Interpharm Hamburg

Wachstumsstrategien für Apotheken

Wachsen ja, aber wie?

Die vielfältigen staatlichen Eingriffe in den Arzneimittelmarkt und der intensive Wettbewerb stellen Apotheken vor die Herausforderung, durch Wachstum ihren langfristigen Erfolg zu sichern. Die entscheidende strategische Frage ist dabei die Auswahl des geeigneten Wachstumskonzeptes für die jeweilige Apotheke. Wie vielfältig die Erfolgs- aber auch die Fehlermöglichkeiten sind, verdeutlichte Prof. Dr. Burkhard Strobel, Worms.

Vor jeder Entscheidung sollte die Situation der Apotheke analysiert, dann eine angemessene Strategie ausgewählt und diese anschließend konsequent verfolgt werden. Vor jeder Art von Wachstum sollten notwendige Rationalisierungsmaßnahmen abgeschlossen sein. Nur ein Unternehmen mit gesunden betriebswirtschaftlichen Kennzahlen sollte wachsen, denn anderenfalls würde das Wachstum die Probleme eines schlecht geführten Unternehmens vergrößern. Um den Marktanteil an einem Standort abzuschätzen, werde für Apotheken meist ein durchschnittlicher Bedarf von 490 Euro pro Einwohner und Jahr angenommen. Nur wenn der Marktanteil am Standort nicht mehr steigerungsfähig erscheint und die Kapazität der Fläche und der Mitarbeiter ausgeschöpft ist, sollte über eine Filiale nachgedacht werden. Anderenfalls bietet sich eine Intensivierungsstrategie an. Ist der Standort ausgeschöpft, aber nicht die Apotheke, liegt die Diversifizierung näher, im umgekehrten Fall die Erweiterung der Apotheke.

Intensivierungsstrategien zielen darauf, am bestehenden Standort einen höheren Marktanteil zu erzielen. Wenn die Kundenzahl pro Mitarbeiter hoch, aber der Umsatz pro Kunde niedrig ist, sollte die Kundenbindung verstärkt werden. Im umgekehrten Fall sollten eher mehr neue Kunden gewonnen werden. Es sollte stets die Eigenschaft betont werden, die das Alleinstellungsmerkmal der jeweiligen Apotheke darstellt, anstatt etwaige Schwächen zu beheben. Oft seien Alleinstellungsmerkmale den Kunden oft eher bewusst als dem Apothekenleiter. Dies könnten besondere Leistungen, aber auch Bequemlichkeitsaspekte sein, die sich aus dem Standort ergeben. Niedrige Preise könnten dagegen nur ein Alleinstellungsmerkmal bilden, wenn die Apotheke auch die Kostenführerschaft habe, eine echte solche "Discount-Apotheke" mit derartig niedrigen Kosten habe er aber noch nicht gesehen.

Der Apothekenleiter müsse den Mitarbeitern seine Strategie mitteilen. Für die Apotheke sollten realistische Wachstumsziele definiert und auf einzelne Mitarbeiter übertragen werden. Zielvereinbarungen mit den Mitarbeitern würden so zu einem wichtigen Führungsinstrument und seien für den Erfolg notwendig.

Wachsen mit Filialen

Im Gegensatz zur Intensivierung ist eine Filialisierung kein harmonischer Wachstumsschritt. Schon 2005 bestanden 1228 Apothekenfilialen von 1100 Hauptapotheken, sodass etwa jede zehnte Apotheke zu einem Filialverbund gehörte. Doch sollte eine Filiale nicht spontan aufgrund einer Gelegenheit übernommen werden, weil die Filialisierung den größten möglichen Umbruch für die Organisation des Apothekenbetriebs darstellt. Sowohl der Standort als auch der Betrieb der zu übernehmenden Apotheke müssten überzeugen und seien daher unabhängig voneinander zu bewerten. Wird eine gut eingeführte Apotheke als Filiale übernommen, deren Standort sich strukturell vom Standort der Hauptapotheke unterscheidet, sollten beide Apotheken mit eigenständiger Marketingdarstellung betrieben werden. Mit einer Filiale in der Nähe des bisherigen Standortes sollten bewusst andere Kunden angesprochen werden. Bei ähnlich strukturierten Standorten und insbesondere bei neu gegründeten Filialen biete sich dagegen eine möglichst vollständige Kopie der Hauptapotheke an, um Synergien zu realisieren.

Bei der Erfolgsermittlung für Filialen sollten die Gemeinkosten des Gesamtunternehmens nicht vollständig auf die Filialen verteilt werden. Entscheidend sei vielmehr, dass alle Filialen überhaupt einen positiven Beitrag zu den Gemeinkosten leisten. Mit einer übertriebenen Schlüsselung könne dagegen jede Filiale schlecht gerechnet werden.

Wachsen in Richtung anderer Branchen

Eine weitere Wachstumsstrategie bildet die Diversifizierung, die Betätigung in einem neuen Geschäftsfeld, das nach Einschätzung von Strobel möglichst nah beim Kerngeschäft liegen sollte, beispielsweise Gründung von Sanitätshäusern, Reformhäusern oder Parfümerien.

Nach Einschätzung von Strobel gilt letztlich für alle Arten des Wachstums: Je weiter die Strategie von der bisherigen Tätigkeit entfernt ist, umso mehr erfordert sie unternehmerische Kompetenz und umso größer sind die Risiken, die sich aus dem Markt selbst und aus dem Betrieb ergeben können. tmb

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