Arzneimittel und Therapie

Reisekrankheiten

Warnung vor Dengueund West-Nil-Fieber

Die weltweite Zunahme von Dengue- und West-Nil-Fieber führte in letzter Zeit verstärkt zu Warnungen bei Reisen in Gebiete, in denen diese Viren endemisch sind. In Deutschland ist die Zahl der gemeldeten Infektionen bei Rückkehrern aus diesen Regionen noch gering, aber steigend. Befürchtet wird, dass die Viren durch Reisende oder Zugvögel eingeschleppt werden.

Dengue-Fieber wird von Dengue-Viren verursacht, die zu den Flaviviren und dort zu der Gruppe der Arboviren zählen. Von ihnen gibt es vier verschiedene Serotypen. Sie werden in erster Linie durch Stiche der Mücke Aedes aegypti übertragen.

Zu den wichtigsten Endemiegebieten zählen Südostasien, Mittel- und Südamerika. Das Robert Koch-Institut (RKI) verweist in der Ausgabe des Epidemiologischen Bulletins vom März 2007 darauf, dass vermehrt Fälle von Dengue-Fieber nach Reisen in die Südsee, Mittel- und Südamerika in den ersten elf Wochen dieses Jahres gemeldet worden sind. Die Reisenden, die in der Südsee unterwegs waren, wurden vermutlich auf den Fitschi- und den Cook-Inseln infiziert. Auf den Cook-Inseln wird zurzeit ein großer Ausbruch von Dengue-Fieber mit einer Inzidenz von 3300 Fällen pro 100.000 Einwohner beobachtet. Steigende Meldezahlen nach Reisen in mittelamerikanische Länder werden seit 2005 registriert. In den ersten elf Meldewochen sind dem RKI schon fünf Infektionen nach Reisen nach Costa Rica und jeweils drei nach Aufenthalten in Mexiko und der Dominikanischen Republik gemeldet worden. Diese Zahlen sind für die Jahreszeit ungewöhnlich hoch. Auch die in Südamerika östlich der Anden (Paraguay und angrenzende Länder) anhaltende Dengue-Epidemie hat zu Erkrankungen bei deutschen Reisenden geführt. Mit fünf gemeldeten Fällen nach Rückkehr aus Brasilien, Paraguay, Uruguay und darüber hinaus drei weiteren Infektionen, die in Venezuela, Ecuador, und während einer Kreuzfahrt entlang der Westküste Südamerikas erworben wurden, hat sich auch hier die Zahl der Meldungen im Vergleich zum gleichen Zeitraum in den Jahren 2004 bis 2006 mit durchschnittlich drei Meldungen pro Jahr mehr als verdoppelt.

Kein Schutz vor anderen Serotypen

Eine Dengue-Virus-Infektion hat eine Inkubationszeit von zwei bis zehn Tagen. Sie verläuft in den meisten Fällen symptomlos oder wie ein leichter grippaler Infekt. Doch in bis zu 10% der Fälle kommt es zu hohem Fieber mit Kopf-, Glieder-, Knochen- und Muskelschmerzen, begleitet von einem makulären Exanthem. Schwerwiegende Komplikationen sind das Dengue-hämorrhagische Fieber (DHF) oder das Dengue-Schock-Syndrom. Sie treten bevorzugt bei Kindern unter 15 Jahren und bei einer Zweitinfektion mit einem anderen Serotypen auf. Damit laufen reisefreudige Touristen verstärkt Gefahr, bei einer Zweitinfektion mit einem anderen Serotypen an hämorrhagischem Fieber zu erkranken, zumal eine Infektion mit einem Serotypen keinen Schutz vor Erkrankungen mit einem der anderen Serotypen bietet. Da es vier verschiedene Serotypen gibt, kann jeder bis zu viermal an Dengue-Fieber erkranken. Die Letalität des Dengue-hämorrhagischen Fiebers liegt unbehandelt bei 20%, durch intensivmedizinische Behandlung kann sie auf 1% gesenkt werden.

West-Nil-Fieber:Lebenslange Immunität

Das West-Nil-Virus zählt ebenfalls zu den Flaviviren. Hauptreservoir sind Vögel, übertragen wird das Virus durch Stechmücken, vor allem durch Spezies der Gattung Culex. Wie bei dem Dengue-Fieber tritt auch hier nach einer Inkubationszeit von zwei bis 14 Tagen plötzlich Fieber auf, begleitet von weiteren Symptomen wie Augen-, Kopf- und Muskelschmerzen, Übelkeit und Erbrechen. Auch Hautausschläge sind möglich. Gefürchtet sind neurologische Komplikationen, allen voran die West-Nil-Meningitis und die West-Nil-Enzephalitis. Sie entwickeln sich mehrere Tage nach der Infektion und gehen unter anderem mit Bewusstseinstrübungen, Muskelschwäche, Koordinationsstörungen, Schwindel, Doppeltsehen, Parkinsonismus und Sprechstörungen einher. Nach Angaben des Paul-Ehrlich-Instituts geht eine West-Nil-Infektion bei jedem fünften Infizierten mit hohem Fieber und grippeähnlichen Symptomen einher, bei jedem 150. Infizierten soll es zu einem schweren Verlauf in Form einer West-Nil-Meningitis oder -Enzephalitis kommen, die in seltenen Fällen vor allem bei älteren Menschen tödlich enden kann. Eine überstandene West-Nil-Infektion hinterlässt in der Regel eine lebenslange Immunität, allerdings muss nach Auftreten von neurologischen Komplikationen mit bleibenden Schäden gerechnet werden.

Epidemien seit Mitte der 1990er Jahre

Bis zu Beginn der 1990er Jahre wurden West-Nil-Infektionen bei Menschen nur vereinzelt beobachtet. Seit 1996 traten epidemieartige Ausbrüche in Rumänien, Russland, Israel, USA und Kanada auf. In den USA hat sich das Virus seit 1999 ausgehend von einem Infektionsherd in New York rasend schnell ausgebreitet, ein Höhepunkt wurde in den Jahren 2002 und 2003 mit einer großen West-Nil-Virus-Epidemie in Nordamerika erreicht. 2002 wurden über 4000 Infektionen registriert, bei mehr als der Hälfte der Infizierten (68%) trat eine Meningoenzephalitis auf, 284 Menschen starben. Im Jahr 2003 wurden den Centers for Disease Control 9862 Krankheitsfälle gemeldet, davon 264 Todesfälle. Auch 2006 erkrankten wieder mehr als 4000 Menschen in den USA an dem West-Nil-Fieber, 169 starben.

Das West-Nil-Virus kann über 150 Vogelarten und verschiedene Säugetiere wie Pferde, Hunde und Katzen infizieren. Für die Übertragung auf den Menschen spielen durch Sperlingsvögel infizierte Mücken die bedeutendste Rolle.

Einschleppung durch Zugvögel?

Immer wieder wurde und wird auf die Gefahr hingewiesen, dass das Virus über Zugvögel nach Mitteleuropa eingeschleppt werden und auch hier zu epidemieartigen Erkrankungen führen könnte. Gefahr kann zudem von mit dem Virus infizierten Transplantaten und Bluttransfusionen ausgehen. In den USA sollen sich während der Epidemie im Jahre 2002 23 Menschen über infizierte Blutspenden angesteckt haben. Auch eine Übertragung des Virus von Schwangeren auf den Fetus und über die Muttermilch muss in Betracht gezogen werden.

Wie groß ist die Gefahr?

Um das Risiko einer West-Nil-Infektion in Deutschland besser einschätzen zu können, haben Mitarbeiter des Bernhard-Nocht-Instituts, des Paul-Ehrlich- und des Robert Koch-Instituts das Vorkommen des West-Nil-Virus näher untersucht. Das Robert Koch-Institut analysierte Blutproben von mehr als 3000 Vögeln, etwa 200 Pferden und von mehr als 100 Menschen mit neurologischen Symptomen. Das Paul-Ehrlich-Institut nahm Blutproben von über 15.000 Blutspendern mit einem vom Bernhard-Nocht-Institut neu entwickelten Test unter die Lupe. Bei den Vögeln ließen sich zwar in 20% der Fälle Antikörper gegen das West-Nil-Virus nachweisen, in keinem Fall allerdings das Virus selber. In den Blutproben von Pferden und Menschen wurden keine Antikörper gefunden. Das Paul-Ehrlich-Institut fand bei den 15.000 Blutspendern in vier Fällen Antikörper als Hinweis auf eine früher durchgemachte Infektion. Bei einer 2005 durchgeführten Suche nach Neuinfektionen mithilfe eines direkten Virusnachweis bei weiteren 10.000 Blutspendern konnte zumindest für den Sommer 2005 ausgeschlossen werden, dass das Virus in Deutschland zirkuliert. Auch wenn nach diesen Ergebnissen momentan in Deutschland von dem West-Nil-Virus noch keine akute Gefahr ausgeht, muss nach Meinung der Experten auch vor dem Hintergrund des Klimawandels damit gerechnet werden, dass sich das Virus bei uns ausbreiten wird.

Quelle

Stock, I.: Das West-Nil-Virus - ein ungewöhnliches Flavivirus mit zunehmender Bedeutung. Chemother. J. 13 , 166-173 (2004).

West-Nil-Viruserkrankungen durch Klimawandel? Gemeinsame Pressemitteilung des Paul-Ehrlich-, Bernhard-Nocht- und Robert Koch-Instituts, 1/2007.

Dengue-Fieber: Hinweis auf vermehrt importierte Fälle aus der Südsee, Mittel- und Südamerika. Epidemiologisches Bulletin des Robert Koch-Instituts 13 , 113 (2007).

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Hilfreiche Tipps für einen guten Mückenschutz:
  • Körperbedeckende Kleidung tragen: z. B. langärmliges Oberteil, lange Hosen, die Fußknöchel bedeckende Socken!
  • Insektenabweisende Mittel als Creme, Lotion oder Spray auf unbedeckte Hautstellen auftragen: Die Wirkdauer richtet sich nach der Zusammensetzung des Präparates: so sind zum Beispiel Cremes von einer länger andauernden Wirkung als Sprays!
  • Insektenabtötende und -abweisende Mittel in Form von Aerosolen, Verdampfern, Kerzen, Räucherspiralen oder Steckern im Wohn- und insbesondere Schlafbereich verwenden!
  • In der Dämmerung und während der Nacht in mückengeschützten Räumen aufhalten: z. B. Räume mit Klimaanlage oder Fliegengitter vor Fenster und Türen!
  • Den Schlafplatz mit einem Moskitonetz verhängen, falls der Raum nicht moskitofrei sein kann!
  • Für Überland-Touren gilt: Schlaf- und Ruheplatz abseits von stehenden Gewässern, Gräben und Wassertonnen wählen!
  • Während der Regenzeit Reisen in Hochrisikogebiete meiden!
Jede Schutzmaßnahme steigert die Schutzwirkung!
Die Vorbeugung vor Mückenstichen mindert das Malariarisiko um den Faktor 10 bis 20 und dient der Vorbeugung anderer, durch Insekten übertragener Erkrankungen!
Das West-Nil-Virus. Ein ungewöhnliches Flavivirus mit zunehmender Bedeutung.
Med Monatsschr Pharm 2004;27:110-20.

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