"Länder-Liste" widerspricht Kammergericht Berlin: BMGS: Niederländer und Brite

(cr). Wie bereits kurz gemeldet (DAZ Nr. 25, Seite 32), hat das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung (BMGS) in einer Bekanntmachung vom 16. Juni 2005 seine schon lange Zeit angekündigte "Länder-Liste" zum Versandhandel mit Arzneimitteln veröffentlicht. In der Liste wird festgestellt, dass "zurzeit in den Niederlanden und im Vereinigten Königreich für den Versandhandel und den elektronischen Handel mit Arzneimitteln dem deutschen Recht vergleichbare Sicherheitsstandards bestehen". Nach Auffassung des Ministeriums ist deshalb Versandapotheken, die dort angesiedelt sind, der grenzüberschreitende Arzneimittelversand nach Deutschland erlaubt.

Mit seiner Bekanntmachung widersprach das BMSG dem Aufsehen erregenden Urteil des Kammergerichts Berlin vom 9. November 2004 (vgl. DAZ 2005, Seite 277 und 350), das zu dem Schluss gekommen war, dass das niederländische Versandhandelsrecht gravierende Lücken und Sicherheitsdefizite aufweist, dem deutschen Sicherheitsstandard nicht entspricht und deshalb ein grenzüberschreitenden Arzneimittelhandel nach Deutschland illegal sei.

Grundlage der "Bekanntmachung zum Versandhandel mit Arzneimitteln" ist § 73 Abs. 1 Satz 3 des Arzneimittelgesetzes. Danach ist das BMSG verpflichtet, regelmäßig eine Übersicht über die EU-Mitgliedstaaten und die anderen Vertragsstaaten des Europäischen Wirtschaftsraums zu veröffentlichen, "in denen für den Arzneimittelversandhandel dem deutschen Recht vergleichbare Standards bestehen". Diese Sicherheitsstandards regelt insbesondere § 11a des Apothekengesetzes.

"Europaweite Erhebung"

Zu seiner vom Kammergericht Berlin abweichenden Einschätzung kommt das BMSG auf der Grundlage einer – wie es in der Bekanntmachung heißt - "europaweiten Erhebung". Sie wurde bislang freilich (noch?) nicht veröffentlicht. Eine Einschränkung enthält die Bekanntmachung für den grenzüberschreitenden Versandhandel aus den Niederlanden. Er soll nur erlaubt sein, soweit die dortige Versandapotheke gleichzeitig auch eine "Präsenzapotheke" unterhält.

Ausdrücklich stellt das Ministerium in seiner Bekanntmachung auch fest, dass Apotheken aus Staaten, in denen vergleichbare apothekenrechtliche Sicherheitsstandards nicht bestehen, Arzneimittel in Deutschland nur dann versenden dürfen, wenn sie im Besitz einer Versandhandelserlaubnis nach § 11a des Apothekengesetzes sind.

In einer ersten Stellungnahme der ABDA an ihre Mitgliedsorganisationen heißt es, dass es angesichts des verfassungsrechtlichen Grundsatzes der Gewaltenteilung zweifelhaft sei, ob der BMGS-Bekanntmachung eine Bindungswirkung für Gerichte zukomme. Man "neige dazu, diese Frage zu verneinen und eine gerichtliche Überprüfung für möglich zu halten". Zu einer ersten gerichtlichen Befassung mit der neuen Bekanntmachung dürfte es Ende August kommen, wenn das Landgericht Frankfurt/Main über die Klage des Deutschen Apothekerverbandes gegen DocMorris zu entscheiden hat.

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