Pharmazeutisches Recht

Abwehr von Arzneimittelrisiken

Abwehr von Arzneimittelrisiken Stufe II; Verminderung des Risikos von A/H1N1-Infektionen durch zelluläre Blutprodukte und therapeutische Einzelplasmen

Vom 29. April 2009 (aus BAnz. Nr. 75 vom 20. Mai 2009, S. 1778)

Nach schriftlicher Anhörung des Paul-Ehrlich-Instituts vom 28.04.2009, ergeht an die pharmazeutischen Unternehmer, die zelluläre Blutprodukte und therapeutische Einzelplasmen in den Verkehr bringen, folgender

Bescheid:

1. Bei der Herstellung von zellulären Blutkomponenten und therapeutischen Einzelplasmen, die keinem Verfahren zur Virusinaktivierung unterworfen wurden, darf mit Wirkung vom 01.05.2009 kein Ausgangsmaterial von Spenden verwendet werden, deren Spender bei entsprechender Befragung angeben, sich innerhalb der letzten vier Wochen vor der Blut- oder Plasmaspende in Nord- oder Südamerika aufgehalten zu haben oder Kontakt (häusliche Gemeinschaft/Pflege) zu Personen gehabt zu haben, die in den letzten 14 Tagen aus diesem Gebiet angereist und an einer Symptomatik erkrankt sind, die auf eine Influenza hindeutet.

Die Maßnahme ist sofort vollziehbar.

2. Kosten werden in einem gesonderten Bescheid erhoben.

Begründung:

Die Maßnahme beruht auf § 28 Abs. 3c Satz 1 Nr. 1 AMG. Danach kann das Paul-Ehrlich-Institut, soweit es u. a. zur Risikovorsorge geboten ist, bei den o. g. Arzneimitteln durch Auflage anordnen, dass bei ihrer Herstellung und Kontrolle bestimmte Anforderungen eingehalten und bestimmte Maßnahmen und Verfahren angewendet werden. Die o. g. Auflage ist geboten, um dem Risiko der Übertragung von Schweine-Influenza A/H1-N1-Viren durch die Transfusion der o. g. Arzneimittel vorzubeugen.

Personen, die sich in Gebieten aufgehalten haben, in denen der neue Stamm von A/H1N1 epidemische Erkrankungswellen verursacht, könnten sich kurz vor Ihrer Rückkehr/Ankunft nach/in Deutschland mit dem A/H1N1-Virus infiziert haben, ohne dass bereits klinische Symptome erkennbar wären. Um zu verhindern, dass mit A/H1N1-Viren belastete Blutspenden in die Herstellung von Arzneimitteln, die keinen Schritten zur Virusinaktivierung unterzogen werden, Eingang finden, ist eine Rückstellung der genannten Spender geboten.

Bei der A/H1N1-Influenza handelt es sich um eine akute Virusinfektion der Atemwege von Schweinen, ausgelöst durch ein Grippevirus des Genus A. Diese Erkrankung stellt eine in Europa periodisch wiederkehrende und häufige Erkrankung dar. Die A/H1N1-Influenza wird durch Tröpfcheninfektion über die Schleimhäute des Atemtraktes von Schwein zu Schwein übertragen. Sie ist hoch ansteckend und breitet sich rasch innerhalb eines Tierbestandes aus. Es handelt sich um eine Atemwegsentzündung mit Fieber, mit gesteigerter Schleimsekretion und Tränenfluss.

Der A/H1N1-Virus ist ein häufig umlaufender Subtyp des Influenza-Virus, der besonders leicht in menschliche Körperzellen eindringen und sein Erbgut einschleusen kann. Da sein erster Nachweis 1930 in Schweinen erfolgte, werden durch diesen Subtyp verursachte Infektionen beim Menschen als Schweinegrippe bezeichnet.

Mit Datum vom 24.04.2009 informierte das mexikanische Gesundheitsministerium über insgesamt 68 Todesfälle beim Menschen in Folge von schwerer Lungenentzündung. In 20 Fällen konnte ein neuer Virusstamm des A/H1N1 Virus nachgewiesen werden. Es wurden 3 unterschiedliche Cluster identifiziert. Die US-amerikanische Gesundheitsbehörde "Centers for Disease Control and Prevention" (CDC) berichtet mit Datum vom 27.04.09 über mehr als 40 Krankheitsfälle mit A/H1N1 in verschiedenen Bundesstaaten der USA. Keiner der Patienten hatte Kontakt zu Schweinen. In acht Fällen wurde der gleiche Virusstamm identifiziert. Zusätzlich wurde in den vergangenen Tagen von verschiedenen Quellen über mehrere Verdachtsfälle in südamerikanischen Ländern (Venezuela, Brasilien, Kolumbien) berichtet, so dass von einer Verbreitung auf dem ganzen amerikanischen Kontinent ausgegangen werden muss.

Der Ausbruch insbesondere in Mexiko und den USA wird als ernsthaftes Problem angesehen, weil das neue Virus Gene aus Schweine-, Vogel- und dem beim Menschen auftretenden Grippevirus in einer Zusammensetzung beinhaltet, die weltweit bisher noch nie nachgewiesen werden konnte. Die Weltgesundheitsorganisation WHO gab daher bekannt, dass es sich um ein neues Influenza A/H1N1- Virus handelt, das bisher weder bei Menschen noch beim Schwein nachgewiesen wurde. Es wird angenommen, dass das Virus bereits vor einiger Zeit auf den Menschen übergegangen ist und sich so verändert hat, dass es von Mensch zu Mensch übertragen werden kann.

Die Inkubationszeit der Schweine-Influenza bei den von der CDC beschriebenen Fällen betrug zwischen drei und sieben Tagen. Die Symptome der Influenza-Erkrankung waren in der Regel innerhalb von einigen Tagen rückläufig. Vier Wochen nach der Rückkehr aus den betroffenen Gebieten, kann daher nach derzeitigem Kenntnisstand angenommen werden, dass eine infizierte Person die virämische Phase überstanden hat und eine A/H1N1-Infektion durch eine Blutspende unwahrscheinlich ist.

Auf Grund der hohen Ansteckungsgefahr mit A/H1N1-Viren muss auch sichergestellt werden, dass das Virus nicht über eine Kontaktpersonen weiter gegeben wird. Die Maßnahme wird daher auf Spender ausgeweitet, die Kontakt mit Reisenden aus Amerika hatten, die grippeähnliche Symptome entwickelt haben. Aufgrund der kurzen Inkubationszeit genügt in diesen Fällen ein Sicherheitsabstand von 14 Tagen.

Die Maßnahme ist angemessen und verhältnismäßig. Die angeordnete Spenderrückstellung bewirkt nicht, dass dem deutschen Blutspendewesen eine unverhältnismäßig große Zahl an Blutspenden verloren geht. Auswirkungen auf die Versorgungslage mit Blutkomponenten zur Transfusion sind nicht zu erwarten. Darüber hinaus beinhaltet die Maßnahme derzeit nur eine Belastung für den Monat Mai, da ab Juni die Spenderrückstellung wegen der Gefahr der Übertragung von West-Nil-Virus bereits durchgeführt wird (Bescheid des Paul-Ehrlich-Instituts vom 02.09.2003).

Rechtsbehelfsbelehrung:

Dieser Verwaltungsakt gilt zwei Wochen nach Veröffentlichung im Bundesanzeiger als bekannt gegeben.

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach diesem Zeitpunkt Widerspruch erhoben werden. Der Widerspruch ist beim Paul-Ehrlich-Institut, Bundesamt für Sera und Impfstoffe, Paul-Ehrlich-Straße 51-59, 63225 Langen, schriftlich oder zur Niederschrift zu erheben.

Hinweis:

Die Umsetzung der Anordnung ist dem Paul-Ehrlich-Institut durch Änderungsanzeige gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 Arzneimittelgesetz (AMG) unverzüglich mitzuteilen.

Falls der pharmazeutische Unternehmer eine Spenden-Stammdokumentation eingereicht hat (vgl. Bundesanzeiger Nr. 187 vom 06.10.2001, S. 21361) und diese vom Paul-Ehrlich-Institut bestätigt wurde, kann die Änderungsanzeige für diese Stammdokumentation erfolgen.

Langen, den 29. April 2009

Paul-Ehrlich-Institut – Bundesamt für Sera und Impfstoffe – In Vertretung Prof. Dr. K. Cichutek, Vizepräsident

Zulassung von Arzneimitteln

Im Bundesanzeiger Nr. 78 vom 28. Mai 2009 ist auf Seite 1840 die 101. Bekanntmachung über die Zulassung von Arzneimitteln sowie andere Amtshandlungen (Auszug aus Entscheidungen der Gemeinschaft vom 1. Januar 2009 bis 31. Januar 2009) vom 27. März 2009 abgedruckt.

Der Bundesanzeiger kann bezogen werden von der Bundesanzeiger Verlagsges. mbH, Postfach 10 05 35, 50445 Köln.

HAMBURG

QMS für Apotheken

Die Apothekerkammer Hamburg hat am 18. November 2008 eine neue Satzung für das Qualitätsmanagementsystem in Apotheken beschlossen, die am 22. April 2009 ausgefertigt wurde.

Die Satzung finden Sie im Internet im Downloadbereich der Deutschen Apotheker Zeitung: www.deutsche-apotheker-zeitung.de, rechte Spalte unter "Download"/"Downloads zur DAZ-Rubrik Pharmazeutisches Recht", Benutzername apotheke, Kennwort daz.

THÜRINGEN

QMS in Apotheken

Die Landesapothekerkammer Thüringen hat am 20. Mai 2009 eine neue Satzung für das Qualitätsmanagementsystem in Apotheken beschlossen, die am 1. Juli 2009 in Kraft tritt.

Sie finden die Satzung im Internet im Downloadbereich der Deutschen Apotheker Zeitung: www.deutsche-apotheker-zeitung.de, rechte Spalte unter "Download"/"Downloads zur DAZ-Rubrik Pharmazeutisches Recht", Benutzername apotheke, Kennwort daz.

Applikationsfertige Parenteralia

Die Landesapothekerkammer Thüringen hat ebenfalls am 20. Mai 2009 die Ordnung über den Erwerb des Zertifikats "Herstellung applikationsfertiger Parenteralia" beschlossen, die am 1. Juni 2009 in Kraft tritt.

Sie finden den Text im Internet im Downloadbereich der Deutschen Apotheker Zeitung: www.deutsche-apotheker-zeitung.de, rechte Spalte unter "Download"/"Downloads zur DAZ-Rubrik Pharmazeutisches Recht", Benutzername apotheke, Kennwort daz.

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