Fortbildungskongress

Herzrhythmusstörungen

Bei der Behandlung von Herzrhythmusstörungen stehen Therapien mit Herzschrittmachern und Defibrillatoren sowie Katheterablationsverfahren im Vordergrund. Die medikamentöse Therapie spielt nur eine untergeordnete Rolle. Prof. Dr. Dietrich Andresen, Berlin, erläuterte die häufigsten Arten der Herzrhythmusstörungen und Möglichkeiten zur Intervention und kurativen Therapie.

Medikamentöse Therapie spielt eine untergeordnete Rolle

Das physiologische Schrittmacherzentrum, der Taktgeber des Herzens, ist der Sinusknoten. Er liegt im rechten Herzvorhof und kann spontan Impulse abgeben. Die Erregung pflanzt sich vom Sinusknoten wellenförmig über beide Vorhöfe fort und erreicht den AV-Knoten (Atrioventrikularknoten, Verbindung zwischen Vorhöfen und Herzkammern). Die Erregung des rechten und linken Ventrikels führt zu einer Kontraktion beider Herzkammern. Dieser Vorgang findet ungefähr 60 bis 80 mal pro Minute statt, bei Anstrengungen oder Aufregung häufiger. Bei Bradykardien liegt die Pulsfrequenz unter 60 Schlägen pro Minute, bei Tachykardien über 100 Schlägen pro Minute. Unter den Begriff Herzrhythmusstörungen fallen alle Störungen des normalen Herzrhythmus. Einzelne ventrikuläre Extrasystolen kommen häufig auch beim Gesunden vor und sind nicht therapiebedürftig.

Bei den bradykarden Störungen unterscheidet man zwischen einem Sinusknotenstillstand und AV-Blockierungen. Einzelne asymptomatische Sinusbradykardien mit erniedrigter Herzfrequenz kommen auch bei Gesunden vor und sind harmlos. Führen jedoch länger andauernde Bradykardien zum Herzstillstand, kann der Patient bewusstlos werden. Daher wird den Betroffenen bei ausgeprägten bradykarden Rhythmusstörungen ein Herzschrittmacher eingesetzt. Die medikamentöse Therapie spielt bei bradykarden Rhythmusstörungen keine Rolle.

Tachykardien werden nach der Stelle des Auftretens in Vorhoftachykardien und Kammertachykardien unterteilt. Des Weiteren werden sie nach ihrem Schweregrad und ihrer Ausprägung klassifiziert. Die gefährlichste Herzrhythmusstörung ist das Kammerflimmern. Dabei schlägt das Herz plötzlich mit einer extrem hohen Frequenz. Durch unkoordinierte Impulse führt das Herz seine Kontraktionen nicht mehr aus, und das Blut wird nicht mehr weiter gepumpt. Der Patient bricht plötzlich zusammen und wird bewusstlos. Ohne die sofortige Einleitung von Notfallmaßnahmen (Defibrillation) verläuft das Kammerflimmern tödlich (plötzlicher Herztod). Man schätzt, dass in Deutschland jährlich bei rund 80.000 Menschen Kammerflimmern auftritt. Bei der ausgeprägten Form hängen die Überlebenschancen von der Zeit bis zur Defibrillation und notärztlichen Versorgung ab: Werden die Rettungsmaßnahmen nach einer Minute ergriffen, beträgt die Überlebenswahrscheinlichkeit 90%; verstreichen hingegen zehn Minuten, sinkt sie auf unter 10%. Schätzungsweise überleben nur 6% der Betroffenen ein ausgeprägtes Kammerflimmern. Diesen Patienten wird anschließend ein Defibrillator implantiert.

Da das Kammerflimmern vor allem bei Patienten mit einer koronaren Herzkrankheit sowie bei Vorliegen einer Herzinsuffizienz auftreten kann, erhalten diese Risikopatienten eine medikamentöse Primärprävention mit lipophilen Betablockern wie Bisoprolol oder Metoprolol. Dadurch kann das Risiko eines plötzlichen Herztodes um 32% gesenkt werden.

Therapie mit Strom

Einige Herzrhythmusstörungen können von kleinen, umschriebenen Gebieten des Herzens ausgehen. Durch eine Entfernung dieser Stellen können die Störungen dauerhaft beseitigt werden. Die Technik zur Verödung der betreffenden Stelle wird als Ablation oder Katheterablation bezeichnet. Dabei wird über einen Katheter Strom in den Herzmuskel geleitet. Durch Hochfrequenzsstrom wird die störende Stelle überwärmt und verödet. Diese Methode kann bei der AV-Knoten-Reentry-Tachykardie oder einer Tachykardie bei Vorliegen einer akzessorischen Bahn mit hoher Erfolgsrate eingesetzt werden.

Beim Vorhofflattern und Vorhofflimmern kommt es zu sehr rasch auf einander folgenden Impulsen an der Vorkammer, so dass die Hauptkammern in der Folge nicht mehr ausreichend mit Blut gefüllt werden können. Bei Vorliegen eines Vorhofflimmerns kann eine medikamentöse Verlangsamung der Kammerüberleitung durch Verapamil, Betablocker oder Digitalis erzielt werden. Am besten wirksam ist Amiodaron, aber auch unter dieser Therapie treten Rezidive und vor allem Nebenwirkungen auf, so dass in spezialisierten Zentren auch hier ablative Methoden wie zum Beispiel die Hybridtherapie und Pulmonalvenenisolation erprobt werden. pj

Vorhof-Tachykardien
  • Vorhofflattern: Herzrhythmusstörungen, bei denen die Vorhöfe 250- bis 350-mal pro Minute schlagen.
  • Vorhofflimmern: Völlig chaotische unregelmäßige elektrische Aktivierung der Herzvorhöfe.
  • AV-Knoten-Reentry-Tachykardie: Aufgrund einer pathologischen Besonderheit kann eine Kreiserregung innerhalb des AV-Knotens entstehen.
  • Tachykardie bei Vorliegen einer akzessorischen Bahn: Die Tachykardien werden durch eine angeborene zusätzliche Leitungsbahn verursacht.
Rettungskette
Reaktion prüfen
Um Hilfe rufen
Atemwege öffnen (Kopf überstrecken, Kinn anheben)
fehlende oder abnormale Atmung
Notruf 112
Thoraxkompression: Beatmung = 30:2 bis Rettungsdienst kommt
Prof. Dr. Dietrich Andresen
Foto: Jungmayr

Das könnte Sie auch interessieren

Was kann man selbst gegen Herzrhythmusstörungen tun?

Aus dem Takt

Vorhofflimmern ist keine harmlose Störung

Das unterschätzte Stolpern

Grundlagen für das Medikationsmanagement

Pharmakotherapie Herzrhythmusstörungen

Erhöhte Mortalität bei gleichbleibender Sterblichkeit

Makrolide und das kardiovaskuläre Risiko

Katheterablation besser als intensivierte medikamentöse Therapie?

Herzrhythmusstörungen im Visier

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.