Arzneimittel und Therapie

Zweifel am Nutzen des PSA-Screenings bleiben

Ob ein PSA-Test Männer davor bewahren kann, an einem Prostatakarzinom zu sterben, ist umstritten. Aufschluss über den Nutzen sollen u. a. zwei zurzeit in Europa und den USA laufende randomisierte Studien geben. Soeben veröffentlichte Zwischenergebnisse der amerikanischen Studie untermauern den Verdacht, dass zwar durch den PSA-Test mehr Prostatakarzinome diagnostiziert werden und die Krebsbehandlungen zunehmen, aber nicht die Überlebenschancen. Zwischenergebnisse der europäischen Studie sehen auf den ersten Blick günstiger aus.
Problem Überdiagnosen Prostatakarzinom-Screening führt dazu, dass auch nichtbehandlungsbedürftige Tumoren therapiert werden. Nach den Ergebnissen der ERSPC-Studie müssen sich 48 Männer einer unnötigen Behandlung beispielsweise mit Hormonen, Strahlen oder Operationen unterziehen, um ein Leben zu retten.

In den USA läuft seit 1993 die PLCO-Screeningstudie, die Aufschluss über Erfolgschancen eines Screenings bei Prostata-, Lungen-, Kolorektal- und Ovarialkarzinom geben soll. In den Arm für das Prostatakarzinom-Screening wurden bis 2001 76.693 Männer im Alter von 55 bis 69 Jahren aufgenommen. Die Hälfte von ihnen wurde der Screening-Gruppe zugeteilt: Sie konnten über sechs Jahre jährlich einmal einen PSA-Test durchführen sowie sich über vier Jahre einmal jährlich einer digital-rektalen Untersuchung unterziehen. Die andere Hälfte sollte an keinen Screeninguntersuchungen teilnehmen. Doch viele Kontrollteilnehmer hielten sich nicht an diese Vorschrift. Trotzdem wurden in der Screeninggruppe mehr Prostatakarzinome diagnostiziert als in der Kontrollgruppe, die Zahl stieg im Vergleich zur Kontrollgruppe um 22%. Das führte jedoch zu keiner Senkung der Sterblichkeit, die Zahl der Todesfälle lag nach sieben Jahren in der Screeninggruppe mit 2,0/ 10.000 Personenjahre um 13% höher als in der Kontrollgruppe (1,7/ 10.000 Personenjahre).

Zwischenergebnisse der European Randomized Study of Screening for Prostata Cancer (ERSPC-Studie) bestätigen ebenfalls einen Anstieg der Diagnosen bei regelmäßiger Durchführung eines PSA-Tests, die Prostatakarzinom-spezifische Sterblichkeit lag nach Screening allerdings um 20% unter der der Kontrollgruppe. In diese Zwischenauswertung sind Daten aus acht europäischen Ländern von 162.243 Männern im Alter von 55 bis 69 Jahren eingeflossen. Die Nachbeobachtungszeit betrug neun Jahre.

 

Quelle
Berg CD et al for the PLCO Project Team: Mortalilty Results from a Randomized Prostate-Cancer Screening Trial. N Engl J Med 2009;360: 1310 – 1319

Schröder FH et al for the ERSPC Investigators: Screening and Prostate-Cancer Mortality in a Randomized European Study. N Engl J Med 2009; 30:1320 – 1328

 

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Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Urologie


Europäische Studie: 20% weniger Prostatakrebstote dank PSA-Screening
Mit über 58.000 Neuerkrankungen in Deutschland ist das Prostatakarzinom der häufigste bösartige Tumor beim Mann. Obwohl überwiegend ältere Männer betroffen sind und die Erkrankung selten rasch zum Tode führt, sterben jedes Jahr in Deutschland über 11.000 Patienten an diesem Tumor. Durch die Bestimmung des prostataspezifischen Antigens (PSA) mittels eines einfachen Bluttestes können Frühformen Jahre vor ihrem klinischen Auftreten festgestellt und in diesen Frühstadien meistens geheilt werden.
In einer sehr großen europäischen randomisierten Studie mit 182.000 Teilnehmern konnte jetzt gezeigt werden, dass durch PSA-gestütztes Screening gesunder Männer im Alter von 55 bis 69 Jahre die Wahrscheinlichkeit, an einem Prostatakarzinom zu versterben, signifikant um 20% gesenkt wird. In Wirklichkeit ist der Unterschied wahrscheinlich sogar höher, da in der Kontrollgruppe wegen der mittlerweile großen Verbreitung des PSA-Tests nicht alle Patienten tatsächlich nicht getestet wurden. Analysiert man die Patienten nur nach ihrem wirklichen Screeningverhalten, so ist der Vorteil für das Screening 28%. Dieses Phänomen ist wahrscheinlich auch ein Grund dafür, dass eine gleichzeitig publizierte deutlich kleinere amerikanische Studie keinen Sterblichkeitsunterschied nachweisen konnte. Hier war aufgrund der Popularität des PSA-Testes in den Vereinigten Staaten der Anteil getesteter Patienten in der Kontrollgruppe wesentlich höher. Der mögliche Erfolg der Früherkennungsmaßnahme war somit überhaupt nicht nachweisbar.
Zur Vermeidung eines prostatakarzinombedingten Todesfalles waren in der europäischen Studie 1410 Männer erforderlich, die sich der PSA-Testung unterzogen. Bei 48 Männern musste das Prostatakarzinom behandelt werden, um einen Todesfall zu verhindern. Diese Zahlen sind durchaus vergleichbar mit denen der etablierten Früherkennungsverfahren beim Brust- oder Darmkrebs. Dennoch ist die hohe Rate an Patienten, die für ein gerettetes Leben behandelt werden müssen, Grund, weitere Forschungsanstrengungen zu unternehmen. Es ist erforderlich, die wirklich gefährlichen Tumoren zu identifizieren. Dazu muss einerseits verstärkt nach biologischen Parametern zur Aggressivität gesucht werden und andererseits muss die Lebenserwartung der betroffenen Patienten möglichst genau abzuschätzen sein.
Männer, die für eine Früherkennungsuntersuchung in Frage kommen, sollten von ihren betreuenden Ärzten über die Ergebnisse der randomisierten Screeningstudien informiert werden. Wichtig ist eine ausgewogene Aufklärung über die Möglichkeiten (Vermeidung von Prostatakarzinom-Todesfällen) und die Probleme (Diagnose von Fällen ohne klinische Bedeutung und mögliche Nebenwirkungen der Therapie) des Prostatakarzinomscreenings. Die weitere Beobachtung der in den Studien untersuchten Männer wird hierzu in den kommenden Jahren wichtige neue Informationen liefern.
Deutsche Gesellschaft für Urologie e. V.
Berufsverband der Deutschen Urologen e.V. 26. März 2009

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