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Notdienstbereitschaft: Neuregelung von Notdienstplänen darf auch zu Mehrbelastu

Apothekenleiter können nicht davon ausgehen, dass eine für sie günstige Dienstbereitschaftsregelung auf Dauer Bestand hat. Die zuständige Behörde Ų hier die Landesapothekerkammer (LAK) Baden-Württemberg Ų kann eine Neuregelung der Dienstbereitschaft vornehmen, wenn sie für eine gleichmäßigere Belastung der Apotheken in einer Region sorgen will. Dabei kann sie Apotheken auch in ein neues Turnusgebiet einordnen. Nach einem Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen haben die betroffenen Apotheken lediglich Anspruch auf eine fehlerfreie Ermessensentscheidung der LAK: Soweit diese die Arbeitsschutzzielsetzungen des Ladenschlussgesetzes (LadSchlG), die Sicherstellung der Arzneimittelversorgung und die besondere örtliche Situation angemessen berücksichtigt, muss eine Apotheke auch eine für sie weniger günstige Regelung akzeptieren. (Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 25. Oktober 2005, Az. 9 K 284/04 Ų rechtskräftig)

Das Verwaltungsgericht hatte über die Klage zweier Apotheker aus Baden-Württemberg gegen die Neuregelung ihrer Dienstbereitschaft durch die beklagte LAK zu entscheiden. Bislang waren die beiden in Erbach ansässigen Apotheken dem Ulmer Turnus angegliedert. In diesem waren sie alle 40 Tage zum Notdienst verpflichtet. Daneben mussten sie Zusatzdienste leisten: Jeweils eine der beiden Apotheken hatte an drei Tagen die Woche bis 19:30 Uhr sowie an Sonn- und Feiertagen von 11 bis 13 Uhr dienstbereit zu sein, sofern nicht eine Apotheke im Nachbarort notdienstbereit war. Im Sommer 2003 stellte die Beklagte die Notdienstpläne der Region neu auf. Die Bereiche Erbach, Ehingen und Laupheim wurden dabei zusammengefasst. Die Regelung sieht vor, dass in dem Bezirk immer zwei Apotheken gleichzeitig Notdienst haben und so jede der betroffenen Apotheken alle zehn Tage zur Dienstbereitschaft herangezogen wird. Für die Apotheken in Ehingen änderte sich damit an der Häufigkeit der Dienstbereitschaft nichts, die Laupheimer sowie die Landapotheken wurden jedoch entlastet: Sie hatten zuvor einen 5-Tage-Turnus, bzw. mussten grundsätzlich ständig dienstbereit sein.

Interessenabwägung erforderlich

Rechtsgrundlage der Anordnung der Beklagten ist § 4 Abs. 2 LadSchlG i.V.m. § 21 Abs. 2 Nr. 8 Apothekengesetz und § 23 Abs. 1 Apothekenbetriebsordnung. Danach kann die zuständige Verwaltungsbehörde (hier also die LAK) für eine Gemeinde oder benachbarte Gemeinden mit mehreren Apotheken anordnen, dass während der allgemeinen Ladenöffnungszeiten abwechselnd ein Teil der Apotheken geschlossen sein muss. Die Richter führen in ihrem Urteil aus, dass die in § 4 Abs. 2 LadSchlG vorgesehene Anordnung kein ausschließlich ladenschlussrechtliches, sondern im gleichen Maße auch ein apothekenrechtliches Regelungsinstrument sei.

Der Behörde stehe bei der Anordnung der Dienstbereitschaft von Apotheken ein Auswahlermessen zu. Dabei habe sie aber die Belange der Dienstbelastung und der ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung unter Berücksichtigung der örtlichen Situation miteinander abzuwägen. Weder könne die Bevölkerung eine in jeder Hinsicht bequeme Arzneimittelversorgung verlangen, noch habe das Apothekenpersonal Anspruch auf uneingeschränkten Arbeitsschutz. Je mehr Apotheken in einer Region zur Verfügung stünden, desto mehr könne man das Interesse der Bevölkerung an kurzen Wegen berücksichtigen. Können hingegen nur wenige Apotheken in die Notdienstregelung einbezogen werden, müsse die Bevölkerung Abstriche an einer bequemen Arzneimittelversorgung hinnehmen. Die Richter betonten, dass es in dieser Hinsicht keine starren Grenzen gebe.

Durchschnittliche Belastung zumutbar

Nach Auffassung der Verwaltungsrichter hat die Beklagte bei der Erstellung ihrer neuen Notdienstregelung im ländlich strukturierten Notdienstbezirk all diesen Belangen ausreichend Rechnung getragen. Die LAK hatte im Verfahren vorgetragen, die Neuregelung erziele eine gleichmäßige Notdienstbelastung der Apotheken mit einem 10-Tage-Turnus im Bereich Ehingen – Erbach – Laupheim. Das sei für die Bevölkerung übersichtlicher als bisher und entspreche zudem dem landesweit durchschnittlichen Turnus von zehn bis zwölf Tagen. Für die Erbacher Apotheken bedeutet dies zwar, dass sie nun häufiger Notdienst leisten müssen – aber nicht mehr, als es landesweit üblich ist. Zudem entfallen die bisherigen Zusatzdienste. Die Arzneimittelversorgung der Bevölkerung werde nachts, an Feiertagen und an Wochenenden teilweise verbessert. So stehe im Erbacher Einzugsgebiet nun an drei von zehn Tagen eine durchgehend dienstbereite Apotheke zur Verfügung. In sonstigen Fällen könne die Bevölkerung ins nahe Ulm ausweichen.

Andere Lösung drängt sich nicht auf

Das Gericht hielt diese Argumentation im Rahmen des für Ermessensentscheidungen eingeschränkten gerichtlichen Prüfungsprogramms weder für sachfremd noch unausgewogen. Zwar wäre es auch möglich gewesen, die Laupheimer Apotheken an einen anderen Notdienstbereich zu gliedern – diese Lösung dränge sich jedoch nicht zwingend auf. Das bereits am 25. Oktober gefällte Urteil ist am 22. Februar rechtskräftig geworden, nachdem die Kläger den zunächst gestellten Antrag auf Zulassung der Berufung beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg zurück genommen haben.

Eine für einen Apothekenleiter günstige Dienstbereitschaftsregelung muss nicht auf Dauer Bestand haben. Die zuständige Behörde kann eine Neuregelung vornehmen, wenn sie für eine gleichmäßigere Belastung der Apotheken in einer Region sorgen will. Nach einem Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen haben die betroffenen Apotheken dabei lediglich Anspruch auf eine fehlerfreie Ermessensentscheidung.

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