dm weitet Bestellservice aus

KARLSRUHE (ks). Die Drogeriemarktkette dm will ihren Bestell- und Abholservice für Arzneimittel in Nordrhein-Westfalen auf 80 Filialen ausweiten. Seit vergangenem Dezember testete das Unternehmen die Kooperation mit der holländischen Versandapotheke Europa Apotheek Venlo in acht nordrhein-westfälischen dm-Märkten – mit Erfolg, so die Geschäftsführung.

Drogeriekette drängt in den Arzneimittelmarkt: Medikamentenverkauf in 80 Filialen in NRW

Ab September können Kunden des dm-Marktes in 80 der rund 300 nordrhein-westfälischen Filialen apothekenpflichtige Medikamente bestellen und spätestens 72 Stunden später dort abholen, heißt es in einer Pressemitteilung der Drogeriekette vom 29. August. Die künftigen dm-Märkte mit dem sogenannten "Pharma Punkt" sollen rund um die Ballungsgebiete Düsseldorf, Duisburg, Essen und Oberhausen liegen. Möglich geworden war die Wiederaufnahme des bereits im Sommer 2004 getesteten, dann aber von der Stadt Düsseldorf verbotenen, Bestell- und Abholservices durch ein Urteil des Oberverwaltungsgerichtes Nordrhein-Westfalen (OVG) vom November 2006. Darin wurde ausgeführt, dass das Vertriebskonzept der Firma dm und der Europa Apotheek Venlo weder gegen das Arzneimittelrecht noch gegen das Apothekenrecht verstoße. Auch unterhalte der dm-Markt durch seinen Bestellservice keine verbotene Rezeptsammelstelle (s. DAZ Nr. 45, 2006, S. 22).

Das Konzept ähnelt dem der Bestellung von Fotoabzügen in Drogerien: Nachdem sich der Kunde über einen Touchscreen am Pharma-Punkt über das Angebot der Europa Apotheek informiert hat, füllt er den im dm-Markt ausliegenden Bestellschein der Versandapotheke aus, steckt ihn – bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln gemeinsam mit dem Rezept – in eine Bestelltasche und wirft diese in eine Bestellbox. Unter Vorlage des Abholscheins und seines Personalausweises kann der Kunde das Paket mit den von der Europa Apotheek gelieferten Medikamenten spätestens drei Tage später im dm-Markt abholen. Alternativ geht die Lieferung an eine Wunschadresse. Die Bezahlung erfolgt per Bankeinzug oder Überweisung direkt an die Versandapotheke. Beratung kann der dm-Markt nicht bieten – dafür wirbt er mit Kostenersparnissen: So könnten bei nicht rezeptpflichtigen Produkten bis zu 40 Prozent gespart werden; bei rezeptpflichtigen Medikamenten garantiere die Versandapotheke einen Bonus von mindestens 2,50 Euro und maximal 15 Euro pro Präparat.

Kompletteinstieg "denkbar"

"Wir sehen diesen Service als Ergänzung unserer Gesundheitskompetenz und freuen uns, diesen Service nun wesentlich mehr Kunden vor Ort anbieten zu können", sagt dm-Geschäftsführerin Petra Schäfer. "In den acht dm-Märkten in Düsseldorf, Krefeld, Mönchengladbach und Viersen, die den Service seit Dezember 2006 anbieten, zeigten die Kunden schnell eine positive Resonanz". Dies habe den Ausschlag dafür gegeben, den Bestell- und Abholservice weiter auszubauen. Dass das Unternehmen noch nicht über die Grenzen Nordrhein-Westfalens hinausgeht, liege daran, dass neue Konzepte der dm-Märkte stets "organisch" beginnen und sich dann ausbreiten, erklärte Schäfer gegenüber der AZ: "Wenn die Nachfrage stark bleibt, ist eine bundesweite Ausweitung des Services denkbar".

Die Drogeriekette will mit der neuen Dienstleistung eine stärkere Kundenbindung erreichen – direkte finanzielle Vorteile hat sie von der Kooperation nicht. Dass sich in der Apothekenlandschaft Veränderungen abzeichnen, davon ist Geschäftsführerin Schäfer überzeugt – auch wenn sie beteuert, dass ein Fall des Fremdbesitzverbotes im kommenden Jahr "rein spekulativ" sei. Als Unternehmen müsse man aber auf Veränderungen reagieren. Den direkten Verkauf von Arzneimitteln in dm-Filialen hält Schäfer deswegen ebenfalls für denkbar – wann und wie, ließe sich aber noch nicht sagen. "Wir müssen zunächst wissen was sinnvoll und gewünscht ist", so Schäfer . "Was beim Kunden nicht ankommt, brauchen wir gar nicht erst zu versuchen".

Für alle, die warten wollen

Die Apothekerschaft sieht den neuen Service skeptisch. Der Vorsitzende des Apothekerverbandes Westfalen-Lippe, Müller, glaubt nicht, dass Apothekenkunden in Scharen überlaufen. Die dm-Märkte böten lediglich einen "lahmen Service für alle, die wenigstens drei Tage auf ihr Medikament warten wollen". Die angekündigten Preisvorteile werde es aufgrund der vielen Zuzahlungsbefreiungen gar nicht geben. "Es geht um Rosinenpicken auf Kosten des bewährten, sicheren und zuverlässigen Arzneimittels aus der unabhängigen Apotheke", so Müller. Sein Fazit: "Die von der nordrhein-westfälischen Landesregierung angekündigte Bundesratsinitiative für ein Versandhandelsverbot bei Medikamenten ist dringender denn je."

Auch der Hessische Apothekerverband (HAV) warnte vor einer weiteren Verlagerung der Arzneimittelversorgung in andere Vertriebskanäle. Der Verbandsvorsitzende Homann betonte, es habe "Sinn, dass Apotheker ein hoch qualifiziertes Hochschulstudium absolvieren, um die Patienten zu beraten". Derzeit zeige sich bei den Themen "Blei in Kinderspielzeug" oder "Gammelfleisch", was passiert, wenn keine ausreichende Kontrolle der Vertriebskanäle gegeben ist. "Ich möchte nicht, dass meine Patienten in Zukunft ‚Gammelpillen‘ bekommen", so Homann.

Erlaubnis nur vorläufig

Der HAV betonte, dass über den Bestell- und Abholservice juristisch noch nicht in letzter Instanz entschieden ist. Das OVG hat zwar keine Revision gegen seine Entscheidung zugelassen – gegen diese Nichtzulassung läuft aber derzeit noch eine Beschwerde der Stadt Düsseldorf. Dennoch hatte das OVG die aufschiebende Wirkung seines Beschlusses im einstweiligen Rechtsschutzverfahren abgeändert und dm erlaubt, die Rezeptsammlung vorläufig wieder aufzunehmen. .

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