DAZ aktuell

Reform der Pflegeversicherung

Union will höhere Beiträge für Pflege

MÜNCHEN/BERLIN (ks). Damit die Kosten der Pflege auch künftig geschultert werden können, will die Union die Bürger mit höheren Beiträgen belasten. Bayerns Sozialministerin Christa Stewens (CSU) stellte am 19. März in München ein Konzept vor, das die Einführung einer kapitalgedeckten Zusatzversicherung vorsieht. SPD, Linkspartei und FDP kritisierten die Vorschläge.

"Wir brauchen eine umfassende Reform der Pflegeversicherung, die die Finanzierung auf neue Grundlagen stellt und gleichzeitig inhaltliche Änderungen vornimmt", sagte Stewens. Nur so könne eine nachhaltige und gerechte Finanzierung gewährleistet und damit auch die Zahlung ausreichender Leistungen langfristig sichergestellt werden. Bayern hat daher ein Reformkonzept erstellt, das Stewens zufolge mit den anderen unionsgeführten Ländern abgestimmt ist. Danach soll die soziale Pflegeversicherung als eigenständige fünfte Säule der Sozialversicherung beibehalten und durch ein zweites Standbein, nämlich eine kapitalgedeckte Zusatzversicherung, gestärkt werden. Der allgemeine Pflegebeitrag soll bei 1,7 Prozent festgeschrieben bleiben, darüber hinaus werden alle Pflegeversicherten zum Abschluss der ergänzenden Versicherung verpflichtet. "Im ersten Jahr müssen die Versicherten mit einem monatlichen Beitrag von 6 Euro rechnen, der sich in den folgenden Jahren um jeweils einen Euro erhöht", erklärte Stewens. Damit sollen die seit mehr als zehn Jahren gleichgebliebenen Leistungen der Pflegeversicherung dynamisiert werden. Zugleich forderte die Ministerin eine Überarbeitung der Kriterien, nach denen die Pflegebedürftigkeit festgestellt wird. Bislang sei der Leistungsbezug aus der gesetzlichen Pflegeversicherung von einem konkret festzustellenden zeitlichen Pflegebedarf abhängig. Hier stünden rein körperliche Einschränkungen im Vordergrund. "Demenzkranke verfügen aber über einen erheblichen allgemeinen Hilfe- und Betreuungsbedarf, der bislang bei der Feststellung der Pflegebedürftigkeit keine Berücksichtigung findet". Stewens kündigte zudem an, dem Grundsatz "ambulant vor stationär" künftig besser Rechnung zu tragen und die Anreize für die Pflege in den eigenen vier Wänden zu erhöhen.

Bei der SPD trifft die Idee einer Zusatzversicherung auf Ablehnung. Die SPD-Fraktionsvize Elke Ferner kritisierte, eine solche "kleine Kopfpauschale" sei sozial ungerecht und löse die Probleme der Pflegeversicherung nicht. Die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Carola Reimann, erklärte, das Konzept sei "wesensfremd zur Pflegeversicherung und damit für uns keine Verhandlungsgrundlage". Ebenso wie ihr Partei-Kollege Karl Lauterbach glaubt Reimann, dass der Zusatzbeitrag lediglich privaten Versicherungen ein lukratives zusätzliches Geschäftsfeld eröffnen wird. Statt eine neue Versicherung zu schaffen, setzt die SPD darauf, den einkommensbezogenen Beitrag zur Pflegeversicherung zu erhöhen.

FDP: Halbherziges Konzept

Auch der Opposition missfällt das Konzept aus Bayern. Der gesundheitspolitische Sprecher der Linksfraktion, Frank Spieth, warnte vor einer Verschärfung der sozialen Schieflage. Durch die Festsetzung eines einkommensunabhängigen Pauschalbetrags würden Menschen mit geringem Einkommen "sozial abgehängt", weil sie die Beiträge nicht aufbringen könnten. Nötig sei es, endlich die paritätische Finanzierung herbeizuführen und die Arbeitgeber ebenso heranzuziehen wie die Versicherten, sagt Spieth. Der FDP-Politiker Heinz Lanfermann nannte das Konzept "halbherzig". Aus Rücksicht auf die SPD wolle die Union das Umlageverfahren mit einem prozentualen Beitrag bestehen lassen. Die Finanzierungslasten dürften aber nicht auf die jüngeren Generationen geschoben werden, "die dann nicht sechs, sondern 36 oder 46 Euro im Monat zusätzlich zu einem prozentualen Beitrag vom Gehalt zu schultern haben werden".

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