DAZ aktuell

Länderliste zum Arzneimittelversand

Däinghaus (noch) im Glück Laut OLG Frankfurt ist der Arzneiversand aus den Niederlanden zulässig. Der DAV will gegen das Urteil aber Revision einlegen.
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DAV zieht vor den Bundesgerichtshof

BERLIN (ks). Das Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt, nach dem der Arzneimittelversand der niederländischen Versandapotheke DocMorris nach Deutschland zulässig ist, wird nicht rechtskräftig. Der Deutsche Apothekerverband (DAV) hat entschieden, das Verfahren gegen DocMorris weiterzubetreiben und Revision einzulegen. Nun muss sich der Bundesgerichtshof mit der Frage befassen, ob die sogenannte Länderliste des Bundesgesundheitsministeriums rechtliche Bindungswirkung hat.

In seinem Urteil vom 28. Juni 2007 hatte das OLG ausgeführt, dass die im Juni 2005 vom Ministerium bekannt gemachte Länderliste eine verbindliche Wirkung hat (siehe AZ Nr. 2007, Nr. 27, S. 1). In dieser Liste werden die Niederlande und Großbritannien als Länder genannt, deren gesetzliche Sicherheitsstandards für den Arzneimittelversand mit den deutschen vergleichbar sind – diese Vergleichbarkeit ist Voraussetzung für die Zulässigkeit des Versandhandels mit Arzneimitteln an den Endverbraucher. Für die Niederlande bestimmt die Bekanntmachung überdies, dass eine dort ansässige Versandapotheke nur dann Arzneimittel nach Deutschland liefern darf, wenn sie zugleich eine Präsenzapotheke unterhält.

Der DAV hatte in dem Verfahren gerügt, dass die niederländischen Sicherheitsstandards für den Arzneimittelversand gerade nicht den deutschen entsprächen und die Bekanntmachung des Ministeriums daher keine Bindungswirkung entfalten könne. Das OLG sieht dies anders: Es könne dahin stehen, ob die Länderliste einer rechtlichen Überprüfung standhalten kann – ausschlaggebend für die wettbewerbsrechtliche Beurteilung sei, dass sich DocMorris auf die Verbindlichkeit der ministeriellen Bekanntmachung verlassen konnte. Zwar möge es einem Unternehmen aus Gründen des Wettbewerbsschutzes zuzumuten sein, sich nicht mit bloßen Meinungsäußerungen von Behörden zu begnügen und die Frage eines Gesetzesverstoßes eigenverantwortlich zu prüfen, so das Gericht. Die Anforderungen an ein gesetzmäßiges Verhalten im Wettbewerb (§ 4 Nr. 11 UWG) würden jedoch überspannt, wollte man von einem Unternehmen verlangen, auch Bekanntmachungen eines Ministeriums auf ihre Richtigkeit zu hinterfragen bzw. deren Gesetzwidrigkeit zu erkennen. Etwas anderes könne nur gelten, wenn die Einschätzung des Ministeriums "offensichtlich fehlerhaft" wäre – dies ist aus Sicht des OLG aber nicht der Fall.

DocMorris: "gerade noch" eine Präsenzapotheke

Den Richtern zufolge wird DocMorris dem in der Länderliste aufgestellten Erfordernis der "gleichzeitigen Unterhaltung" einer Präsenzapotheke "gerade noch gerecht". Zwar handele es sich "nach Lage, (fehlender) Außenwerbung, Größe und Gestaltung der Räumlichkeiten sowie nach dem äußerst begrenzten Angebot an Medikamenten um eine Verkaufsstelle, die auf das Laufpublikum keine nennenswerte Attraktivität ausübt". Auch aus der durchschnittlichen Kundenfrequenz – Zeugen berichten von zwei Kunden am Tag – lasse sich ableiten, dass die holländische Apotheke nicht mit einer deutschen vergleichbar ist. Es könne sogar "kein Zweifel" daran bestehen, dass mit dieser Präsenzapotheke nur formal die Voraussetzungen der Länderliste erfüllt werden sollen. Für das Gericht ist es letztlich jedoch entscheidend, dass die Apotheke regelmäßig offengehalten und vom Publikum jederzeit aufgesucht werden kann, um dort Arzneimittel in begrenzter Auswahl zu erwerben. Dies reiche für die "Unterhaltung einer Präsenzapotheke" im Sinne der Bekanntmachung aus.

Der Bundesgerichtshof ist am Zuge

Das OLG hat seine Urteilsbegründung bemerkenswert knapp gehalten. Andere Gerichte hatten die Frage der Vergleichbarkeit der holländischen und der deutschen Sicherheitsstandards für den Arzneimittelversand weit umfänglicher – und kritischer – abgehandelt. So sah das Kammergericht Berlin diese Vergleichbarkeit nicht gegeben – die Entscheidung fiel allerdings vor Erstellung der Länderliste (siehe u. a. DAZ Nr. 2005, Nr. 3, S. 92). Vor wenigen Monaten hegte zudem das Landgericht Berlin Zweifel an der Bindungswirkung der Länderliste. Es konnte diese Frage aber letztlich offen lassen, da die hier beklagte holländische Internetapotheke "pharmakontor" keine Präsenzapotheke aufweisen konnte und somit zweifelsfrei nicht die Anforderungen an einen zulässigen Versand nach Deutschland erfüllte (siehe DAZ 2007, Nr. 21, S. 68). Es bleibt somit spannend, wie der Bundesgerichtshof den Fall von DocMorris entscheiden wird.

Das hier genannte Urteil können Sie neben anderen apotheken- und arzneimittelrechtlichen Entscheidungen im Wortlaut abrufen bei DAZonline unter www.deutsche-apotheker-zeitung.de
Rubrik: Recht/Urteile, Benutzername: apotheke, Kennwort: daz

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