausbildungsabschnitt vorzuschreiben. Dies würde den Schulen eine größere Flexibilität einräumen. Sie könnten schnell und unbürokratisch auf Veränderungen in der Praxis reagieren und ihre Ausbildung an die Erfordernisse des Arbeitsmarktes für PTA in ihrem Einzugsbereich anpassen. Die Fächer Gerätekunde und Mathematik (fachgebunden) können in die Fächer integriert werden, in denen sie praktisch angewendet werden, wenn deren Stundenzahl entsprechend wächst.

Die Zugangsberechtigung mit dem mittleren Bildungsabschluss soll beibehalten werden. Für eine Verlängerung der PTA-Ausbildung auf drei Jahre sieht der BApÖD keine realistische Chance. Ebenso fand der Vorschlag, mit dem PTA-Abschluss die Fachhochschulreife zu erteilen, keine Mehrheit.

Eine Vertretungsbefugnis in der Apotheke für PTA lehnt der BApÖD grundsätzlich ab. Für fähige und berufserfahrene PTA gibt es zahlreiche anspruchsvolle Weiterbildungen, z. B. zur Fach-PTA beim Wipta, sowie einen zweisemestrigen Studiengang Pharmazieökonomie an der Fachhochschule Schmalkalden.

Die Jahrestagung der unterrichtenden Apotheker wurde zertifiziert und mit 12 Punkten bewertet.


Danksagung:

Alle Teilnehmer bedanken sich bei dem Leiter der PTA-Schule Frankfurt, Herrn Stutzer, und bei Frau Amant für ihre hervorragende Organisation und ihren unermüdlicher Einsatz während der Tagung. Ebenfalls danken wir dem Deutschen Apotheker Verlag für die Freiexemplare des Fachbuches "Gefahrstoffe, Pflanzenschutz, Umweltschutz".


Edelgard Speer-Töppe

stellv. BApÖD-Vorsitzende

Zum Vormerken


Die 20. Jahrestagung der unterrichtenden Apotheker findet am 13. und 14. März 2009 in der PTA-Lehranstalt Duisburg statt.

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