Arzneimittel und Therapie

Früherkennung bei Prostatakarzinom

Prostatakarzinom beim älteren Mann Tumoren der Prostata wachsen meist sehr langsam. Bei einer eingeschränkten Lebenserwartung wird daher nicht zum PSA-Screening geraten, da die frühe Erkennung eines Prostatakarzinoms dann nicht zu einem längeren Überleben führt.

PSA-Screening nicht uneingeschränkt empfohlen

Das prostataspezifische Antigen (PSA) gilt als Tumormarker für ein Prostatakarzinom. Ein PSA-Screening wird in Abhängigkeit vom allgemeinen Gesundheitszustand bis zum 75. Lebensjahr empfohlen. Danach kehren sich potenzieller Nutzen und die Belastung durch einen möglichen positiven Befund um. In der Praxis werden diese Empfehlungen einer Studie zufolge nicht eingehalten.

Das Prostatakarzinom ist eine Krebserkrankung des höheren Lebensalters. Ab dem 50. Lebensjahr – bei positiver Familienanamnese ab dem 45. Lebensjahr – wird ein PSA-Screening für Männer empfohlen. Nach oben gilt eine Altersgrenze von etwa 75 Jahren, wobei diese in Abhängigkeit des allgemeinen Gesundheitszustands festgelegt werden kann. Die Lebenserwartung sollte mindestens zehn Jahre betragen.

Grund für die Altersbegrenzung ist, dass ein Prostatakarzinom meist sehr langsam wächst und nicht jeder Mann zwangsläufig an einem Prostatakarzinom verstirbt. Die (frühe) Erkennung eines Prostatakarzinoms führt ab einem gewissen Alter daher nicht zu einem längeren Überleben.

Allerdings trifft der individuelle Patient seine Entscheidungen normalerweise nicht aufgrund epidemiologischer Daten, sondern wird sich eher von seinen persönlichen Ängsten und Wünschen lenken lassen. Für den betreuenden Arzt wiederum ist es schwierig, bei ausdrücklichem Patientenwunsch auf einen PSA-Test zu verzichten.

Nun wurde in einer großen Studie mit knapp 600.000 US-amerikanischen Senioren, 70 Jahre oder älter, die Häufigkeit von PSA-Tests bei Männern über 70 Jahren, teilweise mit eingeschränkter Lebenserwartung, erhoben.

Die Studie ergab insgesamt bei Männern über 70 Jahren eine jährliche PSA-Screening-Rate von 56%. Mit zunehmendem Alter nahm die Häufigkeit der Teilnahme am PSA-Screening zwar ab, jedoch nicht in dem Maße, in dem der Nutzen sinkt.

Der Gesundheitszustand beeinflusste die Bereitschaft zum PSA-Test fast gar nicht. So ließen 34% der Männer über 85 Jahren mit dem besten Gesundheitszustand und 36% der Männer in der Gruppe mit dem schlechtesten Gesundheitszustand den PSA-Wert bestimmen.

Vielmehr beeinflussten andere Faktoren wie der Familienstand und die Region, in der die jeweilige Person lebte, die Entscheidung für oder gegen eine PSA-Bestimmung. Verheiratete, weiße Männer, die im Süden der USA lebten, nahmen am häufigsten an der Vorsorgeuntersuchung teil. Tabelle 1 zeigt die Screening-Häufigkeit in verschiedenen Untergruppen.

Falsch positive Befunde sind belastend

Das Studienergebnis zeigt, dass in der Praxis PSA-Werte bei Patienten bestimmt werden, bei denen es medizinisch nicht indiziert ist. Dies ist einerseits eine finanzielle Belastung für das Gesundheitswesen, andererseits bedeutet auch ein erhöhter PSA-Wert für den Betroffenen eine Belastung. Der Patient wird damit konfrontiert, möglicherweise ein Karzinom zu haben, was psychischen Stress bedeutet. Außerdem folgen weitere Kontrolluntersuchungen, unter anderem auch Gewebeentnahmen.

Wird tatsächlich ein Karzinom diagnostiziert, folgen therapeutische Maßnahmen. Selbst diese sind aber bei einer begrenzten Lebenserwartung umstritten, weil die Risiken – wie Entwicklung von Harninkontinenz oder erektiler Dysfunktion – dem potenziellen Nutzen gegenüberstehen.

Situation in Deutschland

Ob die Zahlen aus der amerikanischen Studie auf deutsche Verhältnisse übertragbar sind, ist zwar nicht gesichert, aber ähnliche Tendenzen sind zu erwarten. Eine gute Patientenaufklärung ist wichtiger Bestandteil für eine optimale, aber sinnvolle Krebsvorsorge. Wertvolle Informationen zur Rolle der PSA-Wertbestimmung in der Prostatakarzinom-Erkennung bietet die Leitlinie der Deutschen Urologen "PSA-Bestimmung in der Prostatakarzinomdiagnostik" unter www.uni-duesseldorf.de/awmf/ll-na/043-036v.htm.

Quelle

Walter, L. C.; et al.: PSA Screening among elderly men with limited life expectancies. J. Am. Med. Assoc.296 , 2336-2342 (2006).

Albertsen, P. C.: PSA Testing: public policy or private penchant? J. Am. Med. Assoc. 296 , 2371-2373 (2006).

Apothekerin Bettina Martini
Früherkennung des Prostatakarzinoms
Bedeutung der PSA-Bestimmung
Das prostataspezifische Antigen (PSA) ist ein Eiweißmolekül, das zur Verflüssigung der Samenflüssigkeit notwendig ist. Es kann aus dem Blut bestimmt werden und dient als Tumormarker. Bei einem PSA-Wert über 4 ng/ml wird weiter untersucht. Nicht alle erhöhten Werte deuten auf einen bösartigen Tumor hin. Mögliche Ursachen für eine Erhöhung sind eine Entzündung der Prostata oder auch äußerliche Einwirkungen kurz vor der Blutabnahme wie Radfahren, Geschlechtsverkehr oder Verstopfung. Die weitere Abklärung eines erhöhten PSA-Werts erfolgt durch Palpation, Ultraschalluntersuchung und Gewebeentnahme. Anhand der Prostatagröße und des getasteten Befundes wird dann über die Anzahl der zu entnehmenden Gewebeproben entschieden, in der Regel wenigstens sechs Biopsien.
Bedeutung der Tastuntersuchung
Die ungefähr kastaniengroße Prostata kann mit dem Finger vom Enddarm her ertastet werden (Palpation). Eine ertastete knotige Veränderung kann auf einen bösartigen Tumor hinweisen. Dann befindet sich der Tumor aber meist nicht mehr im Anfangsstadium. Außerdem entdeckt die Palpation nur einen geringen Prozentsatz der Karzinome und ist untauglich als Maßnahme zur Früherkennung.

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